Steuerzahlerbund: 3 Fälle, in denen Bremen Geld zum Fenster rauswirft

Folie wird an dem Segelschiff "Seute Deern" hochgezogen.
Bild: dpa | Sina Schuldt

Der Steuerzahlerbund kritisiert den millionenschweren Nachbau der Bremerhavener "Najade". Weitere Fälle kommen aus Bremen – Kritikpunkte, die nicht unwidersprochen bleiben.

Bei der Suche nach mutmaßlich verschleuderten Steuergeldern ist der Bund der Steuerzahler erneut auch im Land Bremen fündig geworden. Der Verein bezifferte die Verschwendung zusammen mit Niedersachsen auf 110 Millionen Euro, wie aus dem nun veröffentlichten Schwarzbuch hervorgeht. Darin listet der Verein jährlich Fälle auf, in denen seiner Auffassung nach öffentliche Mittel verschwendet wurden.

1 46 Millionen Euro für Bremerhavener Schiffsneubau

Problematisch findet der Bund der Steuerzahler die Summe von 46 Millionen Euro für einen Schiffsneubau. Diesen Betrag hatte der Bund 2022 für den Nachbau eines frühen und ursprünglich in Bremerhaven gebauten Segelschiffs mit Stahlrumpf, der "Najade" zugesagt. Das Schiff soll den historischen Holzsegler "Seute Deern" in Bremerhaven ersetzen. Diese war 2019 im Alten Hafen vor dem Deutschen Schifffahrtsmuseum (DSM) gesunken, ein Neubau erwies sich als zu teuer. So entschied man sich für ein anderes Schiff als Touristenattraktion – aus Sicht des Steuerzahlerbundes "ein x-beliebiges Stahl-Segelschiff ohne historisch nennenswerte Bedeutung für Deutschland oder für die Seestadt Bremerhaven".

In Bremerhaven lässt sich eigentlich kein öffentlicher Befürworter für die "Najade" finden.

Jan Vermöhlen, Vorstandsmitglied des Bundes der Steuerzahler in Niedersachsen und Bremen

Aus der Idee, von überschüssigem Geld andere sanierungsbedürftige Schiffe des DSM zu restaurieren, werde laut Vermöhlen auch nichts, weil das Geld dafür nicht freigegeben werde. Auch der Bundesrechnungshof forderte einen Stopp des Nachbauprojektes: Es sei "nicht auszuschließen, dass die 'Najade' zu einer Förderruine werden könnte", hieß es. "Unserer Meinung nach wäre es einfach, den Beschluss über die Fördergelder zurückzunehmen", meint Vermöhlen. "Das Planungsgeld ist zwar weg, aber der Rest wäre noch zu retten."

Die Stadt hingegen betont den Wert der "Najade" als bedeutsamer Frachtsegler mit historischem Bezug zu Bremerhaven und die Chance, diesen für die Öffentlichkeit erlebbar zu machen. An Bord sollen unter anderem das Leben der Seeleute sowie der Welthandel im 19. Jahrhundert dargestellt werden. So könne auch das nationale maritime Kulturerbe bewahrt werden, sagte eine Magistratssprecherin. Dass der Bund die Vollfinanzierung des Nachbaus übernehme, zeige ein bundesweites Interesse.

Derzeit erstellt die Stadt ein Nuntzungs- und Betriebskonzept. Das DSM verwies darauf, es letztendlich nicht selbst in der Hand zu haben, da das Projekt von der Stadt eingebracht worden sei. Inhaltlich habe sich Leiterin Ruth Schilling bereits dahingehend geäußert, dass ein Projekt wie die "Najade" nur Sinn mache, wenn das Museum auch sonst durchsaniert sei. Für Schiffssanierungen brauche es auch künftig Drittmittel, so ein Museumssprecher. Derzeit würden nun laufende Kosten zur "Najade" ermittelt und dann der Stadt vorgestellt. Abschließend müsste demnach auch noch der Stiftungsrat des Museums "grünes Licht" geben.

