Infografik

So lernen Bremer Eltern, wie Familienleben nach einer Trennung klappt

Kleines Mädchen mit gebastelter Papierfamilie in den Händen (Symbolbild)

Dieses Bremer Elterntraining hilft Eltern und Kindern bei Trennungen

Bild: Imago | Panthermedia/ronstik

Trennungen tun weh – und werden schwieriger, wenn Kinder da sind. Mareike aus Bremen macht ein Elterntraining. Das kommt ihr, aber vor allem auch den Kindern zugute.

Mareike, 42 Jahre, aus Bremen-Schwachhausen durchlebt aktuell eine Scheidung. Direkt davon betroffen sind natürlich ihre beiden Kinder. Zum Schutz ihrer Kinder und um den Konflikt mit ihrem Ex-Mann nicht zu befeuern, haben wir den Namen geändert. "Die Trennung kam sehr plötzlich vor zwei Jahren und wir befinden uns immer noch im Prozess", sagt sie.

Wenn die Eltern sich trennen, leiden die Kinder oft und vor allem still. Für die Mehrheit der Betroffenen bedeutet eine Trennung vom Partner einen gravierenden Einschnitt in das persönliche Leben, umso mehr, wenn gemeinsame Kinder involviert sind. Ungesehen stehen die Kinder zwischen den Stühlen – ihnen wird das sichere Zuhause entrissen und alles sortiert sich neu. Die Eltern haben viel mit sich selbst zu tun: Wohnsituation, Finanzen, Konflikte, emotionaler Stress und dann die Frage des Umgangs mit den Kindern. 

Scheidungen im Land Bremen nach Ehejahren und mit Zahl der Kinder

Fahren Sie mit der Maus über die Balken, dann sehen sie wie viele Kinder insgesamt von den Scheidungen im Jahr 2021 betroffen waren.

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Mittlerweile wird in Deutschland im Schnitt jede dritte Ehe geschieden. Das zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes Destatis. Im Jahr 2021 waren es in Deutschland rund 142.800 geschiedene Ehen. Etwas mehr als die Hälfte der 2021 geschiedenen Ehepaare hatte minderjährige Kinder.

Im letzten Jahr waren es in Bremen und Bremerhaven allein 1.137 Ehen, die geschieden wurden mit insgesamt 908 betroffenen Kindern. So gibt es das Statistische Landesamt Bremen an.

Elterntraining in Bremen zum Wohl der Familie

Mareike erzählt über ihre Trennung, dass man als Elternteil viel mit sich selbst beschäftigt ist. Dabei vergesse man unabsichtlich die Bedürfnisse der Kinder. Ihr Mann habe deshalb das Jugendamt eingeschaltet, um sich dort beraten zu lassen. Doch das war wenig hilfreich, wie Mareike weiter erzählt. "Ich empfand die Beratung da nicht als kompetent und auch nicht auf die Bedürfnisse der Kinder bedacht. Also brachen wir ab."

Ich merkte wie die Kinder versuchten Position zu beziehen und mir gegenüber loyal sein wollten mit so Aussagen wie: 'Wir möchten nicht zu Papa' zum Beispiel. Obwohl sie es vielleicht doch ganz gerne würden.

Mareike, Mutter von zwei Kindern, in Trennung lebend

Von einer Bekannten aus Niedersachsen habe sie dann erfahren, dass es unabhängig vom Jugendamt ein Elterntraining gibt, welches Eltern helfen soll, die Bedürfnisse der Kinder in den Vordergrund zu stellen: "Kinder im Blick. "Als ich davon hörte, habe ich sofort gehandelt und mich dort angemeldet", sagt sie. "Ich merkte wie die Kinder versuchten Position zu beziehen und mir gegenüber loyal sein wollten mit so Aussagen wie: 'Wir möchten nicht zu Papa' zum Beispiel. Obwohl sie es vielleicht doch ganz gerne würden. Meine Kinder sind auch total unterschiedlich darin ihre Bedürfnisse zu äußern, was es noch schwieriger macht, dem gerecht zu werden."

Mareike war bereits zur ersten Einheit beim Elterntraining. "Man bekommt einen anderen Blick und das ist toll! Nach dem ersten Mal hab ich dann schon so gedacht – krass! Als alle ihre Geschichten erzählt haben. Aber ich lerne dort auch, mit verschiedenen Situation umzugehen. Ich bekomme Tipps und habe den Austausch mit anderen Eltern. Das erste Mal dort war wirklich sehr emotional."

