Interview

Weiße Weihnachten im Norden — wie groß sind die Chancen?

Ein schneebedeckter Ast

Weiße Weihnachten im Norden — wie groß sind die Chancen?

Bild: dpa | Anadolu | Slava Lyufa

Wegen der wärmeren Witterung wird Schnee im Norden generell seltener, sagt ARD-Wetterexperte Stefan Laps. Doch selten sei der Winter in so greifbarer Nähe wie dieses Jahr.

Gibt es denn nun Schnee oder nicht zum Weihnachtsfest? Vor ein paar Tagen waren noch bis zu Minus ein Grad für den 24. Dezember angekündigt, doch nun sieht es bereits wieder anders aus. Also: Weiß oder nicht weiß? Darüber hat Bremen Zwei mit Stefan Laps aus dem ARD-Wetterkompetenzzentrum in Frankfurt gesprochen.

Herr Laps, während der kräftigen Schneefälle vergangene Woche gab es kritische Fragen, wie Schnee und Klimawandel zusammenhängen. Widerlegt der Schnee die Erderwärmung?

Die klare Antwort darauf lautet: Nein. Durch den wechselnden Sonnenstand ergeben sich natürliche Jahresschwankungen bei der Temperatur. Im Winterhalbjahr zum Beispiel scheint zum Nordpol hin kaum oder gar nicht die Sonne. Das heißt, dort wird sehr kalte Luft produziert, mehrere Dutzend Grad unter dem Gefrierpunkt. Das passiert jedes Jahr.

Auch wenn die Erderwärmung voranschreitet, wird es diesen Prozess weiterhin geben. Vielleicht wird es in den kalten Winterregionen wie Sibirien ein paar Grad wärmer – also zum Beispiel "nur" minus 40 Grad statt minus 50 Grad –, das sind aber immer noch eisige Temperaturen. Damit bleibt Schnee Bestandteil unserer Winter-Halbjahre, es muss ja nur kalt genug sein. Schnee und Erderwärmung schließen sich also nicht aus.

Wie werden die Winter in Deutschland in Zukunft aussehen?

Der Schnee wird durch wärmere Witterung bei uns seltener, vor allem im Flachland wie dem Norden, und er taut auch schneller weg. Wir müssen uns auch auf nassere Winter mit mehr Regen einstellen. Grund ist, dass durch die Erderwärmung mehr Wasserdampf in der Atmosphäre gespeichert wird. Der kann in Tiefdruckgebieten in Regen umgewandelt werden, der dann intensiver und ergiebiger als bisher ausfällt. Das gilt dann auch für den Schneefall: Wir müssen uns insgesamt auf weniger Schneetage einstellen, aber die Schneefälle können deutlich kräftiger und intensiver ausfallen — wie man zuletzt in München gesehen hat.

Welchen Einfluss hat die Klimaerwärmung auf weiße Weihnachten?

Den gleichen Einfluss, den sie auf den Winter hat. Wie müssen uns – wie erwähnt – insgesamt auf weniger Schneefall einstellen. Weiße Weihnachten sind im Norden aber ohnehin eher selten.

Haben wir denn dieses Jahr Chancen auf weiße Weihnachten?

Dieses Jahr wird es tatsächlich interessant, denn selten war der Winter in so greifbarer Nähe wie dieses Jahr. Wir haben ein ordentliches Kaltluft-Reservoir über Skandinavien, über Russland und Sibirien, teilweise zweistellige Temperaturen unter Null Grad – und das sogar tagsüber. Wenn diese Luft angezapft und zu uns transportiert wird, haben wir tatsächlich Chancen auf Winter. Aber: Noch ist alles offen!

Autor

  • Tom Grote
    Tom Grote

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 15. Dezember 2023, 9:38 Uhr