Ein Schiff, 40 Fahrer, 915 Autos: So läuft der Umschlag in Bremerhaven

Fahrer am Autoterminal Bremerhaven über seinen Job: "Abwechslung pur"

Bild: dpa | Philip Dulian

Täglich kommen mehrere Transportschiffe in Bremerhaven an. An Bord sind oft hunderte Autos. Die Fahrerinnen und Fahrer der BLG bringen die Fahrzeuge an Land.

Es ist noch mitten in der Nacht, als die "Cassiopeia Leader" am Autoterminal in Bremerhaven ankommt. Das riesige Güterschiff hat mehrere hundert Autos geladen – und alle müssen noch am selben Tag vom Schiff gebracht werden. Zuständig dafür sind die Fahrerinnen und Fahrer der BLG, die tagtäglich Transportschiffen mit tausenden Autos be- und entladen.

Autos aus aller Welt

Das Transportschiff Cassiopeia Leader am Autoterminal Bremerhaven
Das Transportschiff Cassiopeia-Leader hat 900 Autos geladen – die nun innerhalb einer Schicht an Land gebracht werden müssen. Bild: Radio Bremen

Hier am Autoterminal lässt sich eindrucksvoll sehen, dass Deutschland tatsächlich Autoland ist: Für bis zu 70.000 Autos ist auf der Anlage Platz. Täglich kommen mehrere Transportschiffe an und liefern tausende Autos nach Deutschland oder bringen sie von hier in die ganze Welt.

Schichtleiter Sascha Zobel ist für die Planung des Entladens verantwortlich und bereitet die sogenannten "Taxifahrer" auf den Einsatz vor. Sie fahren die Autos nicht selbst vom Schiff, sondern bringen die eigentlichen Fahrerinnen und Fahrer an Bord, denn die Wege sind weit. Einer von ihnen ist Besir Sincar, er ist bereits seit 15 Jahren am Hafen tätig.

Fingerspitzengefühl beim Entladen

Das Schiff, dass es in dieser Schicht zu löschen gilt, gehört der japanischen Reederei NYK-Line und verfügt über 13 Decks, angeordnet wie in einem ganz normalen Parkhaus. Die 915 C-Klasse-Wagen, die aus dem Mercedes-Werk Südafrika stammen, sind alle mit Gurten gesichert, damit sie auch bei Sturm und hohem Wellengang nicht verrutschen. Auch das Lösen dieser Sicherungen, das "Ablaschen", gehört zur Aufgabe der Fahrer.

EIn Hafenarbeiter löst einen Sicherungsgurt auf einem Schiff
Nicht nur Fahren gehört zu den Aufgaben der Arbeiter: Zuvor müssen die Sicherungsgurte an den Autos gelöst werden. Bild: Radio Bremen

Beim Entladen ist Fingerspitzengefühl gefragt: Teilweise sind nur 15 Zentimeter Platz zwischen den Autos. Darum helfen Einweiser, damit die Fahrzeuge das Schiff ohne Beschädigung verlassen können. Damit der ganze Prozess möglichst reibungslos und schnell von statten geht, hilft den Taxifahrern ein Trackingsystem, erklärt Besir Sincar: "Anhand unseres Tablets sehen wir dann auch, wo die Autos hinfahen, damit wir die Fahrer wieder einsammeln können."

Abwechslungsreiche Arbeit

Die Sonne geht gerade erst auf, als Sascha Zobel eine positive Zwischenbilanz gibt: "Wir sind im Moment sehr gut in der Zeit, wir fahren die Fahrzeuge pro Stunde, die wir brauchen, und am Ende wird es definitv so sein, dass wir das Schiff leer bekommen." Drei Autos pro Stunde, so viele muss ein Fahrer schaffen, damit das Ziel erreicht wird.

Wenn er als Taxifahrer mal nicht gebraucht wird, steht Besir Sincar auch am Scanner. Hier erfasst er die Fahrzeuge mit ihren Parkpositionen im Hafen, damit die Kollegen sie später auch wiederfinden. Sincars Lieblingsarbeit ist allerdings auf dem Schiff, als Einweiser oder Vorarbeiter an Deck, aber auch andere Aufgaben übernimmt der Hafenarbeiter: "Man hat Abwechslung pur."

Rote Zahlen bei der BLG

Doch für die BLG läuft es am Autoterminal nicht mehr so gut. Der Umschlag von Fahrzeugen ist seit Corona stark zurückgegangen, das Unternehmen hat rote Zahlen geschrieben. Geschäftsführer Karsten Dierks will nichts Konkretes dazu sagen. Es gebe vielfältige Gründe dafür, dass die selbstgesetzten Ziele der BLG nicht erreicht worden seien.

Wir liegen etwas unter den Erwartungen in Zahlen, das kann man ganz klar sagen.

Karsten Dierks, Geschäftsführer BLG

Am Ende der Schicht muss Besir Sincar dann doch noch einmal selbst ran: Auf dem Schiff sind nicht genügend Fahrer, um es rechtzeitig zu entladen. Die Schlüssel bleiben übrigens immer im Auto, um Chaos zu vermeiden. Die Wagen stehen zwischen wenigen Stunden bis zu einem Monat am Autoterminal, bevor sie weitertransportiert werden. Nachdem das letzte Auto die "Cassiopeia Leader" verlassen hat, kann sie wieder beladen werden – und schon bald wieder in See stechen.

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Bild: Radio Bremen

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Autor

  • Torsten Harms
    Torsten Harms

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 14. November 2023, 19:30 Uhr