Fragen & Antworten

Bei Grün an die Nordsee: So sollen Ampeln gegen volle Strände helfen

Seit Corona liegt Urlaub in Deutschland im Trend, gerade die Nordsee ist gefragt. Damit sich Gäste nicht auf die Pelle rücken, startet nun ein digitales Besuchermanagement mit Lasertechnik.

Was hat es mit den neuen Ampeln an der Nordsee auf sich?

Die Einführung eines digitalen Besuchermanagementsystems soll Gästen und Einheimischen zeigen, wo gerade wie viel los ist. Mit dem Ampelsystem können Besucher dann entscheiden, ob sie wirklich einen Strandabschnitt wählen wollen, an dem schon Tausende andere sitzen und wo möglicherweise alle Strandkörbe und Parkplätze belegt sind – oder, ob sie sich lieber ein weniger bekanntes und überlaufenes Ziel suchen.

Das System ist Teil der "Digitalisierungsstrategie Corona für die niedersächsische Nordseeküste", die der Zusammenschluss der Küstenorte, Die Nordsee GmbH, bereits vor einem Jahr angeschoben hat. Nun starten die Ampeln in den ersten Gebieten. Noch in dieser Saison soll es auch an der Wurster Nordseeküste, in Cuxhaven, in Norden-Norddeich und in Dorumersiel losgehen. Beteiligt sind ebenfalls Otterndorf und Bad Bederkesa. Bremerhaven hofft, sich kurzfristig an dem Projekt beteiligen zu können.

Ein Mann zeigt einer Frau etwas auf einem Bildschirm.
Die Auslastung an Stränden soll in Echtzeit mobil und über Bildschirme zu sehen sein. Bild: Tourismus-Service Butjadingen GmbH & Co. KG

Und wie soll das System funktionieren?

Mit Hilfe von Vermessungstechnik. Lasersensoren erfassen das Gelände und können erkennen, ob da ein Auto steht oder Besucher herumlaufen. Auf diese Weise erhebt das System Informationen zur Lage an den Zielen. Butjadingen, Wangerland und Wilhelmshaven sind die ersten Orte, die die nötigen Bewegungsdaten sammeln. Die Informationen können Besucher in Echtzeit mobil über die Webseiten der Orte und eine Web-App abrufen oder vor Ort auf Monitoren einsehen. Ein Ampelsystem signalisiert, wie ausgelastet die Strände und andere touristische Ziele sind. Wird die Auslastungsgrenze erreicht, werden den Gästen auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Alternativen vorgeschlagen.

Die Strategie umfasst außerdem digitale Gästekarten als Ergänzung zur klassischen Kurkarte aus Papier. Damit weisen Besucher nach, dass sie ihren Gästebeitrag bezahlt haben und bekommen Ermäßigungen. Seit Ostern geht dies in Butjadingen, Wangerland, Otterndorf sowie an der Wurster Nordseeküste per Smartphone.

Hat die Technik Nachteile für Mensch und Umwelt oder den Datenschutz?

Das Projekt ist datenschutzkonform und entspricht der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), sagen die Betreiber. Eine Videoüberwachung wird es demnach nicht geben, ebenso werden keine Fotos gemacht. Stattdessen werden die Bewegungsdaten von Sensoren gemessen. Eines dieser Messinstrumente erschafft 3D-Bilder worin eine Software erkennt, ob es sich um eine Person oder ein Fahrzeug handelt. Die eingesetzte Technik ist den Angaben zufolge zertifiziert und für Mensch und Umwelt völlig ungefährlich.

Wofür soll die digitale Strategie noch nützlich sein?

Die Nordsee GmbH argumentiert mit einem besseren Service für Besucher. Allerdings sind die Informationen auch für diejenigen interessant, die vom Tourismus leben: Weniger bekannte und angesteuerte Orte könnten mehr Gäste abbekommen als bisher. Die neuen Möglichkeiten können außerdem sinnvoll sein, um Besucherströme zu steuern und dadurch zu entzerren, sagen die Touristiker. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie habe diesen Nutzen gezeigt. Hotspots könnten so vermieden werden. Die Daten werden zudem intern genutzt, etwa für Veranstaltungsplanungen. Außerdem soll ein Prognosemodul aus Wetter-, Gezeiten- oder Vorjahresinformationen die Auslastungen vorhersagen.

Die Kommunen lassen sich das System was kosten: Die Nordsee GmbH investiert über vier Jahre eine halbe Million Euro, hinzu kommt Geld von den einzelnen Orten – insgesamt zwei Millionen Euro. Niedersachsen fördert die Digitalisierungsstrategie mit rund 1,3 Millionen Euro. Das sei in dieser Dimension bisher deutschlandweit einzigartig, sagt die Gesellschaft. Ähnliche Systeme gibt es bereits an der Ostsee, zum Beispiel in Scharbeutz oder an Lübecker Bucht.

Autorinnen und Autoren

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 2. Mai 2022, 7:40 Uhr