Wie ehrenamtliche Paten belasteten Bremer Familien helfen

Tijanas Mama ist alleinerziehend und krank. Deshalb verbringt die Zehnjährige regelmäßig Zeit mit ihrer "Ersatzoma". Auch für andere Kinder werden Paten gesucht.

"Ich kann jetzt sogar eine Drehung", ruft Tijana und flitzt mit ihren Inline-Skates über die Straße. Eben noch wippte und schaukelte sie auf dem Spielplatz, jetzt ist die Zehnjährige schon wieder in Bewegung. Mit dabei ist ihre "Ersatzoma" Eva-Maria Block. Tijana braucht viel "Action", sagt Block. "Bewegen, bewegen bewegen – die ganze Zeit. Entweder wir machen eine Fahrradtour oder wir gehen ans Wasser oder auf den Spielplatz – oder Fahrradtour und Spielplatz."

Jede Woche holt die 68-Jährige das Mädchen für einen Nachmittag ab. Die beiden kennen sich seit sechs Jahren. Kennengelernt haben sie sich über das Projekt "mitKids" von der Hamburger Ehlerding-Stiftung. Denn Tijanas Mutter Anja Pohnke ist alleinerziehend und noch dazu krank, sie muss jeden Tag ans Dialyse-Gerät. Großeltern leben nicht in der Region. Sie ist froh über die Unterstützung: "Unsere liebe Eva ist ein Teil der Familie geworden. Wir sind froh, dass wir sie haben."

Ein Mädchen fährt mit Inline-Skates.
Tijana fährt begeistert mit ihren Inline-Skates. Bild: Radio Bremen | Carolin Henkenberens

Auch für Block gehört Tijana jetzt zur Familie. "Für mich ist das wichtig. Es gibt so viele Kinder, die Unterstützung brauchen, gerade in Bremerhaven", sagt sie. "Ich sehe das auch als eine Aufgabe für mich. Ich finde es einfach wichtig, dass man, wenn es einem besser geht, auch was gibt."

Begleitung soll mindestens ein Jahr dauern

22 Patenschaften gibt es derzeit allein in Bremerhaven. In der Regel treffen sich Pate und Patenkind einmal pro Woche für etwa drei Stunden. Manche Patenschaften bestehen schon seit 2013, seit es das Projekt gibt. Die Kinder stammen aus Haushalten mit wenig Geld, mit nur einem Elternteil, vielen Geschwistern oder auch mit Migrationshintergrund, erklärt Cassandra Fee Berndt von der Arbeiterwohlfahrt in Bremerhaven, die den Kontakt zwischen Kindern und Paten in Bremerhaven koordiniert.

"Im Prinzip geht es darum, Spaß mit den Kindern zu haben, mit den Kindern Sachen zu erleben, die die Kinder sonst nicht so machen können, wie mal einen Ausflug in den Zoo zum Beispiel", beschreibt Berndt. Aktuell werden wieder neue Paten gesucht.

Durch diese Zeit und diese gemeinsamen Erlebnisse, die natürlich auch verbinden, werden Glücksmomente geschaffen. Und am Ende ist das total wichtig, damit den Kindern das Leben gelingt.“

Cassandra Fee Berndt, Koordinatorin der Patenschaften bei der AWO Bremerhaven

Andere Unterstützungsangebote enden oft nach einiger Zeit. Doch ein Pate oder eine Patin bleibt – als kontinuierliche, verlässliche Bezugsperson. Denn mindestens ein Jahr soll eine Patenschaft laufen.

Paten auch in Bremen

Die Paten müssen nicht über ein Pädagogik-Studium oder eine erzieherische Ausbildung verfügen. Sie sollten laut Berndt zuverlässig, aufgeschlossen und tolerant sein und pro Woche drei bis vier Stunden Zeit für ihr Patenkind haben. Und zum Schutz der Kinder müssen alle potenziellen Paten ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und werden zu Hause besucht.

Ein Mädchen steht auf einer Wippe. Links und rechts hält jeweils eine Frau ihre Hand.
Cassandra Fee Berndt (links) und Eva-Maria Block stützen Tijana beim Balancieren. Bild: Radio Bremen | Carolin Henkenberens

Als Unterstützung für die Paten bietet "mitKids" eine Einführungsveranstaltung, einen persönlichen Ansprechpartner, Versicherungsschutz, Fortbildungen, Patenstammtische, gemeinsame Veranstaltungen und ein Expertennetzwerk.

Auch in Bremen sucht die Ehlerding-Stiftung derzeit wieder ehrenamtliche Paten. Dort läuft die Koordination über die Freiwilligen-Agentur Bremen. "mitKids" ist aber nicht das einzige Patenprojekt im Land Bremen. Im Projekt "Balu und Du" der Bremer Freiwilligenagentur begleiten 18- bis 30-Jährige ein Jahr lang ein Grundschulkind. Auch die gemeinnützige GmbH "Pflegekinder in Bremen" sucht regelmäßig Paten, die ein Kind für ein paar Stunden oder auch mal an einem Wochenende betreuten. Fluchtraum Bremen sucht hingegen Freiwillige, die Jugendliche und junge Erwachsene mit Fluchterfahrung unterstützen.

Treffen enden mit einem besonderen Ritual

Tijanas Mutter ist Block nicht nur dankbar für die vielen Ausflüge, die ihre Tochter erlebt, sondern auch für die Unterstützung bei den Hausaufgaben. Block habe ihrer Tochter sehr beim Lesenlernen geholfen.

Und auch das Inliner-Fahren hat Tijana mit der Patin gelernt. Das Beste ist aber das gemeinsame Ritual nach den Ausflügen, sagt Tijana: "Wir essen immer Fischstäbchen mit Nudeln. Es gibt immer Spaghettini, die schmecken ganz, ganz lecker."

Autorinnen

Dieses Thema im Programm: Bremen Vier, Bremen Vier läuft, 7. September 2021, 10:15 Uhr