Interview

Neuer Chef, neuer Kurs? Cannabis-Legalisierung für Polizei kein Tabu

Jochen Kopelke, der auf dem Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zum neuen Bundesvorsitzenden der GdP gewählt wurde, steht neben dem Logo.
Der neue GdP-Chef aus Bremen, Jochen Kopelke, will beim Thema Cannabis-Legalisierung unterstützend begleiten beratend mitwirken. Bild: dpa | Wolfgang Kumm

Der Bremer Jochen Kopelke ist neuer Bundes-Chef der Polizeigewerkschaft GdP. Bislang war die GdP gegen eine Cannabis-Legalisierung. Der Bremer dagegen zeigt sich offen.

Noch im letzten Jahr warnte der damalige Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Oliver Malchow vor der Freigabe von Cannabis. Erst seit wenigen Wochen ist nun der Bremer Jochen Kopelke neuer Chef der GdP. Und Kopelke reagierte am Donnerstag auf das vom Bundeskabinett beschlossene Eckpunkte-Papier zu einer möglichen Cannabis-Legalisierung. Nicht streiten, sondern miteinander reden – und das auch mit der Polizei, fordert der 38-Jährige in seinem Tweet.

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Im Gespräch mit buten un binnen erklärt der Bremer, ob es einen Kurswechsel bei der GdP gibt, wie er das Eckpunktepapier des Gesundheitsministeriums bewertet und wie er sich die Zusammenarbeit zwischen Politik und Polizei bei diesem polarisierenden Thema vorstellt.

Herr Kopelke, ein neuer Posten und gleich ein großes Thema – wie geht es Ihnen damit?

Sehr gut. Das ist genau das, wonach ich gesucht habe. Diesen Spirit, sich zu beteiligen, sich einzubringen, ist genau das, was ich wollte. Und das ist bei der GdP und diesem Thema nun möglich.

Was hat Sie bewogen, sich dazu öffentlich bei Twitter zu äußern?

Grundsätzlich muss man sehen: Die Cannabis-Legalisierung, der Umgang mit berauschenden Mitteln, ist ja ein absolutes Polizeialltags-Thema. Die GdP hat sich in der Vergangenheit schon immer dazu geäußert. Ich äußere mich jetzt, weil ich neuer Bundesvorsitzender bin und ich äußere mich jetzt, weil die GDP eine Position gefunden hat durch den neuen Vorstand, aber auch durch den Kongress. Diese lautet, dass wir nun konstruktiv mitwirken wollen.

Der ehemalige Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Jochen Kopelke blickt in die Kamera.
Jochen Kopelke ist der neue Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Bild: dpa | Ingo Wagner

Bislang war die Haltung der GdP ganz klar gegen die Legalisierung.

Das rührt insbesondere aus den vielen Erfahrungen des Dienstalltags her. Das war eine Position, die wir sehr lange hatten, die wir immer wieder in den Gremien bestätigt bekommen haben und an der wir festgehalten haben. Aber ähnlich wie der Bundesgesundheitsminister jetzt auch feststellt: Das Thema ist nach wie vor wichtig, aber der Kurs der Vergangenheit führt nicht dazu, dass das Thema in irgendeiner Art und Weise bewegt wird. Es ist, glaube ich, richtig gewesen, dass man sich in unserem Gremium – dem Bundeskongress mit über 300 Stimmberechtigten und einem Antrag dahinter – einfach nochmal hinsetzt und sich fragt: Was ist eigentlich der Kurs und was sind die Inhalte, die wir beisteuern wollen? Das ist der neue Weg und der ist auch angebrachter in der heutigen Zeit.

Finden Sie eine Cannabis-Legalisierung richtig?

Die Frage der Legalisierung ist berechtigt, weil es ein gesellschaftliches Thema ist. Es ist berechtigt, weil es im Koalitionsvertrag steht und von gewählten Parlamentariern bearbeitet werden will und soll. Und dann ist es nur richtig, dass sich eine Gewerkschaft der Polizei mit der Spezifika der Polizei einbringt und konstruktiv mitwirkt.

In Ihrem Tweet sprechen Sie von Expertisen der Polizei und beratender Tätigkeit – was meinen Sie?

