Alarm im Kliemannsland: Was ist dran am Vorwurf des Maskenbetrugs?

Der Bremer Satiriker Jan Böhmermann erhebt schwere Anschuldigungen gegen den Youtuber Fynn Kliemann. Trotz teilweiser Entschuldigung haben die Vorwürfe bereits Konsequenzen.

Verpeilt, tollpatschig, aber stets der sympathische "Buddy" von nebenan: Nach dem Motto "Ich weiß nicht, was ich tue, aber es klappt schon irgendwie" hat sich Fynn Kliemann in den vergangenen Jahren eine riesige Fangemeinde aufgebaut. Dank seines Näschens für das Besondere steht der Zevener immer wieder im Rampenlicht: Mal kauft er das kleinste Haus Bremens für schlappe 77.777 Euro, mal erhält er einen Nachhaltigkeitspreis für seinen Einsatz als Masken-Wohltäter zu Beginn der Corona-Pandemie. Doch inzwischen gibt es Ärger im kunterbunten Kliemannsland – großen Ärger sogar.

Seit Freitagmorgen stehen heftige Anschuldigen gegen den Youtuber, Influencer und Musiker im Raum. So wirft ihm der Bremer Satiriker Jan Böhmermann in seiner Fernsehsendung "ZDF Magazin Royale" vor, an unsauberen und wenig selbstlosen Maskendeals beteiligt gewesen zu sein. Anklagen, die so gar nicht mit dem Saubermann-Image des 34-Jährigen harmonieren. Inzwischen hat sich der Unternehmer für sein Verhalten entschuldigt – wenn auch nur teilweise. Wir erklären, was Kliemann vorgeworfen wird – und wie er auf die Anschuldigungen reagiert hat.

Kliemann machte die Presseanfrage öffentlich

Schon im Vorfeld der Sendung hatte die aufwendige Recherche, die in dem Beitrag steckt, für Aufsehen gesorgt. Grund dafür war Kliemann selbst. Denn der 34-Jährige hatte eine Presseanfrage der Magazin Royale-Redaktion via Instagram für über 800.00 Follower nicht nur öffentlich gemacht, sondern auch noch Frage für Frage selbst beantwortet – wenn auch nur vage und ausweichend. Eine schriftliche Antwort auf die Anfrage blieb hingegen aus, der Böhmermann-Beitrag aber erschien trotzdem.

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In dem knapp halbstündigen Video wird Kliemann unterstellt, er habe Corona-Masken mit seinem Geschäftspartner zu Billiglohn-Preisen in Vietnam sowie Bangladesch herstellen lassen – und nicht, wie von Kliemann stets kommuniziert, in Europa. Mehr noch: Die Masken sollen sogar umetikettiert und anschließend als unter fairen Bedingungen in Portugal und Serbien hergestellte Produkte weiterverkauft worden sein.

Zudem soll Kliemann, obwohl er betonte, die Masken zum Selbstkostenpreis zu vertrieben, mit seinem Partner einen Millionen-Gewinn erwirtschaftet haben. Doch damit nicht genug: Eine Charge von 100.000 Masken aus Bangladesch, die Kliemann und sein Partner – begleitet von großem Medieninteresse – an Geflüchtetenunterkünfte in Bosnien und Griechenland spendeten, sollen fehlerhaft gewesen sein. Ohne, dass auf die offenbar bekannten Mängel verwiesen wurde.

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Böhmermann-Kritik sorgt für Aufsehen

Nachdem die Böhmermann-Kritik nicht nur in den sozialen Medien für einen großen Aufschrei gesorgt hatte, meldete sich der Beschuldigte im Laufe des Tages selbst zu Wort. In einer dreiseitigen Pressemitteilung betonte Kliemann, dass er "die Vorwürfe sehr ernst" nehme.

Ich möchte mich in aller Form bei allen Personen, Organisationen, Institutionen entschuldigen, die nun "auf den ersten Blick" enttäuscht und geschockt sind.

Fynn Kliemann in einer Pressemitteilung
Jan Böhmermann
Erhebt schwere Vorwürfe gegen Fynn Kliemann: ZDF-Satiriker Jan Böhmermann. Bild: dpa | Sven Hoppe

Zugleich stellte Kliemann klar, dass er zu "Transparenz und Aufklärung" bereit sei. Zwar müsse er sich für einige Vorwürfe entschuldigen, andere aber müsse er "dringend richtig stellen, da jene Betrugsvorwürfe einfach nicht stimmen", wie Kliemann schreibt. So habe er die Masken, die in Bangladesch hergestellt wurden, nie verkauft und auch nie beworben. Stattdessen kämen all die Masken, die er angeboten hatte, zu einhundert Prozent aus Portugal und Serbien.

So oder so habe er den "Prozess" zu Beginn der Pandemie, als "die ganze Welt nach Masken geschrien" und ihn "500 Mails am Tag" erreichten, nicht mehr überblicken können. Auch den Vorwurf, defekte Masken an Geflüchtete geliefert zu haben, wies Kliemann von sich. Denn ebenjene Masken seien lediglich etwas größer gewesen als vorgegeben, hätten aber über eine Schutzwirkung verfügt. Dass er sich "online dazu abfeiern lassen" habe, sei hingegen falsch gewesen und tue ihm leid.

Erste Konsequenzen für Kliemann

Trotz Kliemanns Erklärung folgten der Berichterstattung bereits erste Konsequenzen. Der Online-Händler "About You" etwa, der die Kliemann-Masken im Sortiment führt, hat den Verkauf fürs Erste eingestellt. Auch die Stiftung "Deutscher Nachhaltigkeitspreis", die Kliemann für sein Corona-Engagement prämiert hatte, hat inzwischen reagiert: Die Verantwortlichen entzogen Kliemann die Auszeichnung, die er vor zwei Jahren erhalten hatte. "Weil er unlautere Methoden angewendet und uns mit Greenwashing hintergangen hat, erkennen wir ihm den Preis ab", hieß es in einer Pressemitteilung.

Die gestern veröffentlichten Recherchen des ZDF belegen, dass diese Aussagen nicht stimmten und in Bangladesch und Vietnam hergestellt wurde.

Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis in einer Pressemitteilung

Infolge des Aufruhrs rund um den Influencer ist im Kliemannsland ein lang geplantes Event abgesagt worden. Eigentlich sollte morgen "das unfairste Mofarennen der Welt", das im niedersächsischen Rüspel vor drei Jahren seine Premiere feierte, seine zweite Auflage erleben. Doch weil man über Nacht einen "Haufen Scheiße vor die Tür" gekippt bekommen habe, müsse das Rennen "schweren Herzens" verschoben werden, wie die Veranstalter auf Instagram mitteilten.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Vier, der Mittag, 6. Mai 2022, 13:15 Uhr