Senatorin in Bremen fördert das Elterntraining

Die evangelische Familien- und Lebensberatung in Bremen bieten seit zehn Jahren das Eltern-Training "Kinder im Blick" an – ein Angebot für Eltern in Trennung oder Scheidung, um das Familienleben nach der Trennung für alle positiv zu gestalten – vor allem zum Wohl der Kinder. Ebba Kirchner-Asbrock ist Diplom-Psychologin und Leiterin des Trainings von Beginn an. "Unsere Beratungsstelle hatte natürlich durch den Kontakt mit Eltern immer wieder auch mit dem Thema Trennung zu tun und mit den Folgen – vor allem für die Kinder – und so ist die Idee entstanden, ein Kursangebot auch in Bremen zu entwickeln." 

Neu in diesem Jahr ist, dass dieser Kurs aus Mitteln "Stark im Sozialraum" der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport gefördert wird und somit kostenfrei ist. Insgesamt besteht er aus sieben Modulen, in denen die Eltern sich mit Beziehungen zum Kind, Emotions-Coaching und auch dem Thema Patchworkfamilien beschäftigen. Die Eltern bekommen eine umfangreiche Arbeitsmappe mit Fragebögen und Arbeitsblättern zu der zentralen Frage 'Was braucht mein Kind jetzt?'.

Jeder Abend hat ein einzelnes Thema und es ziehen sich immer diese drei Ebenen durch: der Umgang von mir – mit mir selber, dazu gehört, wie kann ich dafür sorgen meine Batterien aufzuladen oder meine Stressbelastung einzuschätzen. Dann geht es immer um die Ebene: Mein Kind. Was braucht mein Kind, woran kann ich es feststellen und zuletzt dann das Wir, der Umgang der getrennten Eltern.

Ebba Kirchner-Asbrock, Diplom-Psychologin

Kommunikation spielt eine zentrale Rolle in dem Programm. Wie kommuniziert man mit den verschiedenen Perspektiven, oder auch wie erschafft man sich Inseln im Stressmeer. Die Eltern lernen also nicht nur die Bedürfnisse ihrer Kinder zu sehen, sondern auch sich selbst gegenüber achtsam zu werden.

"Lieber glücklich getrennt, als unglücklich zusammen?" Diese These hält sich in Bezug auf Beziehungen mit gemeinsamen Kindern besonders hartnäckig. Aber ist eine Trennung immer der bessere Weg? "Eltern, die einen Trennungsgedanken haben, würde ich erstmal wünschen, dass sie die Beratungsangebote nutzen, um zu schauen: 'Bekommen wir das vielleicht hin, wie verhärtet sind die Fronten, bevor sie sich trennen – vor allem mit Blick auf die Kinder'", sagt Kirchner-Asbrock. Manchmal ist es einfach die fehlende Zeit zu zweit, der stressige Alltag mit Kind und andere Faktoren, die das Fass zum Überlaufen bringen, sodass eine Beratung helfen kann, das Ganze zu entzerren, bevor der große Knall kommt. "Auch dafür gibt es Beratungsangebote. Oft läuft es dann aber doch auf eine Trennung hinaus und dann ist es gut, wenn man das Prozedere bereits beratend begleitet hat", sagt sie.

Nachfrage nach Kursen ist sehr hoch

Das Elterntraining ist in November bereits gestartet.  "Die Kurse sind bereits belegt, da die Nachfrage momentan sehr hoch ist. Wir hoffen aber, dass wir zukünftig die Möglichkeiten haben, diesen Kurs öfter anzubieten, als zweimal im Jahr." 

Für Mareike geht es jetzt erstmal weiter mit dem Elterntraining. "Ich wünsche mir für mich, dass ich Tipps kriege, wie ich mit Situationen besser umgehen kann und wie ich einen besseren Zugang zu meinen Kindern bekomme. Die Große redet nämlich gar nicht viel – und die Kleine teilt sich dafür umso mehr mit. Für mich ist wichtig, dass meine Kinder wissen – ihr dürft traurig sein."

Wie eine Bremerin versucht, mit 2 Kindern durch die Krise zu kommen

Bild: Radio Bremen

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Autor/Autorin

  • Autor/in
    Nadine Eisele

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 24. November 2022, 11:38 Uhr