Darum bleiben junge Filmemacher in Bremen

Junges Filmteam bei Dreharbeiten (Symbolbild)

Mehr als 100 Filme beim 8. Bremer Filmfest

Bild: Imago | Panthermedia/Kzenon

Das Filmfest zeigt: Bremen eignet sich als Filmstadt. Für eine aktive Szene braucht es allerdings Nachwuchs. Zwei Filmschaffende erzählen, was sie hier hält.

Im Kinosaal des City46 ist fast jeder Platz besetzt. Erschüttert und bewegt sehen die Zuschauer einen 30-minütigen Dokumentarfilm über die Flucht einer 19-jährigen Afghanin. "Midnight Escape Fateme" heißt die Doku, die im Rahmen des Filmfests Bremen bei den "Local Docs" gezeigt wird – eine Auswahl an Kurzfilmen von Bremer Filmemachern.

Neben der Protagonistin Fateme ist auch Jacqueline Peters da, die gemeinsam mit Anastasia Misbach den Film gedreht hat.

Die erste Dokumentation ist herausfordernd

Bei ihrem Auslandsaufenthalt in Thessaloniki habe Peters in einem Community Center Geflüchteten deutsch beigebracht und dort angefangen, die Situation aufzunehmen. "Die Protagonistin wollte die Geschichte selbst erzählen und ich habe ihr die Szenen mehrmals gezeigt, um nichts über den Kopf hinweg zu entscheiden. Das ist eigentlich nicht die typische Herangehensweise bei Dokumentarfilmen", erzählt die 28-jährige. Sie stammt aus dem Raum Bremen, hat allerdings zwischenzeitlich in Lüneburg studiert. Durch ihr Studium hatte sie bereits Hintergrundwissen zu Filmwissenschaft, die Praxis sah dann doch anders aus.

Eine junge Frau lächelt in die Kamera
Jacqueline Peters arbeitet nun erstmal als Projektassistenz für einen fiktiven Kurzfilm. Bild: Jaqueline Peters

Über das Filmbüro Bremen wurde ihr die professionelle Dramaturgin Beatrix Schwehm vermittelt. Diese habe sie beraten.

Die Beratung war etwas ganz anderes als die reine theoretische Filmwissenschaft, die ich aus der Uni im Kopf hatte.

Jacqueline Peters, Bremer Filmemacherin

Danach ist sie erneut nach Griechenland gefahren und hat noch weitere Szenen aufgenommen – nun mit einem Konzept im Kopf.

Das Filmbüro Bremen e.V. hilft dem Nachwuchs der Filmszene

Das Filmbüro Bremen e.V. ist eine Schnittstelle für die junge Filmszene in Bremen. Der gemeinnützige Verein hilft gerade dem Nachwuchs im Auftrag des Senators für Kultur bei der Realisierung ihrer Filmideen: Filmschaffende werden nicht nur inhaltlich beraten, sondern auch finanziell gefördert und bei der Suche nach weiteren Fördermitteln unterstützt.

Auch Linus Wirth, ein 24-jähriger Bremer Filmemacher, der mit dem "Strassentauben Kollektiv" zuletzt einen Kurzfilm mithilfe der Förderung des Filmbüros und Nordmedias gedreht hat, ist überzeugt, dass diese Anlaufstelle für Bremens Nachwuchs enorm wichtig ist. "Unseren ersten Film haben wir noch komplett alleine finanziert, beim Filmfest Bremen eingeschickt und tatsächlich in der Kategorie Musik gewonnen", sagt Wirth.

Erst danach sei das Filmbüro auf die Gruppe zugekommen und habe Hilfe für die Zukunft angeboten. "Diese Hilfen kannte ich vorher gar nicht, und jetzt bin ich einfach nur dankbar, dass es sowas in Bremen gibt." Ihr nächstes Projekt sei ein langer Spielfilm, da werde es mit der Förderung nochmal schwieriger, aber er sei relativ zuversichtlich: "Das Filmbüro im Rücken zu wissen, ist beruhigend."

Filmcew bei einem Dreh
Linus Wirth (links) ist "früh und peinlich über jetzt gelöschte Youtubevideos" zum Filmemachen gekommen. Bild: Strassentauben Kollektiv

Aus Bremen weg muss (noch?) nicht sein

Als "proof of concept" hat das Kollektiv für den Spielfilm nun zunächst einen Kurzfilm gedreht, der in derselben Science-Fiction-Welt spielt, die auch für die lange Version geplant ist – mithilfe des Filmbüros.

Man merkt, dass das alles ein erster Schritt in Richtung Professionalisierung ist. Als wir gesehen haben, dass der Leuchter mit einem Lkw voller Licht vorfährt, wussten wir, jetzt wird’s ernst.

Linus Wirth, Bremer Filmemacher

Solange es so weiterläuft, sehen weder Wirth noch Peters einen Grund, aus Bremen wegzugehen. "Viele gehen nach Berlin wegen der vielen Möglichkeiten", sagt Jacqueline Peters, "aber durch meinen Bezug zu Bremen versuche ich es erstmal hier. Mir hat auch noch nie jemand gesagt, du musst schnell aus Bremen raus – im Gegenteil. Wir haben viele Projekte, aber es fehlt immer wieder an Leuten."

Sie selbst wollte nun, frisch aus dem Studium kommend, ein Jahr die Selbstständigkeit ausprobieren und dann eventuell einen festen Job suchen.

Neben Finanzierung braucht es Netzwerke und Leidenschaft

Auch Linus Wirth plant seine Zukunft erstmal weiter in Bremen: "Ich habe hier ein Netzwerk und das ist unfassbar viel wert. In einer anderen Stadt müsste man von null anfangen. Ich liebe es, Filme zu machen, aber ohne die Leute könnte ich es mir gar nicht vorstellen."

Wie bedeutsam Gemeinschaft beim Filmemachen ist, zeigt sich auch im City46. Hand in Hand stehen die Filmemacherinnen mit ihrer Protagonistin vor der Leinwand und beantworten Fragen zu der eben gezeigten Doku. Das Publikum soll anschließend den Film bewerten und über den Sieger abstimmen. Ob Peters‘ Film ausgezeichnet wird, zeigt die Preisverleihung. So oder so ist ihre Leidenschaft für alle im Saal spürbar – und die ist wahrscheinlich am wichtigsten, wenn es darum geht, einen Film zu machen.

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Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Nachrichten, 12. April 2023, 6 Uhr