Der Beluga-Prozess – eine Chronologie

Für den einstigen Vorzeige-Reeder Niels Stolberg ist es der Tag der Entscheidung: Das Landgericht Bremen fällt nach einem zweijährigen Prozess sein Urteil. Die letzten sieben Jahre kurz zusammengefasst:

Beluga-Schriftzug am Gebäude der ehemaligen Reederei.
Auf den Höhenflug mit Beluga folgte der Absturz. Der Begann im März 2011, als Stolberg die reederei verlassen muss. Bild: dpa | Carmen Jaspersen

1. März 2011

Am späten Nachmittag sitzt Niels Stolberg in seinem Büro, ganz oben in der Firmenzentrale der Schwergutreederei Beluga auf dem Teerhof. Er wartet. Der Deutschlandchef von Oaktree hat sich angekündigt. Kurz vorher war der US-amerikanische Finanzinvestor in das Bremer Unternehmen eingestiegen. Niels Stolberg erinnert sich ein Jahr später:

Dann kam er rein in mein Büro, hat mich sehr, sehr nett begrüßt. 'Lass uns mal rübergehen'. Dann sind wir rübergegangen und dann sah ich ein paar mehr Anwälte. Das wirkte wie eine böse Mauer.

Niels Stolberg

Dann ging alles ganz schnell: Stolberg sollte Beluga verlassen – für immer. Zusätzlich erstattet Oaktree Anzeige gegen Stolberg. Die Bilanzen von Beluga stimmten nicht. Kurze Zeit später stellt sich heraus: Beluga ist nicht mehr zu retten.

8. März 2011

Die Bremer Staatsanwaltschaft leitet ein Ermittlungsverfahren wegen schweren Betrugs gegen Stolberg und weitere ehemalige Führungskräfte ein. Sie stehen im Verdacht, seit 2009 Umsätze im dreistelligen Millionenbereich falsch angegeben und so die Investoren getäuscht zu haben.

16. März 2011

Der Präsident des Amtgerichts gibt bekannt, dass um kurz nach 10 Uhr ein Geschäftsführer der Beluga Chartering GmbH, die das Kerngeschäft betreibt, Insolvenzantrag gestellt habe. Weitere Gesellschaften der Gruppe folgen in den nächsten Wochen. Niels Stolberg geht seinerseits in die Offensive. In einem schwarzen Auto fährt er Mitte März bei der Staatsanwaltschaft vor. Er hat zwei Anwälte dabei. Die Staatsanwaltschaft Bremen nimmt die Ermittlungen auf und ermittelt und ermittelt.

20. Januar 2016

Fast fünf Jahre dauert es, bis das Verfahren gegen Stolberg und drei Mitangeklagte eröffnet wird. Der Vorwurf: Kreditbetrug, Untreue, Betrug. Fast gleich zu Beginn legt Stolberg ein Teilgeständnis ab, räumt Fehler ein. Auch der Prozess zieht sich. Nach rund einem Jahr wird er unterbrochen, weil Stolberg an Krebs erkrankt ist. Als das Verfahren weitergeht, darf nur noch eine Stunde pro Tag verhandelt werden.

15. Februar 2018

Die Staatsanwaltschaft fordert in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von viereinhalb Jahren wegen Kreditbetrugs, Bilanzfälschung und Untreue in einem besonders schwerem Fall. Stolbergs Verteidigung hält das für "völlig überzogen". Angemessen sei eine Bewährungsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren.

15. März 2018

Das Landgericht Bremen verkündet seine Entscheidung. Niels Stolberg wird zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Die anderen Angeklagten bekommen Bewährungsstrafen.

Autorin

  • Julia Meichsner
    Julia Meichsner

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 15. März 2018, 6:20 Uhr

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