Das Eckpunktepapier kann ja nur zu einem Gesetzentwurf oder einem Vorhaben der Bundesregierung führen. Der Referentenentwurf geht klassisch den parlamentarischen Weg in die Ausschussberatung und und und. Es gibt einfach Etappen in diesem Gesetzgebungsverfahren, an denen sich die GdP rechtlich beratend sowieso einbringen kann. Aber ich denke da noch mehr an Expertenrunden, an Stellungnahmeverfahren für den Innenausschuss oder den Gesundheitsausschuss. Wir bringen natürlich die Sichtweise auf das Thema Cannabis und den Umgang und die Gefahren mit. Also: Was bedeutet Fahren unter berauschenden Mitteln für den Straßenverkehr? Wir bringen auch die Expertise ein beim Thema: Führt es wirklich zu einer Ersparnis bei Polizei und Justiz? Es darf nicht der Irrglaube entstehen, dass man, wenn man die Legalisierung umsetzt, Geld spart – das ist nicht so.

Viele Einzelvorschriften, wie sie im kürzlich veröffentlichten Eckpunktepapier geplant, sind führen sicher auch nicht unbedingt zu einer Entlastung der Ermittlungsbehörden.

Da gebe ich Ihnen Recht. Es ist ja ganz klar, dass die Gesetze, die bestehenden, die verändert werden, den Arbeitsalltag der Polizei sofort mit Rechtsgültigkeit verändern. Das bedeutet, wir haben natürlich ein Interesse daran, vorher über die Dinge zu sprechen anstatt vor vollendeten Tatsachen zu stehen und dann überlegen zu müssen, wie die Polizei in Zukunft arbeiten soll. Das führt zu einem Problem in der Polizeiarbeit. Das bedeutet, dass wir auch die Gesetze wie das Betäubungsmittelgesetz, Fahrerlaubnisgesetz oder arbeitsrechtliche Gesetze im Vorfeld angucken wollen. Das hat die GdP auch getan und Positionen entwickelt, die wir den Bundesministerien und Abgeordneten nahe bringen wollen. Damit nicht Grauzonen oder Probleme wachsen, die offenkundig vorher schon sichtbar waren.

Wie soll zum Beispiel kontrolliert werden, wie viele Pflanzen man tatsächlich zu Hause hat? Drei sollen ja erlaubt sein – etwa durch Hausdurchsuchungen?

Ich glaube, niemand muss Sorge haben, dass Polizistinnen und Polizisten einfach so in die Wohnung gehen. Die jetzige Situation ist ja auch so, dass das Gericht oder ein Richter mit eingebunden werden muss bei Hausdurchsuchungen. Altbewährt unter Richtervorbehalt kann das stattfinden, aber die Bürgerinnen und Bürger müssen keine Angst haben, dass plötzlich jeder ins Haus kommen kann. Aber genau darum geht es, so etwas zu klären und damit auch die Befürchtungen von Bürgern zu mindern. Möglicherweise ist die Polizei dann auch gar nicht mehr zuständig, Parallelen erkennen wir ja zum Beispiel bei Schwarzmarktkontrollen oder Baustellenkontrollen – das ist alles nicht Aufgabe der Polizei. Und da lassen sich bestimmt auch konkrete Ideen an die Bundesministerien vermitteln und zu fragen, ob es sich überhaupt um eine polizeiliche Aufgabe handelt. Und wenn ja, unter welchen Rahmenbedingungen.

Was muss denn aus Sicht der GdP unbedingt geändert werden am Eckpunktepapier?

Uns wundert zum Beispiel, dass es gar keine Aussage im Kontext der Straßenverkehrsordnung gibt, an keiner Stelle gibt es ein Bekenntnis zur Ablehnung von Fahren unter Einfluss von Betäubungsmitteln und den einhergehenden Gefahren, die dabei entstehen. Auch Fragen zu Grenzwerten und ihrer Rauschwirkung werden zu wenig detailliert behandelt. Gut im Papier ist, das kann man jetzt schon sagen, die verpflichtenden Warnhinweise, dass man im Sinne der Prävention schaut, was es alles Begleitendes geben muss und die systematische Evaluierung. Man ist also auf dem richtigen Weg. Aber das ist ein Riesenthema. Der Bundesgesundheitsminister spricht von einem Königsweg und es wird richtig schwer, da alle mitzunehmen und handlungssicher aufzustellen.

Was die Cannabis-Legalisierung für Bremen bedeuten könnte

Bild: Radio Bremen

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Autorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 28. Oktober 2022, 19:30 Uhr