Interview

"Ort der Wärme": Bremer Winterkirche öffnet die Türen

Bremische Evangelische Kirche startet Hilfsangebote für Bedürftige

Bild: Radio Bremen

Die Türen der Liebfrauenkirche in der Innenstadt stehen weit offen. Das Angebot der Winterkirche beginnt und schenkt Bedürftigen einen Ort der Wärme.

Gerade in den kalten Monaten wissen viele Menschen nicht wohin. Sie brauchen ein warmen Ort, eine warme Mahlzeit und das Gefühl der Geborgenheit. Gerade darum startet wieder das Projekt der Winterkirche der Gemeinde von Unser Lieben Frauen.
Wir haben mit Pastor Stephan Kreutz darüber gesprochen. Seit zwölf Jahren wird die Winterkirche angeboten, entstanden als Interpretation der Nächstenliebe.

Was genau ist die Winterkirche?

Die Winterkirche ist ein Angebot der Gemeinde von Unser Lieben Frauen mitten in der Bremer Innenstadt, denn die Kirche steht direkt neben den Bremer Stadtmusikanten. Die Winterkirche ist ein "Ort der Wärme" und bietet einen Platz zum Aufwärmen, Ausruhen, für Gespräche und kostenloses Essen an.

In der Kirche ist es zwar wärmer als draußen, aber die menschliche Wärme der Gemeinschaft ist wichtiger.

Stephan Kreutz, Pastor

Für wen ist das Angebot der Winterkirche?

Für alle Menschen, die mit wenig auskommen müssen. Für die es am Ende des Monats knapp wird. Ihnen wollen wir einen Ort bieten zur Unterstützung. Aber auch Touristen kommen vorbei und sind eingeladen teilzunehmen. Gerade weil sich unsere Kirche mitten im Herzen Bremens befindet, kommen viele verschiedenen Menschen vorbei, sehen die offene Kirchtür und sind eingeladen an unserem Programm teilzunehmen. Vor der Tür steht auch ein Aufsteller, der beschreibt, wer wir sind und was wir hier machen.

Pastor Stephan Kreutz
Das Zuhören ist für Pastor Kreutz wichtiger als das Erzählen. Bild: Stephan Kreutz

Wie funktioniert die Teilnahme, muss man sich anmelden?

Nein, eine Anmeldung gibt es nicht. Alle sind willkommen. Die Kirchtür steht weit offen. Viele Gäste sind Besucherinnen und Besucher Bremens, die unseren Aufsteller vor der Tür gesehen und gelesen haben. Dann bleiben sie auf einen Kaffee und schauen sich unsere Arbeit an. Schnell kommt man hier ins Gespräch und tauscht sich aus.

Nehme mich doch mal bildlich mit. Wie sieht so ein Tag in der Winterkirche aus? Wo kommt ihr in der Unser Lieben Frauen Kirche zusammen?

Unsere Treffen finden im Altarraum statt, dem schönsten Raum der Kirche. Nämlich direkt unter den bunten Kirchenfenster, die über den Tag hinweg von der Sinne angestrahlt werden. Hier haben wir Tische und Stühle für insgesamt 100 Personen aufgebaut. Man kann schon sagen, dass die Kirche zum Gasthaus wird.

Jeden Montag gibt es hier ab 10 Uhr Kaffee und Frühstück. Danach ist mittags eine Andacht mit anschließendem warmen Mittagessen. Das Highlight ist für uns das Konzert, welches nach dem Mittagessen stattfindet. Ein Konzert von den Musikschülerinnen und Schüler der Hochschule für Künste Bremen. Die jungen Leute veranstalten die Konzerte ehrenamtlich und es ist jedes Jahr schön mit anzuschauen, wie auch die Jungen in Austausch kommen mit den Gästen der Winterkirche. Es ist einfach ein Programm der Begegnung.

Woher kam die Idee oder warum genau bietet ihr dieses Projekt Winterkirche an? Um den Menschen Gott näher zu bringen, um zu helfen oder um eine Gemeinschaft zu erzeugen?

Vor zwölf Jahren kam die Idee von einer Gruppe in unserer Gemeinde auf. Es ist unsere Aufgabe der Nächstenliebe, welche mit das Fundament des christlichen Glaubens ist. Jede Gemeinde überlegt, was sie anbieten könnte und bei uns kam diese Idee auf. Wir haben einen guten Standort, mitten in Bremen und sind somit für viele Menschen erreichbar. Und wir wollen mit unserer Arbeit nicht missionieren, sondern es geht uns um das Erzählen und Zuhören. Wir geben gerne Impulse und klar, wenn es um existenzielle Fragen geht, kommen wir automatisch auf Gott zu sprechen. Ich bin immer wieder erstaunt darüber, was ich für fromme Antworten oder Geschichten höre, beziehungsweise ich bin immer wieder erstaunt über die Frömmigkeit unserer Gäste.

Das Hören ist oft wichtiger statt das eigene Erzählen.

Stephan Kreutz, Pastor

Wie wird das Projekt der Winterkirche finanziert?

Durch die Arbeit der Gemeinde von Unser Lieben Frauen. Sie leisten Diakoniearbeit und verfügen über Geld, welches hier eingesetzt wird. Und natürlich über Spenden, gerade auch größere private Spenden.

Und als letzte Frage: Nach zwölf Jahren Winterkirche, ist da eine besondere Erinnerung im Kopf geblieben?

In dieser Zeit wurden viele Geschichten erzählt, intime Erinnerungen geteilt und viele Konzerte veranstaltet, aber das was mir immer im Kopf bleibt, sind die Emotionen die verspürt werden – bei den Organisatoren und bei den Gästen. Alle sind berührt, an diesem besonderen Ort direkt unter den Kirchenfenstern, da rollen die ein oder anderen Tränen. Es ist ein Ort der Wärme, der Gemeinschaft, aber natürlich ist es auch für jeden Menschen und für jede geteilte Erzählung ein geschützter Raum.

Autorin

  • Nelly Grots
    Nelly Grots Studentische Redakteurin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 29. November 2022, 19:30 Uhr