Hintergrund

Wie ein Unternehmer in Bremen einen bekannten Radio-Konzern aufbaute

Kofferadios von Nordmende

Vor 125 Jahren wurde Nordmende-Gründer Martin Mende geboren

Bild: Radio Bremen

Zwei Koffer hatte Martin Mende dabei, als er nach Bremen kam. Zu Spitzenzeiten arbeiteten in dem von ihm gegründeten Elektronikunternehmen Nordmende rund 7.000 Beschäftigte. Heute ist nur noch die Marke übrig geblieben.

Vorgezeichnet war die Geschichte von Martin Mende nicht, als er am 30. Dezember 1898 in Dresden als Sohn eines Holzbildhauers zur Welt kam. In diese Fußstapfen trat er nicht, nahm stattdessen den Weg in die aufkommende Branche der Elektronikgeräte.

In den 20er Jahren stieg er in das Unternehmen seines Onkels Otto Hermann Mende ein – und übernahm dort bei der Rundfunkgeräte-Fabrik Radio H. Mende die Leitung. Die Firma war überaus erfolgreich. Jedes dritte damals in Deutschland produzierte Radio kam aus ihrer Produktion.

Der Zweite Weltkrieg brachte die Zäsur, das Werk wurde zerstört. Otto Mende starb 1940 und Martin Mende landete in Bremen. Zwei Koffer soll er dabei gehabt haben, kein Geld, dafür aber viel Erfahrung. Der Neuanfang ist dennoch alles andere als einfach.

Erstes Geschäftszimmer mit wackeligem Küchenstuhl

In Bremen-Hemelingen gründete Martin Mende die Norddeutsche Mende-Rundfunk GmbH. Das erste Geschäftszimmer war ein Raum mit einem wackeligen Küchenstuhl und einem über zwei Fässer gelegten Brett als Schreibtisch in einer fast völlig zerstörten Halle. Es gab nur wenige Mitarbeiter; die halfen trotz aller Schwierigkeiten mit.

Ein ganz besonderes Problem war die Facharbeiterfrage. In Bremen hatte man nie Rundfunkapparate gebaut.

Martin Mende, Gründer der Norddeutschen Mende-Rundfunk GmbH

Hinzu kam die Schwierigkeit Material zu organisieren. Selbst Bleistifte oder Bindfäden mussten beim Wirtschaftsamt beantragt werden. Allen Unwägbarkeiten zum Trotz lief die Produktion an. Nur unter dem alten Namen Mende durften keine Radios verkauft werden. Das ließ das Regime in Ostdeutschland nicht zu. So entstand der neue Name "Nordmende".

Martin Mende zeigt Weitsicht mit Transistorradios

Als Produktionsstätte dienten zunächst die zerstörten Hallen des Flugzeugherstellers Focke-Wulf. Schnell wurde Nordmende einer der führenden deutschen Hersteller von Radiogeräten. Zum großen Erfolg trugen auch die tragbaren Transistorradios bei, die das Unternehmen von Martin Mende ab 1957 serienmäßig herstellte.

Mein Vater hat das sehr früh erkannt, dass der Punkt da war, und hat zielbewusst auf ein Gerät hingesteuert, was damit zum ersten Mal möglich war, nämlich ein tragbares Rundfunkgerät mit praktisch allen Wellenbereichen und mit einem akzeptablem Stromverbrauch.

Hermann Mende, Sohn des Unternehmensgründers

Später kamen auch Fernseher und andere Unterhaltungselektronik dazu. Die Produkte erhielten so klangvolle Namen wie Caruso, Mambo oder Arabella.

Die Zeiten ändern sich – billige Konkurrenz nimmt zu

1969 übernahmen die beiden Söhne von Martin Mende die Geschäftsleitung. Der Seniorchef blieb im Hintergrund. Wenn er gebraucht wurde, war er da.

Auch mit vereinten Kräften konnten sich die Mendes nicht gegen die rasante Entwicklung in der Elektronikbranche stemmen. Die Konkurrenz aus Südostasien war günstiger. Familie Mende zog die Reißleine und verkaufte ihre Firmenanteile Ende der 70er Jahre an den französischen Konzern Thomson-Brandt.

Arbeitsplätze werden abgebaut und Werke geschlossen

Die neuen Manager begannen unverzüglich Arbeitsplätze abzubauen – gegen den Widerstand der Beschäftigten. Letztlich vergebens. Am Ende wurden alle Werke in und um Bremen und Bremerhaven geschlossen. Rettungsversuche der Bremer Regierung scheiterten.

Sie fliegen nach Paris, um mit den Eigentümern von Nordmende zu reden. Bei denen ist aber Nordmende ein Unternehmen von vielen, die sie gerade aufkaufen. Und da kommt es gar nicht drauf an, ob das überlebt oder nicht überlebt.

Klaus Wedemeier, früherer Bremer Bürgermeister

Heute ist von Nordmende nur noch die Marke übrig geblieben, die im Laufe der Jahre bereits mehrfach den Eigentümer gewechselt hat. Gründer Martin Mende erlebte das Ende seines Unternehmens nicht mehr. Er starb 1982.

Autor

  • Weingärtner Sven
    Sven Weingärtner Redakteur und Autor

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 30. Dezember 2023, 16:15 Uhr

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