2 Kritik an Freikarte: 12,7 Millionen Euro hätten in die Bildung fließen sollen

Außerdem kritisiert der Bund der Steuerzahler "Geldgeschenke für junge Leute": Wer in diesem Jahr in Bremerhaven seinen 18. Geburtstag feiert, bekomme bis zu 500 Euro an Guthaben vom Staat geschenkt – über die "Freikarte" des Landes Bremen, die "KuS-App" der Stadt Bremerhaven und den "Kulturpass des Bundes". Die Guthaben sind für Angebote aus den Bereichen Kultur und Sport abrufbar. Für die Freikarte habe das Land Bremen 12,2 Millionen Euro ausgegeben, die Stadt Bremerhaven für die Guthaben der KuS-App nochmal 520.000 Euro, sagt Vermöhlen.

Unserer Meinung nach wäre dieses Geld besser dafür ausgegeben worden, um durch die Pandemie entstandene Bildungslücken zu schließen.

Jan Vermöhlen, Vorstandsmitglied des Bundes der Steuerzahler in Niedersachsen und Bremen

Als Begründung für ihre Kritik äußert der Steuerzahlerbund vor allem, dass die Guthabenkarten aus den für die Corona-Pandemie gewährten Krediten finanziert wurden.

Die Senatskanzlei verweist zur Erklärung für die Freikarte auf eine Untersuchung des Bundesministeriums für Frauen, Soziales und Jugend. Demnach fühlen sich sieben von zehn Kindern und Jugendlichen in Deutschland auch im dritten Jahr nach Beginn der Pandemie von den Folgen gestresst. Die Freikarte setze hier an und leiste einen wichtigen Beitrag, Kinder und Jugendliche unabhängig von der finanziellen Situation aus der Isolation zu holen, so ein Sprecher.

Der Anlass bestehe also fort, ebenso der Zusammenhang mit Corona. Den Start einer Freikarte 2.0 ab kommendem Jahr hat der Senat nun beschlossen. Details zur Finanzierung seien noch zu klären.

Bremens Bürgermeister Bovenschulte weist Kritik an Freikarte zurück

Bild: Radio Bremen

3 85.000 Euro für Einladungen via Dialogpost

Schließlich hat der Verein noch einen Fall von "zusätzlicher Wahlwerbung auf Steuerzahlerkosten" ausgemacht. Die Senatskanzlei habe Einladungen für regelmäßige Veranstaltungen in den Stadtteilen, bei denen man mit dem Bürgermeister persönlich in Kontakt kommen kann, per Post verschickt.

Ab Mai 2022 wurde von einer anonymen Postwurfsendung auf direkt an Bewohnerinnen und Bewohner adressierte Einladungen per Dialogpost umgestellt. Bei der Zustellung über Dialogpost ist das Porto dreimal so hoch. Es ist zumindest ungewöhnlich, dass eine Senatskanzlei solche Einladungen per Post verschickt.

Jan Vermöhlen, Vorstandsmitglied des Bundes der Steuerzahler in Niedersachsen und Bremen

Ein Großteil dieser Einladungen mit einem Porträt von Andreas Bovenschulte seien wohl im letzten Jahr vor den Bürgerschaftswahlen 2023 versandt worden. 85.000 Euro sollen diese Einladungen insgesamt gekostet haben.

Laut Senatskanzlei sind zu insgesamt zehn von zwölf Bürgerversammlungen zwischen Oktober 2021 und Februar 2023 Einladungen per Post verschickt worden. Insgesamt seien 175.300 Haushalte mit persönlich adressierten Briefen angeschrieben worden. Dies sei in der heißen Wahlkampf-Phase drei Monate vor der Bürgerschaftswahl nicht zulässig – in dieser Zeit hätten keine Bürgerversammlungen stattgefunden, es seien auch keine Einladungen verschickt worden.

Der laut Senatskanzlei große Zuspruch bei den Bürgerversammlungen habe gezeigt, dass es gerade nach Corona und in der Energiepreiskrise einen großen Bedarf an einem persönlichen Austausch gegeben habe. Ziel sei es gewesen, allen Bremerinnen und Bremern die Teilnahme an den Bürgerversammlungen zu ermöglichen, so die Senatskanzlei.

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Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 17. Oktober 2023, 15:10 Uhr