Atom-Endlager gesucht: Deshalb steht Bremen auf der Standort-Liste

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Deutschlands Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll geht in die nächste Runde. Bremen kommt weiter als Standort infrage. Um diese Kriterien geht es nun.

Bis Montag sah die Deutschlandkarte der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) noch weiß aus. Doch dann hat die BGE den "Zwischenbericht Teilgebiete" veröffentlicht. Jetzt sind 54 Prozent der Karte blau, violett oder orange eingefärbt. All die bunten Gebiete kommen weiter als Endlager-Standorte für Atommüll in Betracht, darunter die Bremer Stadtteile Huchting, Neustadt, Hemelingen und Osterholz. Unter ihnen liegt eine Salzmauer aus mehreren ineinander übergehenden Salzstöcken mit einer Fläche von 59 Quadratkilometern. Allerdings sind auch zwei Bremer Salzstöcke seit Montag aus dem Rennen: jener unter Horn-Lehe, Borgfeld und Lilienthal sowie jener unter Burglesum.

Mann (um die 40) mit Vollbart blickt für Portraitfoto in die Kamera
Erforscht den Bremer Untergrund: Geologe Björn Panteleit. Bild: Björn Panteleit

"Das ist nicht weiter überraschend", kommentiert Björn Panteleit, Leiter des Geologischen Dienstes für Bremen, das Zwischenergebnis der BGE. Der Salzstock unter Lilienthal sei ausgeschieden, weil dort bereits mehrfach nach Erdgas und nach Erdöl gebohrt worden sei. In dem Salzstock unter Burglesum befänden sich Kavernenspeicher, weshalb auch dieser Stock erwartungsgemäß nicht als atomares Endlager infrage kommt. Dazu muss man wissen: Mögliche Einflüsse durch frühere oder gegenwärtige bergbauliche Tätigkeiten wie Bohrungen zählen zu den Ausschlusskriterien der BGE, genau wie Vulkanismus oder seismische Aktivitäten.

Etwas überraschend findet Panteleit dagegen, dass die BGE im Norden Deutschlands große Flächen mit plastischem Ton im Untergrund für denkbare Standorte hält. "Dort Bergwerke zu bauen, stelle ich mir sehr schwer vor", begründet der Geologe seine Skepsis. Laut BGE kommt es bei der Standortsuche jetzt vor allem auf diese Kriterien an:

1 Geeignetes Wirtsgestein

Wie BGE-Geschäftsführer Steffen Kanitz am Montag erneut betont hat, ist Deutschland reich an Gesteinen im Untergrund, die sich als Wirtsgesteine für ein Endlager eignen. Dazu zählen Salz, Ton und Granit. Während sich die meisten Nachbarländer – auch mangels Alternativen – entweder für Granit oder für Ton als Wirtsgestein ihrer Endlager entschieden haben, hat sich die BGE noch nicht festgelegt, möchte Salz, Ton und Granit auch weiterhin gleichrangig betrachten.

Momentan weist die BGE im Wirtsgestein Ton neun Teilgebiete mit einer Fläche von etwa 130.000 Quadratkilometern aus. Für das Wirtsgestein Steinsalz sind es 74 Teilgebiete mit einer Fläche von etwa 30.000 Quadratkilometern. Für Granit hat die BGE sieben Teilgebiete mit einer Fläche von rund 81.000 Quadratkilometern ermittelt.

2 Drei bis zehn Quadratkilometer Fläche in 300 Metern Tiefe

Stollen des Erkundungsbergwerk Gorleben (Symbolbild)
Drei bis zehn Quadratkilometer Fläche werden für das Endlager in Deutschland gebraucht. Das Zwischenlager Gorleben (Foto) ist aus dem Rennen. Bild: Imago | Photothek/Trutschel

Drei bis zehn Quadratkilometer Fläche in mindestens 300 Metern Tiefe werden für das Endlager gebraucht. Es muss groß genug sein für rund 1.900 Castorbehälter mit hochradioaktivem Atommüll. So viel wird der BGE zufolge voraussichtlich bis 2022 in Deutschland zusammenkommen, bis das Land aus der Atomenergie aussteigt.

Wie groß die Fläche aber genau sein muss, hängt auch davon ab, auf welches Wirtsgestein die Wahl fällt und wie gut es die Wärme, die beim radioaktiven Zerfall entsteht, ableitet. Salz leite Wärme besser als Granit oder Ton, erklärt Geologe Björn Panteleit. Ein Endlager mit Salz als Wirtsgestein, wie es in Bremen entstehen könnte, müsste daher besonders groß dimensioniert sein, eher zehn als drei Quadratkilometer umfassen.

Im Standortauswahlgesetz steht unter "Mindestanforderungen" zudem: "In den Flächenbedarf des Endlagers eingeschlossen sind Flächen, die für die Realisierung von Maßnahmen zur Rückholung von Abfallbehältern oder zur späteren Auffahrung eines Bergungsbergwerks erforderlich sind und verfügbar gehalten werden müssen".

salzstruktur Bremen Salzstruktur

3 Mächtiges Gestein in gutem Zustand

Jener unterirdische Gebirgsbereich, der das Endlager aufnehmen soll, muss mindestens 100 Meter mächtig sein, heißt es im Standortauswahlgesetz. Nur, wenn die Wahl der BGE auf Granit als Wirtsgestein fallen sollte, könnte unter Umständen auch dünneres Gestein infrage kommen.

Um solche Fragen zu klären, spielt der Zustand des Gesteins eine große Rolle, sagt Panteleit. Anders aber als die Mächtigkeit des Gesteins im Untergrund, erschließe sich sein Zustand meist nicht allein aus den verfügbaren Karten. Um hierüber mehr zu erfahren, seien in der Regel Bohrungen vonnöten. Auch die Salzmauer unter Osterholz, Hemelingen, Huchting und der Neustadt müsse genauer erkundet werden, ehe man seriös sagen könne, ob sie wirklich als Standort für ein Endlager geeignet sei.

Tatsächlich möchte die BGE, wie die Geschäftsführung am Montag erklärt hat, die Teilgebiete im nächsten Schritt übertägig nach geowissenschaftlichen Kriterien untersuchen. Wie Stefan Studt, Vorsitzender der BGE-Geschäftsführung, erklärte, bestehe das Ziel der BGE darin, bis 2031 einen Endlager-Standort zu finden. Eine Garantie dafür, dass der Standort bis 2031 gefunden sei, gebe es allerdings nicht.

Atommüll: In der Bremer Region könnte ein Endlager entstehen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 28. September, 19.30 Uhr

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