Was macht eigentlich die Bremer Handwerkskammer?

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Friseure, Tischler, Bäcker – sie alle sind Mitglied in der Handwerkskammer, die jetzt ihr 175-jähriges Bestehen feiert. Was ihre Aufgaben sind und was die Kammer für die Betriebe tut.

Die Bremer Handwerkskammer ist nach eigenen Angaben die älteste in Deutschland, sie vertritt rund 5.400 Betriebe im Land Bremen mit etwa 31.000 Beschäftigten, die Mitgliedschaft ist verpflichtend. "Wir kümmern uns um die Themen, die die Handwerksbetriebe und ihre Beschäftigten bewegen", sagt der Geschäftsführer der Handwerkskammer Andreas Meyer.

Was ist die klassische Aufgabe der Handwerkskammer?

"Der Handwerkskammer wurden eine Reihe hoheitlicher Aufgaben vom Staat übertragen", erklärt Meyer. So führt sie zum Beispiel ein Verzeichnis aller Handwerks- und Ausbildungsbetriebe und erfasst alle Ausbildungsverhältnisse. Außerdem prüft die Kammer bei Betriebsgründungen, ob die entsprechenden Qualifikationsnachweise des Betriebsinhabers vorliegen. So müssen beispielsweise Tischler einen Meistertitel haben, um ein Gewerbe anmelden zu können. "Das klingt jetzt zunächst erst einmal einfach, doch der Teufel steckt im Detail", sagt Meyer. "Wenn Sie beispielsweise ihre Qualifikation im Ausland oder über ein Studium erworben haben, prüfen wir, ob Ihre Qualifikation meistergleich ist oder nicht."

Blick in einen Handwerksbetrieb für Holzverarbeitung (Symbolbild)
Die Handwerkskammer prüft, ob ein Betriebsinhaber die entsprechenden Qualifikationen nachweisen kann (Symbolbild). Bild: Imago | Westend61

Außerdem fungiert die Spitzenorganisation der Kammer auch als Interessenvertretung in Berlin und in Brüssel. In Bremen leistet die Kammer auch Lobbyarbeit unter anderem zusammen mit der Kreishandwerkerschaft. Die Mitgliedschaft bei der Kreishandwerkerschaft ist anders als die in der Kammer nicht verpflichtend, daher ist sie daher deutlich kleiner. "Die Kammer kümmert sich um die Gesamtvertretung und wir vertreten insbesondere auch die Fachinteressen der Innung“, sagt der Geschäftsführer Stefan Schiebe. Die Lobbyarbeit in Bremen haben die beiden Organisationen untereinander aufgeteilt: "Die Kammer spricht mit den Senatoren und wir mit den Fraktionen in der Bürgerschaft, wir ergänzen uns, nehmen Termine gemeinsam wahr und schreiben Papiere an die Politik", sagt Schiebe.

Wofür ist die Handwerkskammer noch zuständig?

Neben den hoheitlichen Aufgaben hat die Handwerkskammer immer mehr Dienstleistungen im Angebot. "Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, betreiben wir Imagearbeit für das Handwerk. Außerdem helfen wir Betrieben, sich für die Ausbildung gut aufzustellen und unterstützen mit Ausbildungsbegleitern, wenn es während der Ausbildung zu Problemen kommt", sagt Meyer. Im Bildungszentrum der Handwerkskammer werden Lehrgänge für Schüler und Meisterfortbildungskurse angeboten. "Gerade für kleine Handwerksbetriebe bieten wir ein zielgerichtetes Fort- und Weiterbildungsangebot", sagt Meyer. Zusätzlich hilft die Kammer im Falle eines Verkaufs bei der Vermittlung von Käufer und Verkäufer und unterstützt bei Klimaschutzmaßnahmen und Digitalisierung.

Was für Betriebe sind Mitglied in der Handwerkskammer?

