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Heuschnupfen: Warum die Pollensaison immer länger wird

Eine junge Frau niest in der grünen Natur in ein Taschentuch.

Heuschnupfen: Warum die Pollensaison immer länger wird

Bild: dpa | pressefoto_korb/Micha Korb

Worauf sich Allergiker übers Jahr einstellen müssen, und wie man Heuschnupfen und Infekt unterscheidet, erklären ein Pollenanalyst und ein Bremer HNO-Arzt.

Müssen sich Allergiker jetzt rund ums Jahr auf Beschwerden einstellen?

Die Pollensaison hat sich merklich ausgeweitet, auch wenn nicht in jedem Jahr jede Pflanzenart eine gleichbleibende Pollenkonzentration produziert. Matthias Werchan von der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) sagt: "Je nach Jahr kann es ab Mitte Dezember mit der Hasel losgehen und mit der invasiven und spät blühenden Art Ambrosia bis in den Oktober hinein andauern." Das heißt, der November bleibt Allergikern praktisch als einziger Monat übrig, um zu verschnaufen.

Der Beginn des Pollenflugs der verschiedenen Pollenarten kann von Jahr zu Jahr um mehrere Wochen schwanken.

Matthias Werchan, Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID)

Pollenanalysten bezeichnen aber nicht jede Art von Pollenflug bereits als Pollensaison. "Wenn die ersten Pollen fliegen, spricht man noch nicht unbedingt vom Beginn der Pollensaison, man könnte es aber als Beginn des Pollenflugs bezeichnen. Die Pollensaison fängt erst dann an, wenn bei der Konzentration der Pollen zumindest ein mittleres Niveau über mehrere Tage erreicht ist", erklärt Werchan.

Pollenkonzentration im Jahresverlauf

Balkendiagramm des Polenflugkalender Hasel Erle P appel Esche W eide Ulme Bir k e Buche Amp f er Roggen G r äser W egerich Beifuß Amb r osia De z ember Januar F ebruar März A pril Mai Juni Juli A ugust September Ok t ober N o v ember schwacher P ollenflug möglich mäßiger P ollenflug möglich star k er P ollenflug möglich
Bild: Radio Bremen Quelle: WetterOnlineDaten: 2013 bis 2022 (Flachland)

Wie hat sich die Pollensaison im Vergleich zu früheren Jahrzehnten verändert?

Matthias Werchan vom PID zieht einen Vergleich zu den 1980er-Jahren. Bis in dieses Jahrzehnt reichen die Daten zur Pollenkonzentration zurück. "Im Mittel haben wir heute im Vergleich zu den 80er-Jahren einen um zwei Wochen früheren Start der Gesamtpollensaison. Das ist ein Mittelwert. Das heißt, in einzelnen Jahren kann es mehr oder auch weniger sein."

Ein wichtiger Grund für die verlängerte Pollensaison ist der Klimawandel. Denn mildere Temperaturen begünstigen auch den Pollenflug. "Temperaturen über fünf bis zehn Grad Celsius sind entscheidend für die Blühbereitschaft von Hasel und Erle", erklärt der Landschaftsökologe.

Dieser Februar 2024 zum Beispiel war der mildeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Da fackeln diese temperaturempfindlichen Baumarten nicht lange.

Matthias Werchan, PID

Andere Baumarten reagierten auf eine bestimmte Summe milder Temperaturen, die erreicht werden müssen, und zusätzlich auf die Tageslänge oder bestimmte Bodentemperaturen, da seien ein paar milde Tage im Winter nicht genug. Auch die nichtheimische Art Ambrosia macht Allergikern stark zu schaffen. Dass sich immer mehr Pflanzen aus anderen Breitengraden hier wohlfühlen und ausbreiten können, hat auch mit steigenden Temperaturen zu tun.

Zurzeit sind viele Menschen verschnupft – wie unterscheiden sich die Symptome von Heuschnupfen und Erkältung?

