Fragen & Antworten

Polizei, Feuerwehr, Politik: Verlassen Bremer Behörden Twitter?

Ein Smartphone, darauf ein Account der Polizei Bremen zu sehen.

Digitalexperte Jörg Schieb über "Threads" als Alternatíve zu "Twitter"

Bild: Radio Bremen | Birgit Reichardt

Die Reichweite auf Twitter ist für Bremer Behörden und Politiker wichtig. Doch wie reagieren auf die Veränderungen bei Twitter?

Erstmals merken Nutzer die Folgen der Maßnahmen von Twitter-Eigentümer Elon Musk: Menschen, die den Dienst intensiv nutzen, können nicht mehr alle Nachrichten lesen, weil deren Anzahl begrenzt wurde – es sei denn, man zahlt. Den blauen Haken, der die Seriösität des Twitter-Accounts für besondere Persönlichkeiten oder Einrichtungen bescheinigte, kann sich jetzt jeder kaufen. Wer ein Tool wie Tweetdeck nutzt, um Nachrichten zu sortieren, soll dafür zahlen.

Was heißt das für Behörden und Personen aus Politik, Wissenschaft und Medien – auch in Bremen und Bremerhaven – die seit mehr als einem Jahrzehnt über Twitter Informationen veröffentlichen und so viele Menschen erreichen.

Wir haben Bremer Behörden wie Feuerwehr und Polizei sowie die Politik im Land plant, gefragt, ob sie für den Dienst Twitter bezahlen würden, ihren Account aufgeben oder wechseln wollen.

Wollen Bremer Behörden Twitter verlassen?

So kategorisch wollen viele Stellen in Bremen das noch nicht sagen. Viele beobachten die Lage, versuchen sich breit aufzustellen. Mancherorts baut man Parallel-Accounts auf. Zum Beispiel bei der Bremischen Bürgerschaft. "Parallel zu Twitter sind wir seit Dezember auch auf Mastodon vertreten", teilt Pressesprecherin Rebekka Stuhrmann auf Anfrage mit. Für den Dienst gebe es einen Server beim Bund, an den auch die Bremische Bürgerschaft angedockt sei. "Da weiß man, was mit seinen Daten passiert", sagt Stuhrmann. Das ist der größte Unterschied des Dienstes zu Twitter.

Auf vielen Kanälen ist auch die Senatspressestelle vertreten. "Wir beobachten die Situation ständig, werden aber – Stand jetzt – auf Twitter aktiv bleiben", sagt Senatspressesprecher Christian Dohle. Die Senatspressestelle ist neben Twitter auch auf Facebook, Instagram, LinkedIn und Mastodon vertreten. "Das aber ist keine Reaktion auf die jüngsten Veränderungen bei Twitter. Vielmehr geht es darum, alle Kanäle zu nutzen, um möglichst viele Menschen zu erreichen."


Der Senat hat vor allem in der Corona-Krisenzeit viele Menschen über Twitter schnell erreicht.

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Bei der Polizei Bremen beobachte man stetig den Markt und prüfe, inwiefern andere Plattformen relevant seien, teilt Pressesprecher Bastian Demann mit. "Aktuell gibt es jedoch noch keine konkreten Bestrebungen, Twitter, auch aufgrund der noch sehr hohen Reichweiten, nicht mehr zu nutzen."

Auch bei der Bremer Feuerwehr ist man noch in einer Prüfungs- und Abwägungsphase: "Wir haben uns in dem Netzwerk der Berufsfeuerwehren bereits mit den Änderungen befasst, aber für die Feuerwehr Bremen da noch keine abschließende Bewertung vollzogen. Die Sozialen Netzwerke Instagram, Facebook und Co. kommen aus unserer Sicht aufgrund der dynamischen Algorithmen nicht oder weniger als Alternative zu Twitter in Frage", sagt Pressesprecher Christian Patzelt. Daher beschäftige sich die Feuerwehr durchaus mit anderen Netzwerken.

Auch beim Versorgungsdienstleister SWB beobachtet man die Lage genau. "Wir diversifizieren einen Teil der Kommunikation bereits auf andere Kanäle wie LinkedIn oder Instagram. Die potenziellen direkten Alternativplattformen sind aktuell aber kein konkretes Thema für die SWB", teilt Sprecher Alexander Hesse mit.

Wie beeinflussen die Änderungen die Arbeit der Behörden?

