Zustand der Bundeswehr: Wie wehrhaft ist Bremen, Oberst Timm?

Bundeswehrdebatte: Wie wehrhaft ist Bremen, Oberst Timm?

Bild: Radio Bremen

Russlands Krieg, die Zeitenwende und ein nationaler Veteranentag: Über den neuen Blick auf die Bundeswehr spricht Felix Krömer mit Bremens oberstem Soldaten, Andreas Timm.

Gut zwei Wochen ist es her, dass der Deutsche Bundestag einen jährlichen Veteranentag zur Anerkennung für Soldaten beschlossen hat. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und der von Kanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufenen "Zeitenwende" geht es in Deutschland plötzlich wieder darum, widerstandsfähig zu sein. Auch der Blick auf die Bundeswehr hat sich gewandelt.

Ob das auch für das Land Bremen gilt und inwieweit die Zeitenwende in Bremen und Bremerhaven eingeläutet wurde, fragt buten un binnen-Moderator Felix Krömer den Kommandeur des Landeskommandos der Bundeswehr in Bremen, Oberst Andreas Timm.

1 Welche Aufgaben hat das Landeskommando Bremen?

Zunächst will Felix Krömer von seinem Gast wissen, was das Landeskommando eigentlich tut. Dies erläutert Andreas Timm ihm (ab Minute 1:59). Er erklärt, dass es sich beim kleinen Bremer Landeskommando mit rund 50 Personen um eines von 16 Länderkommandos in Deutschland handelt. Timm selbst beschreibt sich dabei als eine Art Botschafter der Bundeswehr im Bundesland Bremen. Als Ansprechpartner diene er dem Senat, der Bürgerschaft und den Bremer Bürgerinnen und Bürgern.

In Bremen werde darüber hinaus unter anderem der Heimatschutz geplant, um beispielsweise kritische Infrastruktur zu sichern.

2 Welche militärische Bedeutung haben Bremen und Bremerhaven?

Angesichts der geringen Personalstärke im Land Bremen möchte Krömer wissen, welche militärische Rolle das Land Bremen spielt. Dies erläutert ihm Timm (insbesondere ab Minute 6:36) vor allem am Beispiel Bremerhaven. So diene Bremen als logistische "Drehscheibe" in Deutschland, wobei vor allem die Hafenanlagen in Bremerhaven zentral für die US-amerikanischen Streitkräfte seien. Und diese Infrastruktur müsse, auch vom Land Bremen aus, durch den Heimatschutz geschützt werden können.

3 Welche Pläne gibt es für Bremen und Bremerhaven?

Ein Panzer fährt von einem Schiff herunter. Ein Mann mit Warnjacke dirigiert ihn.
Bremerhaven gilt als zentrales Logistik-Drehkreuz für die Nato, insbesondere für die US-Streitkräfte. Bild: Radio Bremen | Sonja Harbers

Über seine Pläne, für Bremerhaven eine weitere Heimatschutzkompanie zum Schutz maritimer Infrastrukturen aufzustellen, berichtet Oberst Andreas Timm (ab Minute 8:00) im weiteren Verlauf des Gesprächs. Eine entsprechende Übung mit bis dahin akquirierten Freiwilligen ist bereits im September dieses Jahres in Bremerhaven geplant.

Gegen Ende des Gesprächs greift Krömer (ab Minute 57:46) dieses Thema nochmal auf und fragt nach weiteren Projekten. Daraufhin erläutert ihm Timm das im Land Bremen bereits laufende Programm, bei dem sich freiwillige Bremerinnen und Bremer zu Reservisten der Bundeswehr ausbilden lassen können – selbst, wenn sie nie gedient haben.

4 Mit welchen Bedrohungen müssen Bremerinnen und Bremer rechnen?

Auf die Frage Krömers, ob Timm eher Typ "Tarnkleidung" oder Typ "Dienstanzug" sei, betont sein Gast (ab Minute 16:02) die veränderte Situation im Vergleich zu früheren Jahren. So habe er bewusst zum Interview den Feldanzug gewählt.

Weil das andere passt, glaube ich, so nicht mehr in unserer Zeit gerade rein.

Oberst Andreas Timm schaut in die Kamera.
Oberst Andreas Timm, Kommandeur des Landeskommandos Bremen

Dennoch sei die Bedrohung eine andere als noch im Kalten Krieg. "Wir haben eine hybride Bedrohung", sagt der Kommandeur. Als Beispiel nennt er die jüngsten russischen Cyberattacken auf die SPD und ähnliche Attacken, über die regelmäßig in der Presse berichtet werde. Man sei nicht richtig im Krieg, aber das Staatswesen sei dennoch bedroht, sagt Timm.

5 Könnte ein Verteidigungsfall oder ein Nato-Bündnisfall drohen?

Auch die Frage nach einem Angriff auf Deutschland oder die Beteiligung Deutschlands im Nato-Bündnisfall stellt Felix Krömer seinem Gast (ab Minute 23:41). Timm antwortet darauf ausführlich – und nennt ein Zeitfenster von fünf bis acht Jahren, mit dem in der Bundeswehr bereits offiziell kalkuliert werde, bis Russlands Präsident Putin bereit für einen solchen Angriff auf ein Nato-Mitglied wäre. "Das wäre sicherlich nicht der große Panzerangriff hier auf die Weserübergänge bei Bremen", sagt Timm. Realistisch sei aber ein Angriff im Baltikum, also in der Region um Estland, Lettland und Litauen.

Für das logistisch bedeutsame Bremerhaven seien darüber hinaus im Kriegsfall auch Raketenangriffe nicht auszuschließen.

6 Ist die Schaffung eines Veteranentags eine gute Entscheidung?

Den Wandel der Wertschätzung der Bundeswehr thematisiert Felix Krömer unter anderem ab Minute 28:11. Auf den Veteranentag angesprochen, der ab diesem 15. Juni auch in Deutschland jährlich begangen werden soll, äußert sich Andreas Timm positiv. "Das ist ein gutes Signal", sagt er zu dem Tag, der auch in anderen Ländern zu Ehren der Militärveteranen im Kalender steht.

Zwar sei die Diskussion zu diesem Thema in Deutschland stark durch die Historie der zwei Weltkriege bestimmt. Die heutige Bundeswehr habe aber eine eigene Tradition. "Auf die können wir stolz sein", sagt Timm.

7 Macht eine Wiedereinführung der Wehrpflicht Sinn?

Die seit 2011 ausgesetzte Wehrpflicht in Deutschland spricht Felix Krömer schließlich (ab Minute 51:39) an. Andreas Timm befürwortet eine Art Dienstpflicht, wobei er sich in diesem Kontext für das 2017 eingeführte schwedische Modell als mögliches Vorbild ausspricht. Hier werden alle Menschen im dienstpflichtigen Alter erfasst, ein Teil von ihnen gemustert und nur ein Bruchteil davon tatsächlich verpflichtet. Wobei Timm auch betont, dass er das im Grundgesetz verankerte Recht auf Kriegsdienstverweigerung weiterhin für wichtig hält.

Dieser Oberst ist der neue Kommandeur des Bremer Landeskommandos

Bild: Radio Bremen

Mehr zur Bundeswehr in Bremen:

Autoren

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 11. Mai 2024, 19:30 Uhr