Interview

Kündigung bekommen? Was Sie als Arbeitnehmer jetzt tun können

Wie Mitarbeiter aus Osterholz-Scharmbeck einfach gekündigt wurden

Bild: Radio Bremen

Wir erklären, aus welchen Gründen gekündigt werden kann, wie man sich dagegen wehrt und was man unbedingt beachten sollte.

Die Kündigung von 25 Mitarbeitern der Maschinenbaufirma Duallift in Osterholz-Scharmbeck hat für Aufsehen gesorgt. Die US-Mutterfirma schließt den gesamten Standort und verlegt die Produktion nach Belgien. Welche Kündigungsgründe es gibt und was Arbeitnehmer gegen eine Kündigung unternehmen können, erklärt Rechtsberater Ingo Kleinhenz von der Arbeitnehmerkammer Bremen.

In welchen Fällen kann man als Arbeitnehmer gekündigt werden?

Es gibt verschiedene Arten von Kündigungsgründen: Eine Kündigung kann betriebsbedingt, verhaltensbedingt oder personenbedingt sein. "Betriebsbedingt bedeutet, dass sich beim Arbeitgeber betrieblich etwas verändert hat, dass es zum Beispiel einen geänderten Beschäftigungsbedarf gibt, oder dass plötzlich weniger Aufträge kommen oder auch die Änderung der Arbeitsorganisation wie beim Outsourcen einer Abteilung", erklärt Ingo Kleinhenz, Rechtsberater bei der Arbeitnehmerkammer in Bremen. Schließt ein Arbeitgeber einen gesamten Standort und verlegt ihn an einen anderen Ort im Inland, so müsse er eine Weiterbeschäftigung anbieten. Nicht so allerdings, wenn der neue Standort im Ausland liege.

Eine verhaltensbedingte Kündigung kann erfolgen, wenn sich der Arbeitnehmer fehlerhaft verhalten hat. "In der Regel kommt es dann zu einer oder mehreren Abmahnungen. Wenn sich ein gleichartiger Fehler zeitnah wiederholt, kann dies eine Kündigung rechtfertigen", sagt Kleinhenz. Typische Fehler seien zum Beispiel unentschuldigtes Fehlen oder öfter erheblich zu spät zur Arbeit zu erscheinen, oder ständiges fehlerhaftes Arbeiten, das zu Schäden beim Arbeitgeber führt. Liegt ein besonders schwerwiegender Verstoß vor wie eine Straftat zulasten des Arbeitgebers kann dieser sogar fristlos kündigen.

Der Kündigungsgrund "personenbedingt" ist dann gegeben, wenn es solche Veränderungen in der Person des Arbeitnehmers gibt, dass die vertraglich geschuldeten Leistungen nicht mehr erbracht werden können. "Bei Krankheit eines Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber aber immer schauen, ob er nicht einen sogenannten leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen kann." Das heißt: Das Betätigungsfeld, die Arbeitszeiten, die Arbeitsorganisation und Gestaltung des Arbeitsplatzes den Einschränkungen des Arbeitnehmers entsprechend anzupassen. Also zum Beispiel jemanden, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachts arbeiten kann, nur noch in Tag-Schichten einzuplanen, oder den Arbeitsplatz zu verändern zum Beispiel durch orthopädiegerechte Schreibtische und Sitzgelegenheiten.

Was sollte man tun, wenn man eine Kündigung vom Arbeitgeber bekommen hat?

Sich umgehend beraten lassen, sagt Rechtsberater Kleinhenz. Denn ab jetzt läuft die Zeit: Will man eine Kündigungsschutzklage einreichen, dann hat man dazu ab Zugang der Kündigung nur drei Wochen Zeit. Beraten lassen kann man sich zum Beispiel bei der Arbeitnehmerkammer oder bei einem Rechtsanwalt.

"Ein Anwaltszwang gilt für die Kündigungsschutzklage nicht, man kann sich daher auch an die Rechtsantragstelle beim zuständigen Arbeitsgericht wenden, dann schreiben die Rechtspfleger die Klage", erklärt Kleinhenz. Allerdings sollte man sich auch hier sehr zeitnah nach der Kündigung an das Gericht wenden. Das Kündigungsschutzrecht greift, wenn der Arbeitgeber mehr als zehn Beschäftigte hat und das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers im selben Betrieb ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat.

