Interview

Nationale Maritime Konferenz in Bremen: "Ordentlich Druck im Kessel"

Das Bild zeigt mehrere Containerbrücken, Container-Kräne und Container.
Bei der Nationalen Maritimen Konferenz in Bremen geht es auch um die Zukunft der Hafenwirtschaft. Unser Foto zeigt Container im Containerterminal in Bremerhaven. Bild: dpa | Jochen Tack

Bei der Nationalen Maritimen Konferenz in Bremen hoffen die Küstenländer auf Geld und der Bund auf gute Gespräche. Der Koordinator für Maritime Wirtschaft des Bundes erklärt den Konflikt.  

Sie findet zwar in Bremen statt. Ausgerichtet aber wird die Nationale Maritime Konferenz im Congress Centrum Bremen am 14. Und 15. September von Robert Habecks Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Dort ist Dieter Janecek seit Beginn des Jahres Koordinator für Maritime Wirtschaft und Tourismus und damit gewissermaßen Gastgeber der Nationalen Maritimen Konferenz, zu der rund 800 Gäste samt Kanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet werden. buten un binnen hat mit Janecek über die Ziele der Konferenz gesprochen.

Porträt von Dieter Janecek
Hofft auf neue Arbeitsplätze durch die Offshore-Windenergie: Dieter Janecek (Grüne), Koordinator für Maritime Wirtschaft. Bild: Bündis 90/Die Grünen im Bundestag | Kaminski

Herr Janecek, die Küstenländer und mit ihnen Bremen versprechen sich von der Nationalen Maritimen Konferenz Zusagen für mehr Bundesmittel zugunsten der Infrastruktur ihrer Häfen. Was konkret können Sie Ihnen anbieten?

Ich weiß, dass Bremen wie auch Bremerhaven und Wilhelmshaven dabei sind, sich als Energy Ports aufzustellen. Das sind wichtige Vorgaben. Entscheidend wird es sein, dass die Länder nicht nur mehr Geld fordern, sondern auch konkret benennen, was die Bedarfe sind. Finanzielle Zusagen wird es bei der Konferenz noch keine geben. Die Federführung hierfür liegt beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, also bei Volker Wissing (FDP). Aber klar ist: Die Investitionsbedarfe für die Häfen wachsen.

Für die Zukunft der Häfen wird bei der Nationalen Maritimen Konferenz auch wichtig sein, darüber zu sprechen, ob der Lastenausgleich noch das richtige Instrument ist, oder ob wir andere Finanzierungsinstrumente für die Häfen brauchen. Darüber müssen wir ins Gespräch kommen. (Nach dem derzeitigen Hafenlastenausgleich erhalten alle Küstenländer zusammen gut 38 Millionen Euro jährlich aus dem Finanzkraftausgleich zur Finanzierung der Häfen, Anmerkung der Redaktion).

Dennoch scheint es, als hätten Sie bereits eine Idee dazu, wie das neue Finanzierungsinstrument, das den Hafenlastenausgleich ablösen soll, aussehen könnte… 

Dazu ist noch einiges intern zu klären. Nur so viel: Der Hafenlastenausgleich ist ein historisches Konstrukt. Danach bekommt zum Beispiel Bremen mehr als Niedersachsen (knapp elf gegenüber rund zwei Millionen Euro pro Jahr, Anmerkung der Redaktion). Das ist zwar schön für Bremen. Aber damit ist nicht die Frage geklärt, welche Infrastrukturmaßnahmen man wo überhaupt braucht, was erneuert werden muss, und wobei der Bund eine verantwortungsvolle Rolle übernehmen kann und muss.
 
Wir müssen also eine grundlegende Bestandsaufnahme vornehmen. Dabei müssen wir berücksichtigen, welche Häfen konkret welche Aufgaben – vielleicht auch gemeinsam – übernehmen, auch mit Hinblick auf die Wasserstoffstrategie des Bundes, die wir ebenfalls in naher Zukunft beschließen werden. Wir müssen ermitteln, welche neuen Bedarfe in der Hafeninfrastruktur über die alten Anforderungen hinausgehen. Das ist der erste Schritt. Danach ist vieles möglich in der Bundesregierung, weil der Wille besteht, die Energiewende zu vollziehen. 

Blick auf die Fläche für den neuen Hafen in Bremerhaven.
Hier in Bremerhaven soll der Energy Port entstehen. Noch handelt es sich lediglich um einen Plan. Bild: Radio Bremen

Sie haben Bremerhavens Energy Port bereits angesprochen. Da wird es genau um das von Ihrem Ministerium großgeschriebene Thema gehen: um das umweltfreundliche Erzeugen und Verteilen von Energie und um das Lagern von Windenergie-Komponenten. Angesichts Ihrer Klimaziele ist das auch ein eiliges Projekt. Wie möchte der Bund das Land Bremen konkret beim Energy Port unterstützen?

