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Diese Forscherin ist bald im Eis der Arktis gefangen

Ellen Damm nimmt an einer einzigartigen Expedition des Bremerhavener Forschungsschiffes Polarstern teil. Im Interview erzählt die vierfache Mutter, was sie an Bord erwartet.

Die Forscherin Ellen Damm steht auf der Brücke des Forschungsschiffes Polarstern und blickt in die Kamera.
Ellen Damm fährt schon seit 25 Jahren regelmäßig in die Arktis. Bild: Radio Bremen | Sonja Klanke

Die bisher größte Forschungsexpedition in der Arktis steht bevor: Am 20. September startet der deutsche Forschungseisbrecher Polarstern im norwegischen Tromsø in Richtung Arktis. Dort angekommen bestimmt die Natur den Weg. Die Wissenschaftler lassen die Polarstern einfrieren und driften dann ein Jahr lang durch das Nordpolarmeer. Ziel der Mission "Mosaic" unter Leitung des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) ist es, den Einfluss der Arktis auf das globale Klima besser zu verstehen.

600 Menschen aus 17 Ländern sind dabei. Eine davon ist die Bremerin Ellen Damm. Die Biogeochemikerin arbeitet schon seit 25 Jahren beim AWI und war seitdem schon auf etlichen Expeditionen mit dabei. Im Gespräch mit buten un binnen erzählt die vierfache Mutter, wie ihr Leben an Bord aussieht und was sie am meisten vermissen wird.

Eine Seitenansicht des Forschungsschiffes "Polarstern".
Noch liegt die "Polarstern" auf dem Gelände der Lloyd-Werft in Bremerhaven. Im September geht es dann in die Arktis. Bild: Radio Bremen | Sonja Klanke

Was wird Ihre Aufgabe an Bord sein?

Von Dezember bis Februar leite ich das Team “Biogeochemie“. Und von Februar bis April bin ich Co-Chief. Mit dem Team “Biogeochemie“ untersuchen wir Gase, die im Ozean gebildet werden und eventuell in die Atmosphäre gelangen. Besonders interessant ist der Gefrierprozess. Den versuchen wir, Schritt für Schritt zu verfolgen und komplett zu verstehen. Als Co-Chief habe ich dann für die Wissenschaft nicht mehr so viel Zeit. Dann bin ich verantwortlich für den Schiffsbetrieb und Ansprechpartnerin für alle. Da muss ich viel organisieren und koordinieren.

Die Mosaic-Expedition in Zahlen

Grafik: Die Mosaic-Expedition mit der Polarstern in Zahlen. Mosaic-Expedition KLICK AUF DIE PIKTOGRAMME Strecke: Über 200 Kilometer ist die Polarstern bislang voran - gekommen. Durch die starke Strömung beträgt die tatsächlich zurückgelegte Strecke 720 Kilometer. Eisbärsichtungen: An 9 Expeditionstagen kam es zu Eisbärsichtungen, darunter einzelne Bären sowie Bärenmütter mit ein oder zwei Jungtieren. Datensammlung: Es wurden circa 20 Terrabyte Daten gesammelt. Messsysteme: 125 Bojen, die als autonome Messsysteme Daten direkt per Satellit verschicken, wurden ausgebracht. Temperaturen: Die Temperaturen fielen bis auf minus 32 Grad Celsius, der Ozean hat aktuell noch -1,5 °C an der Oberfläche. Lebensmittelverbrauch: 12,7 Tonnen Lebensmittel wurden verbraucht.
Bild: Radio Bremen / Alfred-Wegener-Institut

Was sehen Sie als besondere Herausforderung?

Die Messungen der anderen Teams laufen automatisiert, unsere sind "handmade". Das Problem wird sein, die Proben sicher ins Labor zu kriegen. Wenn die Gase gefrieren, dann war alles für die Katz.

Was werden Sie auf jeden Fall mit an Bord nehmen?

Ich bin ja schon oft mitgefahren und hatte ziemliche Probleme mit meinen Nasennebenhöhlen. Deshalb habe ich mir überlegt, einen Luftbefeuchter mitzunehmen. Und Sportsachen müssen auf jeden Fall mit. Man muss sich auf jeden Fall bewegen, sonst bauen sich die Muskeln ab. Und Sport ist gut für das seelische Gleichgewicht. Und Bücher nehme ich mit.

Und was werden Sie am meisten vermissen?

Meine Enkeltöchter und meine Kinder. Aber meine Kinder sind das schon gewohnt.

Geht man sich auf so einem engen Schiff nicht auch auf die Nerven?

Das kann passieren, wie im normalen Leben auch. Reibereien hat es schon mal gegeben, aber es hat nicht gekracht. Sport hilft da. Aber wir sind alles erwachsene Menschen und versuchen, Konflikte zu vermeiden. Wir sind ja alle daran interessiert, unsere Daten zu bekommen.

Ein Blick in das Nasslabor auf dem Forschungsschiff "Polarstern".
In diesem Labor wird Ellen Damm viel Zeit verbringen. Noch liegen aber Utensilien der Handwerker herum. Die Messgeräte kommen noch. Bild: Radio Bremen | Sonja Klanke

Wie ist das Essen an Bord?

Es gibt ganz normales Essen. Wir haben sogar Rituale, eine echte Seemannstradition: Freitags gibt es Fisch, samstags Eintopf und donnerstags und sonntags Eis zum Nachtisch. Das macht man, um die Woche zu strukturieren. Aber natürlich wird es irgendwann eintönig. Nach der Reise freut sich jeder auf sein eigenes Essen. Irgendwann gibt es zum Beispiel keine Äpfel oder Tomaten mehr. Darauf freut man sich dann.

Wie bereiten Sie sich auf die Reise vor?

Ich trainiere ganz viel, um fit zu sein. Ich fahre Fahrrad und wandere viel.

Wird das Ihre letzte Expedition sein?

In die zentrale Arktis wohl. Aber es ist noch eine Expedition zu den Fjorden Südamerikas geplant. Ich kenne viele, die in den Ruhestand gehen wollten, aber immer nochmal losfahren. Also mal gucken!

Autorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 3. Juli 2019, 19.30 Uhr

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