So schwierig ist Bahnfahren für Menschen mit Behinderung

Die Tür einer Bahn mit einem Rollstuhl aufgedruckt

So schwierig ist Bahnfahren für Menschen mit Behinderung

Bild: dpa | Paul Eckenroth

Ein Bremerhavener Ehepaar reist gerne mit dem Zug. Die Frau ist körperlich eingeschränkt – und die Bahn laut den beiden noch lange nicht barrierefrei. Was tut die Bahn für Inklusion?

Den Ehepartnern Frank Cordes und Karin Cordes-Zabel aus Bremerhaven begegnen auf ihren Bahnreisen einigen Schwierigkeiten. Denn Karin sitzt im Rollstuhl und nutzt einen Sprachcomputer. Trotzdem reisen sie gerne und viel mit der Deutschen Bahn. Unter den Namen "DerFrankyman" und "Zauberbärin" ist das Ehepaar in den sozialen Medien unterwegs und klärt über Bahnreisen für Menschen mit Einschränkungen auf.

Das Ehepaar Frank Cordes und Karin Cordes-Zabel
In dem Sprachcomputer hat Karin Cordes-Zabel schon alle möglichen Antworten eingespeichert. Bild: Radio Bremen | Nils Fricke

Karin Cordes-Zabel ist sauer und flucht. Denn eigentlich möchte sie zusammen mit ihrem Mann Frank einen IC nach Freiburg buchen. Weil sie im Rollstuhl sitzt und aufgrund ihrer Sprachbehinderung einen Sprachcomputer nutzt, ist das allerdings schwierig für sie.
Das Ehepaar sitzt vorm Laptop in ihrem Wohnzimmer. Frank sucht erstmal die passende Verbindung. Buchen muss er dann per Telefon.

20 Minuten Telefonat – ohne Erfolg

Frank Cordes beantwortet souverän alle Nachfragen der Service-Zentrale. Welcher Zug, welches Abteil, Schwerbehindertenausweis. Er kennt das Prozedere mittlerweile gut. Und trotzdem soll es diesmal nicht klappen.

Und Gespräch abgebrochen. Das heißt, ich habe jetzt gerade 20 Minuten meines Lebens verschwendet. Mit keinem Ergebnis.

Frank Cordes
Das Ehepaar Frank Cordes und Karin Cordes-Zabel
Das Ehepaar Frank Cordes und Karin Cordes-Zabel. Bild: Radio Bremen | Nils Fricke

Häufig bekommen Frank und Karin bei der Buchung auch andere Plätze zugewiesen als gewünscht. Oder die Begleitperson soll woanders sitzen, als die Person im Rollstuhl. Frank Cordes sieht hier großen Nachholbedarf bei der Deutschen Bahn: "Jetzt muss man sich vorstellen, da kommt jemand mit einer etwas schwereren Behinderung, vielleicht sogar meine Frau alleine, und versucht das zu buchen per Telefon. Oder jemand, der vielleicht ein bisschen langsamer ist, der Sprachcomputer benutzt, der vielleicht schlecht verstehen kann. Wie macht die Person das?"

Die Deutsche Bahn erwidert auf die Kritik, dass sie an einer neuen "IT-Landschaft für die Vertriebssysteme der DB" arbeite. Weil das noch dauere, möchte sie erstmal das Online Formular der Mobilitätsservice-Zentrale verbessern. 

Abhängigkeit von Hilfspersonal

Und dann ist das Ehepaar noch an die Service-Zeiten an den Bahnhöfen gebunden: "Wenn wir einen Zug haben ohne internen Lift, dann brauchen wir Menschen, die den Bahnhofslift bedienen und die sind nur zu bestimmten Uhrzeiten da", sagt Frank Cordes.

Außerhalb dieser Servicezeiten kann Karin Cordes-Zabel in manche Züge also gar nicht einsteigen. Aber auch bei Zügen mit eingebautem Lift kann es zu Problemen kommen, wie Frank berichtet: "Der kann vom Personal oftmals nicht bedient werden, weil er so schwierig und kompliziert ist und in ganz vielen Schritten auseinandergefaltet werden muss." Auf Franks Youtube-Kanal gibt es Videos, in denen er dem Bahnpersonal teilweise selbst erklärt, wie die Lifte funktionieren.

Um hier mehr Kompetenz zu schaffen, sagt die Deutsche Bahn, dass sie ihr Personal im Unterrichtsaum und in Praxisübungen schule.

Hoffen auf unkompliziertes Buchen

Frank Cordes und Karin Cordes-Zabel würden gerne so mit der Bahn reisen, wie alle anderen Menschen auch.

Ich möchte spontan reisen!

Karin Cordes-Zabel

Frank Cordes hofft für die Zukunft, "dass wir dann zum Beispiel auch selbstständig per App unsere Sitzplätze ganz einfach anklicken können." Die Deutsche Bahn sagt dazu: Wir arbeiten dran. Frank und Karin haben ihre Reise am Ende per Telefon buchen können, beim zweiten Versuch sogar schon nach 10 Minuten.

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Bild: Radio Bremen

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Autor

  • Nils Fricke
    Nils Fricke Volontär

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 29. Juni 2023, 11:40 Uhr