"Die größte Gruppe sind die Friseure mit etwa 600 Betrieben, gleich dahinter kommen die ungefähr 350 Kfz-Werkstätten", sagt Meyer. Während die kleinsten Betriebe wie beispielsweise Kosmetiksalons häufig von nur einer Person betrieben würden, hätten die größten Betriebe beispielsweise im Kfz-Bereich und im Bau 100 bis 200 Mitarbeiter. "Wir vertreten rund 150 verschiedene Branchen, dazu zählen auch Betriebe, die häufig nicht als Handwerk wahrgenommen werden, wie etwa Optiker, Zahntechniker, Fleischer oder Bäcker", sagt Meyer. Auch ein paar ungewöhnliche und traditionsreiche Betriebe sind Mitglied: "Ein Betrieb stellt ausschließlich Fässer her und arbeitet als traditioneller Böttcher oder zum Beispiel die Seiler, die Taue für die Schifffahrt herstellen."

Dass alle Betriebe automatisch Mitglied in der Kammer sein müssen, gefällt sicher nicht jedem. Auch Schiebe kennt diese Sorgen: "Manche sprechen von Zwangsmitgliedschaft bei der Kammer. Ich kann diese Gedanken nachvollziehen, aber würde dazu auffordern, sich mit den Vorteilen und Angeboten der Kammer zu beschäftigen." Für Schiebe liegt das Problem nicht in der verpflichtenden Mitgliedschaft, sondern in der generellen Organisation des Handwerks: "Es muss einfacher werden, weil sowohl die Kammer als auch wir mehrstufig und kompliziert organisiert sind. Viele verwechseln Kammer und Kreishandwerkerschaft immer wieder", sagt er. Als zu starr empfindet der Geschäftsführer auch die strengen geografischen Grenzen: "Es liegt doch auf der Hand, dass man in Bremen auch die Interessen der Betriebe in den umliegenden Gemeinden wahrnimmt. Leider ist das aber überwiegend nicht der Fall."

Wie ist die wirtschaftliche Situation im Handwerk?

"Dem Handwerk ging es in den vergangenen Jahren eigentlich relativ gut", sagt Meyer, "auch in Krisenzeiten wie bei Corona oder der Finanzkrise sind unsere Betriebe gut durchgekommen." Schiebe stimmt dem zu: "Hier und da gibt es aber Eintrübungen, zum Beispiel auf Grund der steigenden Kosten im Bau und wegfallender Aufträge, wir haben also ein paar Sorgenkinder, aber im Grunde geht es dem Handwerk gut." Als das größte Problem des Handwerks bezeichnen die beiden Geschäftsführer den Fachkräftemangel. "Wir sind heilfroh, dass in den vergangenen Jahren der Arbeitsmarkt durch viele Menschen, die aus dem Ausland zu uns gekommen sind, verstärkt wurde", sagt Meyer. "Es gibt viele Betriebe, die selbst tätig werden und beispielsweise in den sozialen Medien um neue Schüler werben“, sagt Schiebe.

Auch um Frauen will die Handwerkskammer vermehrt werben. "Um den Frauenanteil in den von Männern dominierten Handwerksberufen zu erhöhen versuchen wir, die vorhandenen Klischees von Männerberufen in der Gesellschaft abzubauen", sagt Meyer. Anfang März hat die Handwerkskammer zum Beispiel mit dem Verein Belladonna eine Veranstaltung für interessierte Frauen abgehalten. "Dort haben fünf erfolgreiche Handwerkerinnen ihren Weg geschildert, um andere Frauen zu begeistern, wir hatten 80 bis 90 Teilnehmerinnen", sagt Meyer. Schiebe unterstützt die Bemühungen um mehr Frauen im Handwerk. "Wir suchen außerdem auch Abiturientinnen und Abiturienten, die nicht annehmen sollten, das Handwerk könne ihren Ansprüchen nicht genügen. Wir benötigen helle Köpfe mit Lust auf Praxis."

Autor

  • Lukas Scharfenberger

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 15. März 2024, 19:30 Uhr