Fragen & Antworten

Waffen für Saudi-Arabien: Das bedeutet die deutsche Wende für Bremen

Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, wird von Faisal bin Farhan Al Saud, Außenminister des Königreichs Saudi-Arabien, verabschiedet.

Waffen für Saudi-Arabien: Das bedeutet die deutsche Wende für Bremen

Bild: dpa | Kay Nietfeld

Jahrelang waren deutsche Waffenlieferungen an Saudi-Arabien weitgehend tabu. Das scheint nun vorbei zu sein. Welche Folgen hat das für Bremer Rüstungskonzerne?

Die Bundesregierung hat die Lieferung von Raketen zur Bewaffnung von Kampfjets genehmigt und damit ihren Kurswechsel bei den Waffenlieferungen in das Königreich untermauert. Das ist nicht weniger als eine Kehrtwende in der deutschen Rüstungspolitik. Saudi-Arabien gilt der Ampel-Regierung inzwischen als "Stabilitätsanker" und bekommt wieder Kriegswaffen direkt aus deutscher Produktion.

Der Lieferstopp endet, es wird nicht mehr über Menschenrechte gesprochen. Gilt Saudi-Arabien jetzt wieder als "normaler" Handelspartner?

Das Königreich gilt vor allem als Sicherheitspartner – an der Stelle hat sich Grundlegendes geändert. In Berlin wird Saudi-Arabien neuerdings mehr als zuvor als Partner im Nahen Osten gesehen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war auf Besuch in Saudi-Arabien und er drückt das so aus: "Das Land befindet sich in einer Modernisierungsphase. Man kann es ablesen, beispielsweise an dem außenpolitischen Engagement des Landes, das eine andere Rolle spielt als noch vor ein paar Jahren." Damit meint Habeck vor allem die von Huthi-Rebellen auf Israel abgefeuerten Raketen, die Saudi-Arabien abschießt und damit zur Sicherheit Israels beiträgt. Und deshalb klingen Bewertungen von Habeck oder auch von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die auch gerade in Saudi-Arabien zu Besuch war, komplett anders als in den vergangenen Jahren.

Und so ist es dann auch zu erklären, dass Habeck sozusagen als Gastgeschenk bei seinem Besuch die deutsche Zustimmung für die Lieferung von 48 Eurofightern mitbringt?

Genau – und zudem hat er auch die Zusage überbracht, Deutschland werde 150 Raketen vom Typ "Iris-T" liefern, sogenannte Luft-Luft-Lenkflugkörper.

Heißt das zwangsläufig, dass der Exportstopp der vergangenen fünf Jahre jetzt komplett vom Tisch ist?

Von einer entsprechenden Grundsatzentscheidung der Bundesregierung ist zumindest noch nichts bekannt. Auch der Bundeswirtschaftsminister wollte sich diese Woche nicht festlegen: "Wir schauen bei allen Entscheidungen, die wir machen, auf zwei Dinge. Erst einmal, ob andere Partner, vor allem die Ukraine, einen notwendigeren Bedarf haben. Zweitens: Ob diese Waffen in einer komplizierter gewordenen Welt – es gibt ja nun mal diese kriegerischen Konflikte – so eingesetzt werden, dass sie zur Deeskalation beziehungsweise zur Stabilität beitragen können."

Dass Saudi-Arabien in der Region auch als Stabilitätsanker gebraucht wird, weiß die Bundesregierung.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck

Nur zur Erinnerung: Diesen Lieferstopp gab es seit 2018 – damals nach dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi – aber der scheint jetzt mindestens aufgeweicht, wenn nicht sogar abgeräumt zu sein – so muss man die neue Lage wohl interpretieren.

Was bedeutet das für die deutsche Rüstungsindustrie und damit auch für die einschlägigen Bremer Unternehmen?

Tatsächlich leidet die deutsche Rüstungsindustrie im Moment nicht wirklich unter Auftragsmangel. In Bremen reden wir beim Thema Saudi-Arabien allerdings sofort von der Lürssen-Werft, die vor einigen Jahren einen Milliarden-Auftrag aus Saudi-Arabien an Land gezogen hatte. Da ging es um 146 Patrouillenboote. Allerdings musste man einen Teil dieser Bestellung wegen des damals verhängten Lieferstopps auf Eis legen. Wie viele Boote noch übrig sind, dazu will das Unternehmen nichts sagen. Aus Gründen der Diskretion, wie es bereits öfter bei entsprechenden Anfragen hieß.

Aber vielleicht ändert sich auch an dieser Stelle – also bei der Bremer Bestellung – etwas, wenn sich der Wind jetzt dreht?

Auch dazu sagt die Werft nichts. Und es will auch keiner bewerten, wie Lürssen eine neue Haltung in Berlin gegenüber Saudi-Arabien sieht oder ob man sich konkrete Folgewirkungen verspricht – zum Beispiel die Freigabe für die noch fehlenden Boote dieses Großauftrags.

Sind noch andere Unternehmen aus Bremen im Saudi-Arabien-Geschäft?

Ja, Atlas Elektronik in Bremen-Sebaldsbrück zum Beispiel. Das Unternehmen baut unter anderem Sonar- und andere High-Tech-Anlagen für U-Boote, entwickelt aber auch Komponenten für Torpedos. Und offenbar sind solche Torpedos auch schon nach Saudi-Arabien gegangen, berichtete "Der Spiegel". Bei Airbus hat Saudi-Arabien Tankflugzeuge für sein Militär gekauft. Da ist die Rüstungssparte beteiligt und die wiederum produziert auch in Bremen.

Insgesamt machen knapp 100 Bremer und Bremerhavener Unternehmen Geschäfte mit Saudi-Arabien. Aber die große Mehrheit kommt nicht aus der Rüstungsbranche.

Mehr zum Thema:

Autor

  • Christian Schwalb
    Christian Schwalb

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 13. Januar 2024, 8:40 Uhr