Tote Tamara T.: Verteidigung fordert maximal 9 Jahre Haft

Mehrere Personen sitzen an Tischen, ein Mann verdeckt sein Gesicht mit einem Ordner.
Der Angeklagte im Fall Tamara T. hält sich einen Aktenordner vor sein Gesicht. Bild: Radio Bremen | Steffen Hudemann

Der Anwalt des Angeklagten hat in seinem Plädoyer auf dessen Geständnis verwiesen. In dem Mordprozess fordert der Staatsanwalt mehr als zehn Jahre Haft. Ein Rückblick auf die Tat.

Im Prozess um die getötete Tamara T. aus Bremerhaven hat der Verteidiger des Angeklagten eine Strafe von maximal neun Jahren gefordert. In seinem Plädoyer verweist er auf das umfassende Geständnis seines Mandanten und auf dessen Einsicht. Seiner Ansicht nach wäre die Unterbringung im Maßregelvollzug angebracht, um dem Mandanten die Möglichkeit zu geben seine Alkoholsucht zu therapieren. Die Tat liegt nun mehr als ein Jahr zurück.

Am Abend des 26. August 2022 trafen sich den Angaben der Behörden zufollge Tamara T. und der damals 32 Jahre alte Enrico N. vor einem Supermarkt in Bremerhaven. Einige Stunden später war die 45-Jährige tot. Was in der Zwischenzeit passiert war, ist die Frage, mit der sich die dritte große Strafkammer des Bremer Landgerichts seit dem Prozessauftakt im April beschäftigt.

Sicher ist: Der Abend beginnt vor dem Supermarkt "Roter Sand", in der Nähe des Hafens. Der Supermarkt hat 24 Stunden geöffnet. "Montag 6 Uhr bis Samstag 24 Uhr", steht über dem Eingang. Hafenarbeiter, Lastwagenfahrer, Seeleute kaufen hier rund um die Uhr ein, aber auch Menschen, die spät noch Alkohol und Zigaretten wollen – so wie Enrico N., Tamara T. und David S., der Dritte im Bunde, der im Prozess als Zeuge aussagt.

Zu dritt mit Bier und Korn im Grünen

In einer Grünanlage in der Nähe lassen sich die drei nieder, hören Musik und kehren mehrmals zum Supermarkt zurück, um Nachschub zu holen: Bier und Zigaretten, Mixgetränke und Korn. Das letzte Mal wohl gegen ein Uhr nachts. Irgendwann macht sich David S. auf den Weg nach Hause. Tamara T. und Enrico N. ziehen weiter. Sie wollen in seine Wohnung in einem Hochhaus in Bremerhaven-Mitte. Was genau dort passiert ist, bleibt auch nach Abschluss der Beweisaufnahme unklar.

Polizisten sperren Bereich ab
Im Ortsteil Geestemünde hat ein Passant vor einem Jahr den Leichnam vom Tamara T. gefunden. Bild: dpa | Fotograf nicht genannt

Sicher ist, dass Tamara T. am Ende dieser Nacht tot ist. Enrico N. verschickt am nächsten Tag ein Foto von der Leiche an zwei Bekannte. Als Täter kommt außer dem Angeklagten niemand in Frage. Das hat er im Verlauf des Prozesses eingeräumt. Im Kern träfen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zu. Er könne sich daran erinnern, dass das spätere Opfer in seiner Wohnung gewesen sei, dass etwas mit einem Gürtel passiert sei und er die Leiche der Frau später in Müllsäcke verpackt habe. Mehr wisse er nicht mehr.

Angeklagter sei zu betrunken gewesen, um sich zu erinnern

Zeugen berichten, dass Enrico N. ein anderer Mensch werden konnte, wenn er getrunken hatte, dass er öfter unter Alkoholeinfluss aggressiv geworden sei. Aber was ihn dazu bewegt haben könnte, Tamara T. in jener Nacht zu töten, dazu kann oder will der Angeklagte nichts sagen. Er sei zu betrunken gewesen, um sich zu erinnern.

Knapp zwei Wochen später findet ein Passant die Leiche mit Zweigen und Laub bedeckt in einem Gebüsch in der Nähe der Geeste. Gerichtsmediziner Benjamin Ondruschka untersucht den Leichnam. Obwohl die Verwesung der Leiche bereits begonnen hat, findet er Verletzungen vor allem am Hals. Tamara T. ist erstickt, wurde erdrosselt, vermutlich mit einem Stoffgürtel.

Rechtsmediziner Ondruschka führt vor Gericht aus, was das bedeutet. Das gehe nicht so schnell, wie sich das vielleicht mancher Krimi-Zuschauer vorstelle.

Jemanden zu erdrosseln, dauert drei bis fünf Minuten.

Benjamin Ondruschka, Gerichtsmediziner

Ein qualvoller Tod. Hinweise auf sexualisierte Gewalt kann der Rechtsmediziner nicht entdecken. Tamara T. sei stark alkoholisiert gewesen, mehr als zwei Promille müsse sie im Blut gehabt haben.

Nach dem Fund der Leiche sucht die Polizei in Bremerhaven mit Plakaten nach Hinweisen. Über Zeugenaussagen und die Fotos einer Überwachungskamera im Supermarkt, kommt sie auf die Spur von Enrico N.. Mitte Oktober stellt er sich.

Ein knappes Jahr später fällt nun das Urteil. Die Staatsanwaltschaft fordert zehn Jahre und zwei Monate Haft wegen Totschlags. Aufgrund der starken Alkoholisierung sei der Angeklagte vermindert schuldfähig.

Rückblick: Angeklagter gesteht im Prozess um getötete Tamara T.

Bild: Radio Bremen

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  • Steffen Hudemann
    Steffen Hudemann Autor

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 12. September 2023, 19:30 Uhr