85 Jahre und macht Zicken: Der Dampfeisbrecher Wal und seine Kümmerer
So wird der Dampfeisbracher "Wal" von Ehrenämtlern in Schuss gehalten
Traditionsschiffe zu erhalten, kostet viel Geld. In Bremerhaven kümmern sich auch Ehrenamtliche um sie. Bremen-Eins-Reporterin Sina Derezynski hat sie auf dem Dampfeisbrecher Wal besucht.
Nevio Cukon schneidet Zwiebeln in der Kombüse: "Ich bin ein alter Seemann, ich war elf, zwölf Jahre auf See und irgendwie hat mir danach etwas gefehlt", sagt er. "Dann bin ich hier gelandet." Cukon ist Koch auf dem Dampfeisbrecher Wal, er arbeitet ehrenamtlich. Jeden Dienstag und Donnerstag komme er und koche für die Mannschaft, die genau wie Cukon ehrenamtlich arbeitet.

"Heute gibt es mediterrane Kartoffeln", erzählt er, "schön mit Rosmarin, getrockneter Tomate, Zwiebeln und Knoblauch." Für das leibliche Wohl ist gesorgt, so können alle anderen gut anpacken. An allen Ecken wird gearbeitet, gestrichen, das Deck geschrubbt, die Maschinen geölt, Messing poliert und die nächste Reise geplant.
Jedes Ersatzteil fürs Schiff von Hand angefertigt
Kapitän Ingo Daul weiß, was jeder der rund 25 aktiven Ehrenamtlichen hier mitbringt: "Die machen das mit Herzblut. Es gibt aber auch nur noch wenig Leute, die sich noch mit solchen alten Dampfmaschinen auskennen", erklärt er. "Das ist eine Rarität, dieses technische Denkmal wollen wir auch erhalten."

Historische Schiffe zu erhalten, zu warten und zu pflegen, kostet viel Geld. Schnell kommen dabei hohe Summen zusammen, für die das Land Bremen, die Stadt Bremerhaven oder der Bund aufkommen muss. Der Dampfeisbrecher Wal ist somit auch immer auf Spenden und finanzielle Unterstützungen angewiesen sagt Kapitän Daul: "Unsere Arbeitskraft alleine würde nicht reichen, denn wenn hier mal wirklich was kaputt geht, kann man nicht so wie mit unseren Autos in die Werkstatt gehen und dann holt einer das Ersatzteil aus dem Regal. Bei uns müssen Ersatzteile, wenn sie denn kaputt gehen, von Hand extra angefertigt werden, weil es keine Ersatzteile mehr für dieses Alter von Schiffen gibt."
Wal-Crew: Traditionsschiffe in Bremerhaven erhalten
Und das ist natürlich teuer – umso mehr ist Daul begeistert von dem Einsatz, den seine ehrenamtliche Mannschaft zeigt. "Die Schiffe heute sind gebaut worden, sollen zwanzig Jahre halten, dann werden sie verschrottet", sagt er.
Das der hier noch mit 85 Jahren fährt, das ist also wirklich 'ne Leistung der Besatzung, die wirklich jedes Jahr wieder von vorne anfängt zu arbeiten, um alles zu erhalten.
Ingo Daul, Kapitän Dampfeisbrecher Wal
Das ist viel Arbeit, kostet viel Geld und scheint eine Mammutaufgabe zu sein. Doch trotzdem sind sich die Ehrenamtlichen einig, Kesselchief Wolfgang Graf findet, die Traditionsschiffe sollten erhalten bleiben. "Die Schachtelschiffe an der Stromkaje sind für die Touristen natürlich sehr interessant, aber die haben sehr wenig noch mit dem maritimen Charakter zu tun", sagt Graf. Aber von Traditionsschiffen in Hamburg, Emden, Leer oder hier in Bremerhaven seien die Menschen immer begeistert. "Deshalb sollte man diese Schiffe auch erhalten, weil das ja auch immer ein Stück Historie ist."
Und genau deshalb wollen die ehrenamtlichen Mitarbeiter auf dem Dampfeisbrecher aus dem Jahr 1938 auch weiterhin tatkräftig mit anpacken und das alte Traditionsschiff hegen und pflegen. "Also unsere alte Dame ist 85 Jahre alt. Sie zickt zwar manchmal, aber wir kriegen sie immer wieder in Gang."
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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 8. Juni 2023, 9:10 Uhr