Wie geht es nach der Klageeinreichung weiter?

Die Klage wird dann dem Arbeitgeber zugestellt, der Arbeitnehmer (Kläger) bekommt eine Benachrichtigung. "Etwa vier bis sechs Wochen später gibt es eine Güteverhandlung mit Vertretern des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers und dem hauptamtlichen Richter. Da kann es dann zum Beispiel darum gehen, ob der Arbeitgeber bereit ist, eine Abfindung zu zahlen", sagt der Rechtsberater.

Zu einem zweiten Termin kommt es frühestens drei Monate nach der Güteverhandlung. Dazwischen liegt aber Schriftverkehr: "Der Arbeitgeber muss zum Beispiel rechtfertigen, warum er diese bestimmte Person entlassen hat, der Gekündigte muss erwidern." Bei dem zweiten Termin kommen zu dem hauptamtlichen Richter noch je ein ehrenamtlicher Richter für die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerseite hinzu. "Wenn die Parteien sich wieder nicht einigen können, dann trifft dieses Dreier-Gremium eine Entscheidung", so Kleinhenz. Danach ist das Verfahren in erster Instanz abgeschlossen. Es kann Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt werden.

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Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Kündigung?

Er muss angehört werden, wenn der Arbeitgeber einem Beschäftigten kündigen will, und kann widersprechen. Außerdem kann der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber über einen Sozialplan und einen Interessenausgleich verhandeln. Das Gremium hat oft eine vorteilhaftere Verhandlungsposition als eine Einzelperson, sagt Kleinhenz. Ein Betriebsrat als Arbeitnehmervertretung kann gewählt werden, wenn mindestens fünf volljährige Beschäftigte im Betrieb sind, von denen mindestens drei ein halbes Jahr oder länger im Betrieb arbeiten.

Wer genießt besonderen Kündigungsschutz?

Besonderen Kündigungsschutz genießen beispielsweise Beschäftigte mit einer Schwerbehinderung. "Da muss das Integrationsamt vor einer Kündigung zustimmen", weiß Kleinhenz. Auch schwangere Frauen sind besonders geschützt. Der Arbeitgeber müsste die Zustimmung vom Gewerbeaufsichtsamt einholen, wenn er kündigen wollte. Ebenfalls geschützt sind Arbeitnehmer, die sich in Elternzeit befinden.

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Wie viele Beratungen nehmen die Bremer wegen Kündigungen in Anspruch?

Die Anzahl der Beratungen wegen Kündigungen hat bei der Arbeitnehmerkammer nach 2020 abgenommen. Wie Kaarina Hauer, Leiterin Rechtsberatung bei der Arbeitnehmerkammer in Bremen berichtet, bestätige sich damit in Bremen ein bundesweiter Trend. "Auch die Kammern bei den Arbeitsgerichten merken einen Rückgang an Kündigungsschutzklagen", sagt sie. "Den Höhepunkt von Kündigungen hatten wir 2020. Da gab es mit dem Beginn der Corona-Pandemie eine Welle an Kündigungen seitens der Arbeitgeber vor allem gegenüber Aushilfskräften und solchen Arbeitnehmern, die keinen Kündigungsschutz genossen." Die wirtschaftliche Unsicherheit zu Beginn der Pandemie habe Unternehmen dazu veranlasst.

Aktuell hingegen werden Fachkräfte gesucht, deshalb kündigten Arbeitgeber weniger. Bei der Arbeitnehmerkammer stellen die Rechtsberater auch fest, dass immer mehr Menschen ihre Beratung aufsuchen, um Arbeitsverträge prüfen zu lassen. "Für Fachkräfte ist der Arbeitsmarkt gerade sehr günstig", sagt Hauer.

Autorin

  • Patel Verena
    Verena Patel Redakteurin und Autorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 21. Juni 2023, 19:30 Uhr