Interview

Günthner: Lehe zeigt, was Stadtteile stabilisieren kann

Martin Günthner (SPD)
Martin Günthner war viele Jahre Wirtschaftssenator Bremens. Nach der Bürgerschaftswahl 2019 trat er zurück. Bild: dpa | Carmen Jaspersen

"Armes Lehe": Diese Formulierung im buten un binnen-Bildungscheck geht dem Ex-Senator und SPD-Abgeordneten Martin Günthner gegen den Strich. Er sagt: In Bremerhaven hat sich was bewegt.

Sie haben sich auf Twitter zum Bildungscheck von buten un binnen geäußert und auf positive Tendenzen in Bremerhaven-Lehe hingewiesen. Was hat sich dort aus Ihrer Sicht in den letzten Jahren denn getan?

Vor über zehn Jahren ist bereits ein Masterplan für die Schulen in Lehe entwickelt worden, weil die besonderen Problemlagen in Teilen Lehes deutlich geworden sind. Dazu gehörten so vielfältige Themen wie kleinere Klassen, eine andere Form der Pädagogik – "Willkommens- und Akzeptanzpädagogik", um die Kinder so zu nehmen, wie sie sind und damit eine Arbeitsbasis zu schaffen. Außerdem mehr sozialpädagogische Unterstützung inklusive Beschulung, Sprachförderung, Ganztag und so weiter.
Das hat zu stabilen sozialen Verhältnissen an den Schulen geführt, die wir vorher nicht hatten, und lässt sich auch an den Erfolgen rund um die Marktschule (Deutscher Schulpreis) oder die Integrierte Stadtteilschule Lehe (die ehemalige Lessingschule), die heute eine Modellschule ist, ablesen. Ohne die vielfältigen Maßnahmen und die engagierten Lehrerinnen und Lehrer sähe Lehe heute weitaus schlechter aus.

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Was könnte den Bewohnern eines Stadtteils wie Lehe außerdem Mut machen?

Das Image, das heute Lehe hat, hatte vor 25 Jahren Leherheide. Auch dort ist es mit engagierter Arbeit und Investitionen in Bildung gelungen, besser zu werden. Beispielsweise hat im vergangenen Jahr die Karl-Marx-Schule den Junge Forscher Preis des Bundesverbandes der Luft- und Raumfahrtindustrie gewonnen. 

Die Ergebnisse des Bildungschecks weisen auf große Probleme in den Stadtteilen und an den Schulen Bremerhavens hin. Was wurde dort versäumt?

Vor zehn Jahren ist noch von der "demographischen Rendite" gesprochen worden. Man ist von weniger Schülern ausgegangen. Dann brauche man auch weniger Lehrer. Diese falsche Personalpolitik, die in der Kultusministerkonferenz heute teilweise noch vertreten wird, hat dazu geführt, dass nicht genug Lehrerinnen und Lehrer auf dem Markt sind.

Was könnte die Politik unternehmen, um für mehr Lehrkräfte in Bremerhaven zu sorgen?

Es gibt nur einen Weg: Die Ausbildungszahlen müssen erhöht, erhöht und nochmal erhöht werden. Es muss weiter in Bildung investiert werden. Dafür wären gemeinsame Indikatoren im Land Bremen sinnvoll. Wo die Probleme am größten sind, muss auch besonders finanziell interveniert werden. Das Beispiel Lehe zeigt, wie das einen in Teilen problematischen Stadtteil stabilisieren kann. 

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen mit Sportblitz, 10. November 2019, 19:30 Uhr

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