So sieht der Schiffsalltag der Bremerhavener Seenotretter aus

Die Crew eines Seenotretters aus Bremerhaven sitzt um einen Tisch verteilt.

So sieht der Alltag der Bremerhavener Seenotretter aus

Bild: Till Kohlwes

Zwei Wochen Tag und Nacht eng auf eng mit den Arbeitskollegen zusammenleben? Für viele unvorstellbar, auf dem Bremerhavener Seenotrettungskreuzer ist das die Realität.

Kräftig, Bart und Lächeln im Gesicht – ein Seenotretter, wie er im Buche steht. "Moin, ich bin Sebastian, der Vormann", begrüßt mich der 42-Jährige. Nach einem negativen Corona-Test darf ich mit Maske ins Innere. Draußen war es noch frisch, drinnen schön warm. An einem kleinen Tisch sitzen vier Mann. Teils mit roter Latzhose und rotem Pullover – Sebastian Trudwig kennt sie genau. "Das ist enger Raum hier, das bedeutet Herausforderung", so Trudwig.

Viele Kollegen sagen, sie kennen ihre Bordgenossen länger und besser als ihre Ehefrauen.

Vormann Sebastian Trudwig

Im vergangenen Jahr sind die Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger von der Station Bremerhaven insgesamt 42 Einsätze gefahren. Dabei halfen sie 58 Menschen, von denen sie 15 aus Seenot retteten oder aus Gefahr befreiten. Alle zwei Wochen wird auf dem Seenotrettungskreuzer Hermann Rudolf Meyer in Bremerhaven das Personal gewechselt. Das bedeutet: 14 Tage Einsatz am Stück, jeden Tag 24 Stunden Anspannung – alles für die Seenotrettung.

Ein Seenotretter aus Bremerhaven liegt im Hafenbecken.
Der Seenotrettungskreuzer Hermann Rudolf Meyer ist in Bremerhaven beheimatet. Bild: Till Kohlwes

Die Zeit, in der die Mannschaft auf Einsätze wartet, wird unterschiedlich genutzt. "Manche Kollegen spielen gerne Spiele, die anderen schauen abends mal Fernsehen", erzählt Trudwig. "Zum Einkaufen gehen wir mal kurz von Bord. Sonst findet das komplette Leben hier statt."

"Der Koch muss nicht abwaschen"

Zwei Besatzungsmitglieder eines Seenotretters aus Bremerhaven blicken aufs Wasser.
Von der Brücke aus hat Vormann Sebastian Trudwig alles im Blick. Bild: Till Kohlwes

Kaffeeduft liegt in der Luft. Mittags gab es Erbseneintopf. Alles zubereitet in einer kleinen Kombüse. Einmal im Kreis drehen geht so gerade eben noch. Mehr nicht. Maschinist Norbert Schmoch hat sofort die goldene Regel parat: "Der Koch muss nicht abwaschen." Neben dem Tisch geht es über eine kleine Wendeltreppe weiter nach unten zu den Schlafkabinen. "Für jeden gibt es eine Kabine. Nur das Nötigste, nichts Komfortables", so Schmoch. "Wir nutzen die Kabinen eigentlich nur zum Umziehen und Schlafen. Das reicht, wir sind zufrieden, sind es ja auch nicht anders gewohnt."

Zur täglichen Arbeit gehören auch Kontrollfahrten, denn der Kreuzer muss immer wieder durchgecheckt werden. Im Ernstfall muss alles laufen. Auf dem Kreuzer ist auch ein kleines Tochterboot dabei: die "Christian", die bei Sucheinsätzen häufig zum Einsatz kommt. Bei der Übung wird "Christian" mit zwei Mann am Heck heruntergelassen – alles zu Ausbildungszwecken. Und sowohl Ausfahrt als auch die Einfahrt klappt. Kein Rütteln. Zufriedenheit überall. Auch der zweite Versuch läuft einwandfrei. "Für die tolle Ausrüstung sind wir sehr dankbar, denn das ist alles rein spendenfinanziert", sagt Vormann Trudwig.  

Ein Seenotretter aus Bremerhaven fährt aufs Meer hinaus.
Im hinteren Bereich des Seenotrettungskreuzers hat das Tochterboot "Christian" seinen Platz. Bild: Till Kohlwes

Nach drei Stunden auf dem offenen Meer sind wir wieder auf dem Weg zurück nach Bremerhaven. Es ist dunkel geworden und der Regen peitscht gegen die Fenster auf der Brücke, wo Vormann Trudwig am Steuer steht. "Ich komme hier aber zu einem genauso erholsamen Schlaf wie Zuhause", so der 42-Jährige. "Unser Revier geht hoch bis Roter Sand, da sind die Wellen deutlich höher. Wenn du losfährst muss alles seefest sein". Obwohl die Männer 24 Stunden am Tag an Bord leben, muss alle so so vorbereitet sein, dass die Seenotretter innerhalb kürzester Zeit die Leinen losschmeißen und mit Vollgas rausfahren können.

Denn passieren kann immer was. "Auch da gewöhnt man sich dran", so der Vormann. Dann legen wir an – Kontrollfahrt beendet. Für mich heißt es jetzt Feierabend, den gibt es für Seenotretter jedoch nicht.

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  • Till Kohlwes mit Brille und Bart lächelt in die Kamera
    Till Kohlwes

Dieses Thema im Programm: Sonntag, Bremen Eins, der Vormittag, 15. Januar 2023, 10:40 Uhr