Interview

Korallensterben: Warum der Klimawandel für Korallen so gefährlich ist

Eine Korallenbleiche im Meerboden

Korallensterben als Folge des Klimawandels

Bild: dpa | J.W.Alker | J.W. Alker

Korallenriffe sterben weltweit ab – eine Folge des Klimawandels. Christian Wild, Professor für Marineökologie der Universität Bremen, erklärt den Zusammenhang.

Korallenbleichen treten mittlerweile regelmäßig auf, aber nicht in dieser Heftigkeit. Welches Ausmaß hat das mittlerweile weltweit, Herr Wild?

Wir erleben zurzeit einen negativen Dreiklang. Zum einen die Ozeanerwärmung. Die wird noch verstärkt durch das Klimaphänomen El Ninio, das gerade beginnt. Zusätzlich gab es letztes Jahr noch den Ausbruch eines Unterwasservulkans, der das Meer weiter aufwärmt. Das führt im Moment besonders im Atlantik zu noch nie dagewesenen Extremtemperaturen. In der Karibik und im Golf von Mexiko ist die Situation für die Korallenriffe besonders extrem. Die Korallenbleiche, die normalerweise im August beginnt, hat dort bereits im Juni begonnen. Während der Bleiche sind die Korallen nicht tot, sondern nur stark geschwächt, wachsen nicht mehr und können sich nicht gegen andere Organismen wehren. Je länger die Bleiche dauert, umso wahrscheinlicher sterben die Korallen ab.

Prof. Christian Wild
Prof. Christian Wild leitet den Bereich "Marine Ökologie" an der Uni Bremen. Bild: Universität Bremen | Harald Rehlin

Grundsätzlich sind Korallen in der Lage sich von diesen Bleichen zu erholen. Ist das hier auch der Fall?

Korallenbleichen gibt es schon seit sehr langer Zeit. Es ist die Antwort der Korallen auf Umweltstress, insbesondere bei warmen Temperaturen. Bleichen passieren aber mittlerweile zu häufig. Es gibt Gebiete, in denen sie fast jedes Jahr auftauchen. Das hatten wir so in der Vergangenheit noch nicht. Korallen haben keine Zeit mehr, sich von der einen Bleiche bis zur nächsten zu erholen.

Welche Auswirkungen hat eine zu kurze Regenerationszeit für die Korallen?

Bei der Bleiche werden Algen abgestoßen. Es kommt nach einer Bleiche verzögert zur Aufnahme neuer Algen. Diese Algen sind wie "Kraftwerke". Sie liefern über die Photosynthese viel Energie und Nährstoffe an die Korallen. Allerdings können die Nährstoffe erst dann wieder aufgenommen werden, wenn die Wassertemperaturen auf ein gesundes Maß sinken. Ungefähr 28 Grad Celsius. Steigen die Ozeantemperaturen erneut zu schnell, bleibt zu wenig Zeit für die Nährstoffaufnahme und Erholung.

Welche Bedeutung haben Korallenriffe für das globale Ökosystem?

Korallenriffe sind wahrscheinlich die wertvollsten Ökosysteme auf unserem Planeten. Sie haben wichtige Funktionen für den Küstenschutz, die Nahrungsversorgung von vielen Menschen und sind Einnahmequellen. Sie haben vermutlich die höchste Biodiversität, Vielfalt von Lebewesen von allen Ökosystemen auf unserem Planeten. Sie nutzen der Wirtschaft und bei der Entwicklung neuer Medikamente.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 7. September 2023, 17:38