Interview

Polar-Mediziner erklärt: Darum ist bei Kälte eine Mütze so wichtig

Ein Mann guckt in die Kamera.
Bild: Alfred-Wegener-Institut | Stefan Christmann

Der Winter hat Bremen und Bremerhaven im Griff. Polar-Mediziner Tim Heitland erklärt, wie man mit der Kälte umgeht – und wie besser nicht.

Die Prognosen des Deutschen Wetterdienstes sind eindeutig: Am Dienstag leichter Dauerfrost in Bremen und Niedersachsen, an der Nordsee Glätte und Schneeschauer, die auch nachts anhalten. Dann sinken die Temperaturen auf minus sieben bis minus zehn Grad. Viel wärmer wird es so schnell nicht.

Das ist zwar kalt – aber noch kein Vergleich zu den Temperaturen, die Tim Heitland in der Antarktis erlebt hat. Er ist der medizinische Koordinator am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven, hat als Arzt in der Antarktis überwintert und 20 Monate dort verbracht. Er ist ein echter Kälte-Experte und weiß, was bei frostigen Temperaturen hilft.

Wie schützt man sich bei diesen Temperaturen am besten vor der Kälte?

Mutti oder Vati haben gar nicht so unrecht, wenn sie sagen: "Zieh' dir eine Mütze auf, Kind". Man verliert tatsächlich relativ viel Wärme über den Kopf. Vor allem, wenn der Rest vom Körper gut eingepackt ist, weil die Wärme sich dann einen Ausgang sucht. Eine Mütze hilft also schon viel.

Das berühmte Zwiebelschalenprinzip ist auch nicht verkehrt. Das heißt: viele Schichten anziehen, damit man auch locker mal was ausziehen kann. Man soll ja auch nicht überhitzen oder schwitzen, das ist ganz wichtig. Und dann ist auch noch wichtig, warme Füße und Hände zu behalten. Denn man friert an den Extremitäten besonders schnell.

Kann auch Glühwein beim Aufwärmen helfen?

Glühwein hilft kurz. Wenn man von einer Lawine verschüttet ist, kommt ja gerne der Bernhardiner mit einem Fässchen Schnaps um den Hals vorbei. Das hat er deswegen, weil Alkohol die Gefäße aufmacht. Dann fühlt man sich für einen Moment warm. Danach kühlt man allerdings umso schneller aus. Das ist also Fluch und Segen zugleich. Man muss gucken, dass man trotzdem warm bleibt. Besser ist etwas anderes. Tee wäre zum Beispiel vernünftiger.

Was waren Ihre Aufgaben als "Base-Commander" der Forschungsstation Neumayer III in der Antarktis?

Als ich diese E-Mail-Signatur hatte, habe ich mir auch gedacht: "Besser wird’s nicht mehr." Man guckt während der Zeit der Überwinterung, dass es einfach läuft. Man hat ein Team von neun Personen um sich herum, ist für die Sicherheit innen und außen verantwortlich. Man kümmert sich um die Ausrüstung. Und man schaut, dass alle zu dem kommen, wofür sie hinfahren, nämlich ihre Arbeit zu machen.

Wie schnell kühlen Menschen in der Antarktis aus?

Das kann extrem schnell gehen. Wenn man nicht weiß, was man tut, ist das ein Ort, an dem man sich sehr gut in Gefahr bringen kann. Wir haben deswegen auch GPS-Geräte dabei. Wir haben zu den wichtigen Punkten Handleinen hin gespannt. Die Leute gehen nicht alleine, jeder weiß immer wo die anderen sind. Das gehört alles dazu. Und man ist extrem gut angezogen.

Fühlen sich winterliche Temperaturen in Bremen und Bremerhaven nach der Rückkehr weniger kalt an?

Am Anfang ja, tatsächlich. Aber man gewöhnt sich ja auch wieder daran, dass es nicht ganz so kalt ist. Und ich gehe hier selten mit meinem roten Wärmeanzug zum Einkaufen. Das kommt nicht so gut.

Das Interview führte Stunnah für Bremen Next, aufgeschrieben von Joschka Schmitt.

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Bild: Radio Bremen

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Autor

  • Stunnah
    Stunnah Moderation

Dieses Thema im Programm: Bremen Next, Next am Morgen, 13. Dezember 2022, 9:10 Uhr