Abtreibung legalisieren? Das wünschen sich 2 Bremerinnen mit Erfahrung
Auch frühe Schwangerschaftsabbrüche sind rechtswidrig. Jetzt empfiehlt eine Expertenkommission diese zu entkriminalisieren. Zwei Bremerinnen erzählen, wie ihnen das geholfen hätte.
Sarahs* Geschichte beginnt im Mai vergangenen Jahres. Schon früh merkt sie, dass ihre Periode ausbleibt: Sie ist schwanger. Bedenkzeit braucht die 30-Jährige nicht, ihr ist schnell klar: Sie will einen Schwangerschaftsabbruch. Den Weg dahin beschreibt die Bremerin als "Glück im Unglück". Sie sei trotz des Drucks, der mit einem Abbruch einhergeht, in einer sehr privilegierten Situation gewesen, erzählt sie. Oft seien Abbrüche nicht für jeden zugänglich, wegen sprachlicher oder finanzieller Hürden.
Es war eine belastende Situation, weil ungewollt schwanger sein nie schön ist. Zumindest werden hier aber Abbruchmöglichkeiten angeboten und ich konnte mir Infos zusammensuchen. Ich hatte großes Glück.
Sarah*, 30 Jahre, aus Bremen
Sollen frühe Abtreibungen legal sein?
Denn ein Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland nach wie vor ein Straftatbestand und damit rechtswidrig. Er bleibt aber straffrei, wenn der Abbruch in den ersten zwölf Wochen stattfindet. Doch der Paragraph 218 steht erneut heftig in der Diskussion: Eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission hat sich jüngst für eine Entkriminalisierung von Abtreibungen in der Frühphase der Schwangerschaft ausgesprochen – und stellt damit infrage, ob der Paragraph noch zeitgemäß ist.
Mit der aktuellen Rechtslage geht einher, dass jede Frau, die in Deutschland einen Schwangerschaftsabbruch durchführen möchte, eine sogenannte Schwangerschaftskonfliktberatung besuchen muss. Dort wird die Betroffene unter anderem über die verschiedenen Abtreibungsmöglichkeiten aufgeklärt, aber auch die finanzielle Unterstützung, sollte sich die Schwangere doch für ein Kind entscheiden. Gerade den verpflichtenden Gang zur Beratungsstelle empfand Sarah als demütigend – nicht zuletzt, weil sie sich ihrer Entscheidung zu dem Zeitpunkt bereits sicher war.
Das man überhaupt zu diesem Gespräch gehen muss, war eine Zumutung für mich. Das war ein Einschnitt in meine Selbstbestimmung, für mich war es eine Zwangsberatung.
Sarah*, 30 Jahre alt, aus Bremen
Auf Ablehnung trifft Sarah in ihrem Umfeld nicht, im Gegenteil: Familie und Freunde unterstützen sie. Eine befreundete Gynäkologin führt den Abbruch bei ihr durch.
Bremerin fühlte sich wie eine Kriminelle
Die 28-jährige Lena* aus Bremen verhütet mit der Hormonspirale. Als ihre Periode 2018 ausbleibt, ist ihr zuerst nicht klar, ob sie denn nun schwanger ist. Eine Woche lang lebt sie in Unsicherheit, muss jeden Tag zur Ärztin und Blut abnehmen lassen, bevor diese die Schwangerschaft am Telefon bestätigt. Auch für Lena ist klar: Sie möchte abtreiben, ihr damaliger Partner und sie fühlen sich nicht bereit für ein Kind.
Die Suche nach einer Ärztin oder einem Arzt wird für Lena* zur Qual. Sie stößt auf viel Ablehnung und fühlt sich kriminalisiert, weil sie erst mit sehr viel Mühe Hilfe vom medizinischen Personal bekommt.
Ich bin nicht die erste Frau, die trotz Spirale schwanger wird. Deshalb verstehe ich nicht, warum die erste Reaktion der Ärztinnen und Ärzte war: Wenn Sie es schon machen, dann bitte im Dunkeln und da, wo es keiner mitkriegt.
Lena*, 28 Jahre, aus Bremen
Erfolg hat Lena erst bei der Beratungsstelle Pro Familia, die ungewollte schwangere Frauen in Bremen berät und im medizinischen Zentrum auch Schwangerschaftsabbrüche anbietet. Dort findet auch Lenas Schwangerschaftsabbruch statt – noch heute beschreibt sie diese Entscheidung als befreiend und richtig.
Lena und Sarah wünschen sich neue gesetzliche Regelung
Lena und Sarah vereint trotz unterschiedlicher Erfahrungen eine Erkenntnis: Ihnen hätte eine Entkriminalisierung – wie sie die Expertenkommission der Bundesregierung jetzt vorschlägt – geholfen. Beide Frauen finden, dass ein Schwangerschaftsabbruch in Zukunft zur medizinischen Grundversorgung gehören sollte. Sie hoffen, dass Schwangerschaftsabbrüche so weniger schambehaftet sind und Frauen schneller medizinische Hilfe bekommen. Denn Lena ist sich sicher: "Abgetrieben wird auch mit Verbot, die Frage ist nur, wie sicher das gesundheitlich für die Frauen ist."
*Die Namen der Frauen sind der Redaktion bekannt, wurden aber auf deren Wunsch geändert.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 15. April 2024, 19:30 Uhr