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Abschiebungen in Bremen: Wer bleiben darf, wer gehen muss

Ein Flugzeug fliegt am Himmel, im Vordergrund ist Stacheldraht zu sehen-

Abschiebungsdebatte nach dem Attentat in Solingen

Bild: Imago | Future Image

Der Tatverdächtige vom Messeranschlag in Solingen sollte eigentlich abgeschoben werden, tauchte aber unter. Nun wird über die Abschiebe-Praxis debattiert. Ein Überblick.

Der Messeranschlag von Solingen hat längst auch die politische Debatte erreicht: Weil der Syrer, der am Freitagabend drei Menschen tötete und acht verletzte, sich seiner Abschiebung entzogen hatte, wird nun unter anderem über die strengere Gesetze in der Asylpolitik debattiert.

Auch Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) fordert härtere Abschieberegeln: Bremens Innensenator unterstütze "die Planungen der Bundesregierung, Abschiebungen auch nach Syrien und Afghanistan zu ermöglichen", sagte Mäurer am Montag. Die Gesetzgebung in der Sache liegt beim Bund, die Abschiebungen durchzuführen ist hingegen Aufgabe der Länder. So sehen die Regelungen aktuell aus.

Wer darf in Deutschland bleiben, wer nicht?

Wer in Deutschland kein Aufenthaltsrecht hat, gilt grundsätzlich als ausreisepflichtig. Das können zum Beispiel Asylbewerber mit abgelehntem Asylantrag sein, aber auch Arbeitnehmer, Studierende und Touristen aus dem Ausland, die ein Visum hatten, das nun aber abgelaufen ist. Deutsche Staatsbürger können in keinem Fall ausgewiesen werden, auch EU-Bürgerinnen und -Bürger haben in Deutschland grundsätzlich Aufenthaltsrecht.

Werden alle Menschen, die ausreisepflichtig sind, abgeschoben?

Nein, zunächst werden die Betroffenen von den Behörden dazu aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist – meist zwischen sieben und 30 Tagen – das Land freiwillig zu verlassen. Erst wenn das nicht passiert ist, können die Behörden eine Abschiebung in die Wege leiten.

Allerdings können rechtliche oder persönliche Gründe einer Abschiebung im Wege stehen. Etwa wenn es kein Land gibt, in das der Betroffene abgeschoben werden kann. Oder wenn der Betroffene gerade eine Berufsausbildung anfängt, sich um ein minderjähriges Kind in Deutschland kümmern muss, medizinische Gründe gegen eine Abschiebung sprechen oder nicht die nötigen Reisedokumente besitzt. Liegt ein solcher Grund vor, wird die Abschiebung für einen gewissen Zeitraum ausgesetzt – die entsprechende Person gilt dann in Deutschland als "geduldet".

Wie läuft eine Abschiebung?

Die Abschiebungen durchzuführen, ist Ländersache. Bis Ende Juli hat Bremen in diesem Jahr bereits 36 Menschen abgeschoben, im kompletten vergangenen Jahr waren es 33. Nach Aussage der Bremer Innenbehörde werde bei geplanten Abschiebungen zunächst geprüft, ob die Voraussetzungen für erfolgreiche Abschiebung erfüllt sind. Ist das der Fall, steige die Behörde in die Planung ein: Dazu gehört unter anderem den Flug zu buchen, die Polizei um Amtshilfe zu bitten und gegebenenfalls eine Durchsuchungsanordnung zu beantragen, heißt es von einer Sprecherin. Daneben gehöre zur Vorbereitung, die Identität der betroffenen Person zu sichern und mit konsularischen Vertretungen der Länder, in die abgeschoben wird, in den Austausch zu gehen. Wenn der Betroffene im Strafvollzug sitzt, muss zudem das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft eingeholt werden.

Die meisten Menschen werden in ihre Herkunftsländer abgeschoben – allerdings nur, wenn ihnen dort keine Folter oder unmenschliche Behandlung droht. Möglich ist auch, Ausländer in andere EU-Länder abzuschieben, wenn sie dort nachweislich zum ersten Mal den Boden der Europäischen Union betreten haben. Häufig finden die Abschiebungen selbst früh morgens statt, die Polizisten bringen die betroffenen Personen zum Flughafen oder reisen in manchen Fällen auch mit. Laut "Mediendienst Integration" werde den Betroffenen der Termin der Abschiebung im Vorfeld nicht mitgeteilt.

Unter gewissen Voraussetzungen können Gerichte rund um die Abschiebung auch eine Haft anordnen. Etwa wenn sie davon ausgehen, dass die Person fliehen könnte oder von ihr Gefahr ausgeht.

Was passiert, wenn Abschiebungen scheitern?

Dann müssen die Behörden in der Regel weitere Versuche unternehmen, die Person anzutreffen und dann abzuschieben – gleichzeitig aber auch feststellen, ob sie untergetaucht ist oder nicht. In dem Zusammenhang könnte auch ein Haftbefehl ausgestellt werden.

Laut Bremer Innenbehörde scheitert eine Abschiebung am häufigsten, weil die Person nicht angetroffen wird oder weil sie weder einen Nationalpass noch einen Ersatz hat. "Ursache dafür ist häufig die fehlende Kooperationsbereitschaft einiger Herkunftsstaaten bei der Ausstellung von Passersatzpapieren und der Rückübernahme", heißt es von der Behörde auf Nachfrage von buten un binnen. Außerdem können eine gerichtliche Entscheidung oder die Stornierung des Flugs dazu führen, dass Abschiebungen nicht durchgeführt werden können. Im vergangenen Jahr sind insgesamt 100 Abschiebungen im Land Bremen gescheitert.

Radio-Bremen-Doku: So steht es um die deutsche Abschiebungsdebatte

Bild: Radio Bremen

Was ist der Unterschied zwischen einer Ausweisung oder Abschiebung?

Eine Abschiebung ist damit im Grunde genommen die Durchsetzung der Ausreisepflicht. Bei einer Ausweisung hingegen wird dem Ausländer der Aufenthaltstitel entzogen. Das geht laut Aufenthaltsgesetz nur, wenn der Mensch "die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet" – etwa wegen Straftaten gegen Leib und Leben, Widerstand gegen die Polizei, Aufruf zu Hass oder Mitgliedschaft bei einer kriminellen oder terroristischen Organisation. Gleichzeitig muss aber auch das Bleibeinteresse des Betroffenen einbezogen und gegen die Ausreisegründe abgewogen werden.

Ohne Aufenthaltstitel hat die Person dann kein Aufenthaltsrecht mehr. Das hat aber nicht zwingend zur Folge, dass sie auch das Land verlassen muss – auch hier könnte unter Umständen eine Duldung ausgesprochen werden.

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Quellen: buten un binnen und dpa.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 26. August 2024, 8:20 Uhr