Nach Havarie: Gefährdet der Offshore-Ausbau die Sicherheit auf See?

Nach Frachter-Kollision in der Nordsee: Suche nach Ursache geht weiter

Bild: dpa | Stefan Sauer

Die "Verity" ist auf einer der meistbefahrenen Seewege der Welt gesunken. Und Kritik gab es schon vorher: Die Fahrbahnen für die vielen Schiffe werden immer enger.

Die Deutsche Bucht zählt laut dem Bundesamt für Naturschutz zu den meistbefahrenen Seewegen der Welt. Pro Jahr werden hier laut der Wasserstraßen- und Schiffahrtsverwaltung ungefähr 120.000 Schiffe registriert. Die eigentliche Unglücksursache ist zwar noch nicht bekannt, aber diese Entwicklung könnte einen Hinweis darauf geben, wieso es zu der Havarie der "Verity" kommen konnte.

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) hatte kurz vor der Havarie noch ein Papier herausgeschickt, in der sie vor stärker werdenden Unsicherheiten im Schiffsverkehr warnt. Als hätte sie die Havarie vorhergesehen, wird darin zum Beispiel ein SDN-Sprecher mit den Worten zitiert: "Die nächste Havarie kann immer schon morgen sein." Was der SDN dabei besonders Sorgen macht: Die Nordsee werde immer stärker industrialisiert.

Die Gefahr von Zusammenstößen steigt

Der Ausbau der Offshore-Windkraft habe einen großen Einfluss auf die Seewege, sagt Peter Andryszak vom Verein Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste: "Damit wird aus unserer Sicht der Verkehrsraum für die Schifffahrt extrem eingegrenzt. Und damit erhöht sich die Kollisionsgefahr." Die Gefahr steige, dass es zu immer häufigeren Havarien komme. Bisher habe man dabei sogar noch relativ Glück gehabt, sagt Andryszak.

Auch die Wasserstraßen- und Schiffahrtsverwaltung spricht davon, dass es auf der See zunehmend enger für Schiffe wird: "Die starke Nutzung des deutschen Nordseeteils erfordert ein hohes Maß an Verkehrssicherungsmaßnahmen. Insbesondere durch die wachsende Anzahl von Offshore-Windparks wird die Beobachtung und Regelung des Schiffsverkehrs durch die WSV intensiviert", heißt es auf der Website der WSV.

Lösung: Notschlepper in den Windparks stationieren?

Die SDN fordert, dass zur Unfallprävention auf See auch die Ausbauziele im Zusammenhang mit Offshore-Windkraft und fossiler Energie in der Nordsee überdacht werden sollten. "So lange die Schiffe technisch in Ordnung sind sobald die Mannschaften gut funktionieren, ist es kein Problem, dass die Schiffahrtsstraßen enger werden", sagt Peter Andryszak.

Aber Schiffe hätten laut Andryszak häufiger technische Probleme, "die sind normalerweise auf offener See relativ harmlos. Aber wenn dann Hindernisse, wie Windparks auf offener See stehen, steigert sich die große Gefahr, dass die Schiffe dann da rein treiben, stark beschädigen und damit eine extreme Umweltverschmutzung auslösen."

Ob die Havarie-Gefahr nun eine konkrete Auswirkung auf den Offshore-Ausbau hat, kann wohl bezweifelt werden, bei den Ausbauzielen für die Erneuerbaren Energien. Aber auch mit mehr Windparks könne die Politik mehr für den Havarieschutz tun, erklärt Andryszak: Zum Beispiel genügend Notschlepper ortsnah in den Windparks stationieren. Diese könnten dann schnell eingreifen, falls mal ein Frachter Richtung Windpark treiben sollte.

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Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 25. Oktober 2023, 19:30 Uhr