Arabischer Frauenbund: Hilfe für geflüchtete Frauen in Bremen

Rania Enan engagiert sich ehrenamtlich für Frauen verschiedener Herkunft in Bremen
Rania Enan gründet 2015 in Bremen den Verein "Arabischer Frauenbund".

So unterstützt die Bremerin Rania Enan geflüchtete Frauen

Bild: Radio Bremen | Lieselotte Scheewe

Rania Enan weiß, wie es sich anfühlt, allein nach Deutschland zu kommen. Mit ihrem 2015 gegründeten Verein "Arabischer Frauenbund" unterstützt sie andere Frauen bei der Integration.

Als Psychologin weiß Rania Enan, wie unser Gehirn funktioniert. "Wir haben immer Angst vor den Sachen, die wir nicht kennen. Aber wenn wir einander kennenlernen, dann können wir miteinander umgehen", sagt die 45-Jährige.

Weil sie selbst erlebt hat, wie es ist, allein nach Deutschland zu kommen, möchte sie andere Frauen unterstützen. "Die ersten zwei Jahre waren wirklich schlimm: Depressionen, Kopfschmerzen, ich konnte nicht rausgehen. Ich fühlte mich nicht gut, meine Familie war nicht mehr da. Ich habe mich sehr einsam gefühlt", erzählt sie. Vor allem die Abhängigkeit von anderen machte ihr am Anfang zu schaffen.

Ich war immer frei, ich konnte hingehen, wohin ich wollte. Ich konnte auch mit den Leuten kommunizieren – hier konnte ich das nicht.

Rania Enan

Nach zwei Jahren fing sie an, ehrenamtlich zu arbeiten. Das half ihr, sich besser zu fühlen. "Und dann hatte ich diesen Wunsch: Ich sollte wirklich allen Frauen helfen, weil ich ganz genau weiß, wie es einem geht, wenn wir hier alleine sind und keine Familie und nichts hier haben", erzählt sie.

Obwohl sie selbst kaum Deutsch sprach, begleitete sie andere Frauen im Alltag. Mit ein bisschen Englisch, Mimik und Gestik verständigte sie sich damals. "Einfach um diese Art von Unterstützung zu geben. Ihr seid nicht allein. Auch wenn ich die Sprache nicht beherrsche, kann ich euch unterstützen." 2007 gründete sie eine Gruppe, 2015 dann den Verein.

Ein Teil der Bremischen Gesellschaft werden

Gemeinsam mit acht anderen Frauen organisiert Rania Enan heute Sprachkurse, Computerkurse, Nachhilfe für Kinder, offene Treffen in verschiedenen Stadtteilen und Ausflüge. Sie vermittelt Kontakte zu anderen Institutionen, sie berät Frauen bei ihrem beruflichen Weg und ist Ansprechpartnerin für die Sorgen und Nöte der Frauen. Über Infostände, Facebook, Instagram oder Whatsapp-Gruppen kommt sie mit den Frauen in Kontakt.

Das Oberziel ist, einfach ein Teil der Bremischen Gesellschaft zu werden, damit wir uns nicht fremd fühlen. Das ist wichtig wirklich, sehr wichtig.

Rania Enan

Ihre Ziele sind Integration, Gleichberechtigung, Gesundheit, Sprache und Arbeit und Kinderförderung. Sie ist davon überzeugt, dass ehrenamtliches Arbeiten und der Austausch untereinander dazu beitragen kann: "Wenn wir irgendwas Gutes tun, dann sind wir ein Teil der Gesellschaft, dann geht’s uns gut, dann geht’s unseren Kindern gut, dann geht’s der Gesamtbevölkerung in Bremen gut."

Vorurteile abbauen und in den Dialog treten

Die Leute denken immer, arabische Frauen, die Mehrheit sind Muslime mit Kopftüchern, das bedeutet unterdrückte Frauen. Aber wir versuchen zu sagen: Nein, nein, wir sind nicht diese Frauen. Wir sind ganz normale Frauen.

Rania Enan

Gemeinsamkeiten statt Unterschiede suchen

Ihr ist wichtig, dass alle Menschen die Gesetze achten, aber gleichzeitig frei leben und entscheiden dürfen. Das lebt sie auch in ihrem Verein: "Wenn du uns anguckst, untereinander, wie wir hier sitzen, ohne Kopftuch, mit Kopftuch, Dreiviertelkopftuch, Halbkopftuch. Und wir sind alle keine Frauen, die zu Hause sitzen, um die Kinder zur Welt zu bringen", sagt sie. Aber das findet sie wichtig: "Das ist auch schön, zu Hause zu sein und die Kinder zur Welt zu bringen, aber nur wenn wir selbst diese Entscheidung treffen. Nicht, wenn uns diese vorgegeben wird."

Ihre Botschaft an die Frauen ist: "Glaub an dich selber, lass dich von niemandem von deinen Zielen abbringen. Das kriegst du irgendwann hin, mach weiter. Und wenn ihr irgendeine Hilfe braucht, dann kommt zu uns und unserem Verein."

Sie ermutigt die Frauen, aktiv zu sein. "Bleib nicht zu Hause! Geh raus! Lern die Sprache! Sonst bleibt ihr immer zu Hause und könnt euch nicht weiterbewegen."

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Autorin

  • Lieselotte Scheewe
    Lieselotte Scheewe Autorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 18. November 2023, 13:40 Uhr