Ich war im Mai dieses Jahres vor Ort. Momentan geht es dabei in erster Linie um Pläne, die der Finanzierung bedürfen. Ich weiß auch, dass Bremen und Bremerhaven eine neue Hafenstrategie entwickelt haben, wie es auch andere Standorte getan haben. Wir müssen jetzt die Pläne alle übereinanderlegen und genau schauen, was wir zu welchem Zeitpunkt brauchen.

Offshore-Windenergie zum Beispiel brauchen wir unbedingt. Aber realistischer Weise werden wir innerhalb der nächsten zwei Jahre keine großen konkreten Entwicklungen auf dem Meer sehen. Das wird sich vorrangig Ende der zwanziger Jahre realisieren. 

Wir sind momentan im Bund dabei, die Wasserstoffstrategie zu erarbeiten. Wenn wir diese final haben, wissen wir, welche Schritte zu welchem Zeitpunkt erfolgen müssen, welche Kernnetze und welche Anlandungen wann notwendig werden. Das ist ein sehr komplexer Vorgang. Trotzdem müssen wir jetzt daran arbeiten, konkret zu werden. Im Moment stehen viele Erwartungen im Raum. Jetzt geht es darum, daraus einen Prozess zu machen und ins Realisieren zu kommen.

Das hört sich so an, als sähen Sie nicht etwa den Bund in der Bringschuld, sondern finden, dass die Länder erst einmal ihre Pläne konkretisieren müssen…

Es geht ein bisschen hin und her. Die Länder warten natürlich auf den Bund und seine Wasserstoffstrategie. Gleichzeitig höre ich immer wieder sehr deutliche Forderungen nach einem höheren Hafenlastenausgleich. Da ist ordentlich Druck im Kessel, keine Frage. Am Ende muss ein beidseitiges Geben und Nehmen herauskommen. Aber es ist in der Tat so, dass ich mehr Konkretisierungen bei den Bedarfen von den Küstenländern erwarte. 

"Druck im Kessel" ist gutgesagt. Bis Ende des Jahres soll die Nationale Hafenstrategie des Bundes stehen. Bis jetzt gibt es dazu noch nicht einmal Entwürfe. Können Sie sagen, welche Rolle Bremen und Bremerhaven darin zukommen wird?

Wir wirken an der Nationale Hafenstrategie mit, aber die Federführung dafür liegt beim Verkehrsministerium. Natürlich wird Bremen beziehungsweise Bremerhaven als einer der wichtigsten europäischen Hafenstandorte dabei eine wichtige Rolle spielen. Wie auch Wilhelmshaven und Hamburg. Mehr kann ich dazu zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.

Mehrere Windräder stehen im Meer, dazwischen liegt ein Schiff.
Der Bund erhofft sich von der Nationalen Maritimen Konferenz auch einen Aufschwung der Offshore-Windenergie. Unser Foto zeigt Offshore-Anlagen in der Nordsee. Bild: dpa | Sina Schuldt

Was erhoffen Sie sich von der Konferenz?

Ich erwarte mir einen Dialog mit den Entscheiderinnen und Entscheidern auf Augenhöhe. Außerdem erwarte ich mir, dass wir das Thema "Beschäftigung" in der Maritimen Wirtschaft voranbringen. Da gibt es viel zu tun. Von der Meerestechnik über die Energiewende und die Logistik bis zu den Seeleuten – wo wir zuletzt leider Potential verloren haben. Für diese Tätigkeiten müssen wir wieder ein breites Bewusstsein schaffen. 

Außerdem hoffe ich, dass von der Konferenz eine Aufbruchstimmung ausgeht. Wir haben gute Themen. Das Thema Offshore-Wind zum Beispiel: Das ist ein riesiges Geschäftsfeld und eine Chance für den Klimaschutz. Da stehen wir als Bundesrepublik weltweit vorn. Wir sind die Ersten, die das konsequent aufbauen mit Offshore-Konverter-Plattformen. Da geht es um mehrere Standorte in Deutschland, die dafür in Frage kommen. Da ist schon viel Musik drin. Es geht jetzt darum, dass wir etwas Neues schaffen. Dafür sehe ich viele Chancen. 

Welche Rolle werden die deutschen Seehäfen in zehn Jahren im internationalen Vergleich spielen?

Ein Hafen wie Rotterdam ist, auch aufgrund großer staatlicher Unterstützung, in den letzten zwanzig bis dreißig Jahren ein sehr starker Wettbewerber geworden. Das muss aber nicht nur schlecht für uns sein. Wir müssen den Wettbewerb annehmen und unsere Häfen in der Vernetzung stärken, damit sie miteinander kooperieren und das stärker als in der Vergangenheit. Dazu müssen wir die neuen Themen wie Wasserstoff und Offshore-Energie nutzen. Da ist Deutschland als Energiewendeland stark. Das müssen wir mit den Häfen verbinden und neue Beschäftigung darauf aufbauen. Dafür brauchen wir Investitionen. Und dann werden Hamburg, Wilhelmshaven und Bremerhaven auch in zehn Jahren eine große Rolle im internationalen Vergleich spielen.

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Bild: Radio Bremen
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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 14. September 2023, 19.30 Uhr