Wundersamer Weiser: Von der Doppel-Nullnummer zu Werders Glücksgriff

Werders Weiser: "Versuche immer, die Jungs mitzureißen"

Bild: Gumzmedia | Andreas Gumz

Niemand wollte Mitchell Weiser. Nicht im vergangenen und nicht in diesem Sommer. Nur Werder sah etwas in ihm – und wird nun für seinen richtigen Riecher belohnt.

Für viele Fußball-Profis ist die Jagd nach Likes fast genauso wichtig wie jene nach Toren. Schließlich ist ein auffälliges Image in den sozialen Netzwerken heutzutage hilfreich für die eigene Vermarktung und sicherlich nicht schädlich für den eigenen Marktwert.

Mitchell Weiser tickt da ganz anders. Ein Profil bei Instagram hat der 28-Jährige zwar, aber seine eigene Realität beeinflussen die gestylten Hochglanz-Bilder und die Kommentare überhaupt nicht.

Social Media ist eine Welt, die nicht existiert, wenn man sie ignoriert.

Werder-Profi Mitchell Weiser

Keiner wollte Weiser

Weiser kümmert es nicht, was andere über ihn denken. Er hat auch kein Problem, mal den Netzwerk-Stecker zu ziehen. Das ist ihm nicht wichtig und wirkt erfrischend im mitunter sehr oberflächlichen Fußball-Geschäft.

Weisers sportliches Image ist ihm dagegen schon wichtig, doch da stand er bei vielen Vereinen zuletzt nicht hoch im Kurs. Bei Bayer Leverkusen aussortiert, keiner wollte Weiser. Schon vor einem Jahr hatte eigentlich nur Zweitligist Werder Bremen Interesse an ihm, also kam er.

Trikotnummer Doppel-Null

Mitchell Weiser läuft mit Karim Bellarabi zum Trainingsplatz.
Musste im Sommer erst einmal zurück zu Bayer Leverkusen, während die Verhandlungen mit Werder liefen: Mitchell Weiser (rechts). Bild: Imago | Rhr-Foto

"Es gab keine anderen Angebote", sagte Weiser damals verblüffend offen: "Es hat sich in einer halben Stunde entschieden, weil ich keine anderen Optionen hatte." In diesem Sommer nun das gleiche Spielchen. Werder bemühte sich um den Kauf der Leihgabe, doch bis die Verhandlungen perfekt waren, musste Weiser wieder in Leverkusen trainieren – und bekam die Doppel-Null als Trikotnummer verpasst. Mehr Demütigung geht kaum.

Weiser nahm es mit Humor und hat nun gut lachen. Denn inzwischen ist er aus der Bremer Stammelf nicht mehr wegzudenken, hat schon drei Vorlagen beigesteuert und am vergangenen Samstag sogar seinen ersten Treffer erzielt. Kurzum, für Werder ist Weiser ein Glücksgriff.

Wir sind froh, dass die Schlange von Interessenten für ihn im Sommer so klein war und wir zuschlagen konnten. Er passt mit seiner Art perfekt nach Bremen. Wir hatten ein gutes Auge und sind froh, dass der ein oder andere weggeguckt hat.

Werder-Trainer Ole Werner über Mitchell Weiser

Mit Vollgas und viel Übersicht

Auch Weiser selbst ist froh, dass es nach der schwierigen Phase nun in Bremen wieder aufwärts geht in seiner Karriere. "Für mich hat es sich ausgezahlt", betonte er unter der Woche. "Ich gehe auf dem Platz mit meiner Erfahrung voran. Ich versuche immer, die Jungs mitzureißen und fordere auch viel von ihnen ein."

Dass es bei Aufsteiger Werder bisher so erstaunlich gut läuft, ist auch Weisers Rolle auf der rechten Seite zu verdanken. Immer mit Vollgas und viel Übersicht zeigt er konstant gute Leistungen. Auftritte, die ihm andere Vereine nicht zugetraut hatten.

Schadenfreude? Fehlanzeige

"Er ist schon über eine lange Zeit in einer Super-Verfassung und seine mentale Stabilität tut uns enorm gut", lobte Trainer Ole Werner. Weiser ist angekommen, doch Schadenfreude ist ihm fremd.

Ein kesser Post bei Instagram, um es seinen Kritikern zu zeigen? Nicht sein Stil. Doch obwohl ihm diese Welt nicht so wichtig ist, wird er einem seiner Follower mit dessen Kommentar sicherlich recht geben: "Werder ist der richtige Verein für dich", schrieb dieser.

Werder legt Erfolgsspiel hin: Trainer Werner bleibt bescheiden

Bild: Gumzmedia | Andreas Gumz

Mehr zum Thema:

Autorin

Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 4. Oktober 2022, 18:06 Uhr