Fragen & Antworten

Warum man im Land Bremen Grundschullehrer mieten kann

Warum es mehr männliche Grundschullehrer in Bremen braucht

Bild: Radio Bremen

Vor allem Jungen brauchen männliche Vorbilder – davon ist Christoph Fantini überzeugt. Sein Projekt "rent a teacherman" soll mehr Lehrer in die Klassenzimmer bringen.

Dass im Land Bremen Lehrerinnen und Lehrer fehlen, ist keine Neuigkeit. Doch dabei geht oft unter, dass es an den Grundschulen vor allem an einem fehlt: Männliche Lehrkräfte. Die Bremer Initiative "rent a teacherman" – auf Deutsch: miete einen Lehrer – will junge Männer davon überzeugen, Lehrer zu werden. Mit Erfolg. Doch es gibt noch viel zu tun: Es gibt immer noch Grundschulen, die keinen einzigen männlichen Lehrer haben.

Warum braucht es das Projekt "rent a teacherman"?

Der Diplompädagoge Christoph Fantini leitet "rent a teacherman" und ist überzeugt: Vor allem Jungen brauchen männliche Lehrer als Vorbilder. Als er das Projekt 2011 initiierte, gab es an 19 von 70 Bremer Grundschulen keinen einzigen männlichen Lehrer. Fantini fragte sich: "Was passiert, wenn Kinder erst im Kindergarten und dann in der Grundschule lernen: Männer kümmern sich nicht um junge Kinder?" In Studien zeige sich, dass viele Jungen Bildung als unmännlich empfinden, wenn sie im Kindergarten und in der Grundschule ausschließlich Frauen als Pädagoginnen erleben. In den Studien fällt laut Fantini häufig der Satz: "So ist das eben. Frauen sind klug, Männer sind stark." Um diese Rollenbilder aufzubrechen, helfe keine Theorie. "Kinder orientieren sich an ihrer Wirklichkeit. Wenn Lehrerinnen ihnen erklären: Ihr könnt alles werden, es ist nicht wichtig, ob ihr Jungen oder Mädchen seid. Aber die Jungen sehen: Das sagen uns immer nur Frauen. Dann ist der Effekt weg“, sagt Fantini. Deshalb seien die männlichen Vorbilder wichtig.

Wie genau funktioniert "rent a teacherman"?

Das Projekt ist eine Kooperation der Uni Bremen und des Bildungsressorts. Die Verantwortlichen an der Uni sprechen gezielt Lehramtsstudenten an, um sie davon zu überzeugen, Grundschullehrer zu werden. Wer bei "rent a teacherman" mitmacht, sammelt dann schnell praktische Erfahrungen. Zunächst unterstützen die Studenten Lehrerinnen und Lehrer. Später unterrichten sie auch alleine. Das hat für alle Seiten Vorteile:

  • Die Studenten verdienen neben dem Studium Geld und merken schnell, ob der Job eine echte Perspektive für sie ist.
  • Die Schulen bekommen zusätzliche, männliche Lehrkräfte.
  • Die Schülerinnen und Schüler haben Kontakt zu männlichen Lehrkräften.

Die Studenten bringen auch kulturell mehr Diversität in die Schulen: Momentan kommen die Teilnehmer aus acht verschiedenen Ländern.

Drei GrundschülerInnen sitzen auf einem Tisch und erzählen
Vor allem Jungen brauchen männliche Vorbilder in der Schule – davon ist der Initiator von "rent a teacherman" überzeugt. Bild: Radio Bremen

Wie kommt das bei den Kindern an?

Philip Biskup ist einer der jungen Männer aus Fantinis Projekt. Der 26-Jährige unterrichtet tageweise an einer Grundschule in Bremen-Blumenthal. Er will schon seit seiner Kindheit Grundschullehrer werden: "In meiner Grundschulzeit hatte ich die einzige männliche Lehrkraft an unserer Schule. Und das war ein großes Privileg. Die anderen Klassen waren neidisch auf uns. Und ich habe den Lehrer als positiv empfunden. Er war ein Vorbild für mich. Und das hat mich motiviert, zu sagen: Ich schaff das auch." Ein Schüler habe neulich zu ihm gesagt, er wolle auch ein "Herr Biskup" werden – und meinte: ein Lehrer. Das sei ein besonderer Moment für Philip Biskup gewesen. Auch seine Chefin Maribel Ramirez findet es wichtig, dass Kinder von Männern und Frauen unterrichtet werden: "Es zeigt den Kindern, dass sie nicht eingeschränkt sind in ihrer Wahl und in ihren Wegen. Es zeigt auf, dass alles möglich ist."

Ein anderer Teilnehmer des Programms bot an seiner Schule eine Arbeitsgruppe zum Nähen an. Anfangs seien die Jungen skeptisch gewesen. Doch mit etwas Überzeugungsarbeit habe er einige zum Mitmachen bewegen können. Das Argument, nicht mehr bei jedem abgefallenen Knopf die Mutter um Hilfe bitten zu müssen, habe geholfen.

Ist das Projekt ein Erfolg?

Ja. An 20 Grundschulen im Land Bremen gibt es schon Lehrer, die bei "rent a teacherman" mitgemacht haben. Fünf weitere Schulen stehen auf der Warteliste. Das Bildungsressort würde das Projekt gerne auf Oberschulen ausweiten. Doch es gibt auch Herausforderungen: Christoph Fantini beklagt die "absurden Zulassungsbedingungen" zum Grundschullehramtsstudium. Zurzeit werden die Studierenden per Notendurchschnitt ausgesucht, Motivation und bereits gesammelte Erfahrungen spielen keine Rolle. Das müsse sich dringend ändern.

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Autor

  • Jan Meier-Wendte
    Jan Meier-Wendte Autor

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 19. Juni 2023, 19:30 Uhr