Heuschnupfen (Pollinosis) ist eine Allergie gegen den Blütenstaub von Pflanzen (Pollen). Eine Erkältung oder ein grippaler Infekt wird durch Viren verursacht. Beide haben als gemeinsame Symptome eine verstopfte Nase und Schleimbildung, erklärt Reiner Holle, HNO-Arzt aus Bremen. Holle ist stellvertretender Landesvorsitzender des Berufsverbands der HNO-Ärzte. "Gerade in der Allergiesaison ist es manchmal schwierig, beide hundertprozentig zu unterscheiden, weil sie sich zeitlich überschneiden können."

Symptome, die auf einen Heuschnupfen hindeuten, sind insbesondere ein starker Niesreiz, eine juckende Nase und juckende sowie möglicherweise tränende Augen. Typisch für eine Erkältung hingegen ist ein allgemeines Unwohlsein, Frösteln, möglicherweise erhöhte Temperatur, sagt Holle. Wer stark allergisch reagiert, kann aber auch Unwohlsein empfinden.

Die Symptome von Allergie und Erkältung im Überblick

Heuschnupfen Erkaeltung Symptome Verstopfte Nase Schleim- bildung erhöhte Te m peratur Frösteln Unwohlsein Jucken in der Nase Tränende Augen Juckende Augen Starker Niesreiz HEUSCHNUPFEN ERKÄLTUNG

Kann man auch im Alter noch Heuschnupfen bekommen?

Ja. Das hat mit der Entwicklung des Immunsystems zu tun, erläutert der HNO-Arzt. "Beim klassischen Heuschnupfen sehen wir die ersten Symptome frühestens ab dem vierten oder fünften Lebensjahr, häufig zeigt er sich in der späteren Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter."

Pollen lösen sich von einer Erlen-Blüte.
Der Horror für viele Allergiker: Pollen. Bild: dpa | Patrick Pleul

Doch wer bis dahin ohne Pollenallergie ausgekommen ist, ist nicht zwangsläufig für den Rest seines Lebens davor gefeit. Ärztinnen und Ärzte beobachten auch bei älteren Menschen zunehmend auftretenden Heuschnupfen. "Heuschnupfen ist eine Überreaktivität des Immunsystems", erklärt HNO-Arzt Reiner Holle. Insofern spricht er erst einmal für ein gut arbeitendes Immunsystem. Holle geht davon aus, dass das Phänomen auch deshalb vermehrt im Alter auftritt, weil Menschen heute älter werden, länger gesünder und aktiver im Alter sind, als noch vor einigen Jahrzehnten. "Das verändert einiges im Krankheitsspektrum."

Daten der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) legen nahe, dass die Folgen des Klimawandels eine wichtige Rolle dafür spielen, dass mehr Menschen an einer Pollenallergie leiden – auch ältere. Die Pollensaison habe sich dadurch deutlich verlängert, heißt es in einer Pressemitteilung. Warme und trockene Sommer führten zudem dazu, dass Bäume stark blühen und die Pollenbelastung entsprechend hoch sei.

Welche Probleme kann Heuschnupfen noch mit sich bringen?

"Durch eine Allergie gibt es manchmal eine erhöhte Anfälligkeit für andere Krankheiten", weiß Holle. Häufig sei eine fehlende Belüftung der Nasennebenhöhlen, die auch zu Entzündungen führen könne. In seltenen Fällen könne nur eine Operation Abhilfe schaffen. Bei den meisten Allergikerinnen kommt es aber gar nicht so weit und sie kommen gut mit einer Akutbehandlung mithilfe von Nasen- oder Bronchialsprays oder auch Tabletten aus, berichtet Holle. Zusätzlich können Augentropfen helfen.

Autorin

  • Patel Verena
    Verena Patel Redakteurin und Autorin

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 27. März 2024, 10:10 Uhr