Fragen & Antworten
Was Bremer zum Start der elektronischen Patientenakte wissen müssen
Was Bremer zum Start der elektronischen Patientenakte wissen müssen
Vorteile für Patienten, Befunde auf einen Blick für die Ärzte: Die elektronische Patientenakte geht nach einer Testphase heute bundesweit an den Start.
Nach einer Pilotphase in Hamburg, Franken und Teilen Nordrhein-Westfalens soll die elektronische Patientenakte (ePA) jetzt deutschlandweit für alle 75 Millionen gesetzlich Versicherten schrittweise genutzt werden können – zunächst freiwillig. Ab dem 1. Oktober soll dann eine Pflicht etwa für behandelnde Ärzte gelten, Daten in die E-Akte einzustellen und diese damit zu pflegen.
Das Projekt sei eine Zeitenwende in der Digitalisierung, sagte der scheidende Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Patienten würden mündiger und bekämen endlich einen Überblick über ihre Daten und Befunde. Was das für Versicherte in Bremen und Bremerhaven bedeutet, erklären wir hier.
Was bringt die ePA den Ärztinnen und Ärzten?
Aus ärztlicher Sicht hat die E-Akte mehrere Vorteile. So ist künftig beispielsweise die gesamte Krankengeschichte eines Patienten per Knopfdruck einsehbar. Das gilt zum Beispiel für Vorsorgeuntersuchungen, Labordaten, Röntgenbilder, Befunde, Behandlungen, Operationen und verschriebene Medikamente. Bei verschriebenen Medikamenten wird es zukünftig auch leichter zu erkennen sein, ob Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln drohen.
Was bringt die ePA den Patientinnen und Patienten?
Patienten bringt die E-Akte jederzeitige Einsicht über die eigenen Behandlungsdaten – per App der Kasse auf Smartphones, Tablets oder Laptops. Statt verstreuter Daten bei verschiedenen Ärzten liegen die Patientendaten dann gebündelt vor. So können beispielsweise doppelte Untersuchungen, Arzneimittel-Wechselwirkungen oder Unverträglichkeiten leichter vermieden werden, wenn Ärzte oder auch Apotheker Einblick in die elektronische Patientenakte haben.
Wie erfahren Patienten, dass sie eine E-Akte bekommen?
Es gibt verschiedene Wege, wie Krankenversicherte von ihrer Kasse erfahren, dass eine ePA für sie eingerichtet worden ist. Dies kann beispielsweise per Push-Nachricht in der Kassen-App, mit einer Info auf der Homepage oder per Post geschehen.

Ist die elektronische Patientenakte Pflicht?
Nein. Geändert hat sich nur die Art der Zustimmung. Schon seit Anfang 2021 konnten Versicherte die elektronische Patientenakte freiwillig über Angebote ihrer Krankenkassen nutzen. Wenn die ePA auch in Bremen und Bremerhaven flächendeckend eingeführt ist, bekommen Versicherte sie hingegen automatisch.
Wer keine elektronische Patientenakte haben will, muss dem ausdrücklich widersprechen. Deshalb sind die Krankenkassen verpflichtet, ihre Mitglieder über Widerspruchsmöglichkeiten zu informieren. Dies geschieht in den meisten Fällen per Post. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung weist zudem darauf hin, dass der Widerspruch und die Löschung aller Daten auch nachträglich möglich sind.
Wie viele Menschen haben Widerspruch eingelegt?
Der Widerspruch bei Versicherten hält sich nach Angaben des Bundesgesundheitsministers in Grenzen. "Es haben nur etwa fünf Prozent der Nutzung widersprochen", sagte Lauterbach am Tag vor dem bundesweiten Hochlauf der ePA.
Brauchen Bremerinnen und Bremer eine App, um die ePA zu nutzen?
Eine App der Krankenkasse ist für Versicherte zwar von Nutzen, um überall auf die eigenen Daten zugreifen zu können. Wer jedoch keine App nutzen will oder kann, hat die Möglichkeit, zum Beispiel über die eigene Arztpraxis oder ausgewählte Apotheken auf die persönliche E-Akte zuzugreifen oder einen Desktop-Computer zu nutzen. Es soll außerdem die Möglichkeit geben, dass andere Menschen – zum Beispiel Familienmitglieder – berechtigt werden dürfen, die E-Akte einzusehen.
Wer darf auf die Daten zugreifen?
Ärzte sind zwar prinzipiell verpflichtet, wichtige Dokumente wie Medikationsdaten, Befundberichte, Arzt- und Entlassbriefe standardmäßig in die E-Akte einzustellen. In der Praxis haben sie ein Zugriffsrecht zum Lesen und Füllen der ePA für 90 Tage.

Versicherte können diese Zeitspanne aber über die App verkürzen oder verlängern. Patienten können in der Sprechstunde darüber hinaus bestimmen, wenn sie nicht wollen, dass ein Befund in die Akte eingetragen werden soll.
Bei sensiblen Daten müssen Versicherte sogar ausdrücklich auf dieses Widerspruchsrecht hingewiesen werden. Sie können zudem auch selbst Dokumente hinzufügen.
Wofür werden die Daten noch verwendet?
Von vornherein ist eine Einbindung der elektronischen Patientenakte in die Pharmaforschung eingeplant gewesen. Von Juli an können die Daten der E-Akten daher pseudonymisiert, also ohne Namen und Adressen für Forschungszwecke abgerufen werden. Versicherte können aber auch dieser Nutzung in der App oder bei einer Ombudsstelle der Krankenkasse widersprechen.
Wie bewerten Patientenschützer die Patientenakte?
Kritik kommt von Patientenschützern. Sie werfen dem Bundesgesundheitsminister eine Irreführung der Öffentlichkeit vor. Anders als bislang vermittelt, hätten Versicherte keine Möglichkeit, einzelne Dokumente nur bestimmten Ärzten, Therapeuten oder Apotheken zur Verfügung zu stellen. Für die Versicherten werde die Steuerung ihrer Daten eine schier unüberwindbare Aufgabe, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Nachrichtenagentur KNA.
Die Gefahr ist groß, dass so die gesamte Gesundheitswirtschaft den kompletten Zugriff auf die eigenen Gesundheitsdaten erhält.
Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, zur Nachrichtenagentur KNA
Brysch kritisierte zudem, die Verantwortlichen hätten die Chance verpasst, leicht verständliche Differenzierungsmöglichkeiten der Daten zu etablieren. Auch sei es nicht mehr möglich, aus der Medikationsliste einzelne Medikamente zu entfernen. Manche Medikamente erlaubten aber konkrete Rückschlüsse auf bestimmte Krankheiten.
Das hält ein Bremer Hausarzt von der elektronischen Patientenakte
Dieser Beitrag wurde am 18. Januar 2025 zuerst veröffentlicht und inzwischen aktualisiert.
Quellen: buten un binnen, AFP und dpa.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 29. April 2025, 6 Uhr