Misslich findet man in der Pressestelle der Bürgerschaft, dass die Anzahl von Tweets, die man sich als Nutzer ansehen kann, nun begrenzt ist. "In der Krisenkommunikation wie zum Beispiel während der Corona-Pandemie muss man auch minütlich informieren", gibt Pressesprecherin Stuhrmann zu bedenken.

Die Veränderungen bei Twitter hätten bislang keine Auswirkungen für die eigene Arbeit, heißt es hingegen aus der Senatspressestelle

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Auch bei der Polizei und der SWB sieht man sich derzeit nicht eingeschränkt. "Die Polizei Bremen verfügt über einen grauen Verifizierungshaken (graue Haken sind Regierungsstellen vorbehalten, d. Red.), sodass wir von den Beschränkungen und möglichen Kosten derzeit nicht betroffen sind", sagt Bastian Demann, Pressesprecher der Polizei Bremen.

Elon Musk auf einem Monitor, dahinter die Twittervögel
Elon Musk gehört Twitter. Weil Werbekunden zurückhaltend sind, will er andere Wege finden, um Geld zu verdienen. Bild: dpa | AA/Osmancan Gurdogan

Wie wichtig finden Bremer Behörden Twitter überhaupt?

"Twitter ist unser reichweitenstärkster Kanal mit mehr als 7.000 Followern. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, da zu sein, wo die Menschen sind, deshalb sind wir weiter bei Twitter vertreten", sagt Bürgerschaftssprecherin Stuhrmann.

Wichtig ist der Dienst auch für die Senatspressestelle. Die hatte in den vergangenen Jahren durch mehrere Krisen verstärkten Kommunikationsbedarf. "In den Krisenzeiten der vergangenen Legislaturperiode – vor allem in der Pandemie aber auch während der Energiepreiskrise – war Twitter ein unverzichtbares Kommunikationsmittel, um die Bevölkerung schnell und direkt zu informieren", fasst Senatssprecher Dohle zusammen. "Wir halten es auch deshalb für unerlässlich, Twitter, Facebook, Instagram etc. mit einer entsprechenden Reichweite aufrechtzuerhalten, um im Fall einer neuerlichen Krise mit der Bevölkerung kommunizieren zu können."

Auch bei der Feuerwehr Bremen schätzt man die Schnelligkeit, mit der man bei Twitter Nachrichten verbreiten kann: "Wir nutzen Twitter vor allem für die kurzfristige Echtzeit-Kommunikation zu Einsätzen, Unwetterereignissen etc. Für genau diese Zwecke ist Twitter ein sehr wertvoller Bestandteil unserer Kommunikation. Natürlich spielen wir auch anderen Content über Twitter aus, das aber nur im Sinne der Reichweitenverlängerung."

Alexander Hesse, Leiter Medien bei der SWB, betont ebenfalls die Wichtigkeit des Dienstes für das eigene Unternehmen: "In den vergangenen Jahren war Twitter für uns ein zentraler Kommunikationskanal, besonders im Bereich der Störungskommunikation, da uns die offene, transparente und direkte Kommunikation mit unseren Kundinnen und Kunden sowie Medien sehr wichtig ist." Man prüfe aber Alternativen.

  • Twitter-Alternativen

    Elon Musk baut Twitter um. Inzwischen können Mensche, die das Netzwerk intensiv nutzen, das auch spüren. Weil sie zum Beispiel weniger Tweets lesen können. Was ist die Alternative?

Ist die Bezahlvariante von Twitter eine Option?

Ein klares "Nein" kommt von der Senatspressestelle. Das gilt zumindest aktuell. "In Krisenzeiten könnte es gut sein, dass die Abwägung anders ausfällt", sagt Dohle. Auch bei der Bürgerschaft schließt man dies im Moment aus. "Seit ein paar Monaten haben wir keinen blauen Haken mehr. Dass wir dafür zahlen, kommt aber nicht in Frage. Wir sind bereits als Kanal etabliert und haben dadurch keine Einbuße an Seriösität", sagt Sprecherin Stuhrmann. Auch bei der SWB hat man sich aktuell dagegen entschieden, für Twitter zu zahlen. Bei der Feuerwehr habe man diese Frage noch nicht bewertet, heißt es.

Autorin

  • Patel Verena
    Verena Patel Redakteurin und Autorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 11. Juli 2023, 16:18 Uhr