Interview

Spiel des Jahres-Autor: "Werde oft gefragt: Bist du jetzt Millionär?"

Spieleerfinder Lukas Zach
Spieleerfinder Lukas Zach

Bremer Spieleentwickler gewinnt Oscar unter den Spieleauszeichnungen

Bild: Radio Bremen | Kristian Klooß

Das Spiel "Dorfromantik" des Bremers Lukas Zach ist als "Spiel des Jahres" ausgezeichnet worden. Wie es entstand und was der Preis mit sich bringt, verrät er hier.

Der Spieleerfinder Lukas Zach gehört seit Mitte Juli zu einem erlesenen Kreis an Brettspielautoren, die ein "Spiel des Jahres" entwickelt haben. Gemeinsam mit seinem Co-Autor Michael Palm setzte sich der 45-Jährige mit dem Spiel "Dorfromantik" gegen die anderen Nominierten durch. Die Auszeichnung gilt als international bedeutendste der Branche – vergleichbar mit einem Oscar in der Filmindustrie.

Herr Zach, hat Bremens Kultursenator und Bürgermeister Andreas Bovenschulte Ihnen schon zu diesem Erfolg gratuliert?

(Er lacht.) Nee. Wahrscheinlich weiß er davon nichts. Sonst hätte er es vielleicht getan.

Lukas Zach (l.) und Michael Palm bei der Verleihung des "Spiel des Jahres"
Spieleentwickler Lukas Zach (l.) feierte mit seinem langjährigen Co-Autor Michael Palm am 16. Juli die Wahl ihres Spiels "Dorfromantik" zum Spiel des Jahres 2023. Bild: dpa | Jens Kalaene

Wird die Bedeutung von Auszeichnungen wie das "Spiel des Jahres" und die gesellschaftliche Bedeutung von Brett- und Kartenspielen als Kulturgut unterschätzt?

Ich weiß, dass der Preis an sich eine sehr hohe Bekanntheit hat. Das erste Spiel, das ich damals von meinen Großeltern bekommen habe, war "Hase und Igel"…

…das erste "Spiel des Jahres" aus dem Jahr 1979.

Genau. Mir war dieser Preis schon als Kind bekannt. Und als ich jetzt mit der Auszeichnung nach Hause kam, war es im Freundes- und Bekanntenkreis so, als hätte ich einen Weltmeistertitel gewonnen. Das "Spiel des Jahres" kennt einfach jeder. Das wird in vielen Familien jedes Jahr zu Weihnachten verschenkt. Ob das jetzt in der Politik so wahrgenommen wird, das ist noch eine andere Frage. Auch dass aus Bremen relativ viele Autoren kommen wie Friedemann Friese oder Michael Kiesling, ist vielleicht auch gar nicht so bekannt.

Michael Kiesling hat selbst schon die Auszeichnung für das "Spiel des Jahres“ gewonnen. Ihr Gewinnerspiel "Dorfromantik" ist dennoch etwas bislang Einmaliges. Denn Sie haben ein Computerspiel in ein Brettspiel verwandelt. Wie kamen Sie darauf?

Es war ein bisschen Zufall. Denn ich arbeite in einer Videospielfirma. Und wir waren mit unserem Echtzeit-Strategiespiel "Iron Harvest" für den deutschen Computerspielepreise nominiert. Und als ich die Liste der anderen Nominierten durchgegangen bin, war das Computerspiel "Dorfromantik" in einer derselben Kategorien nominiert wie wir. Das war für mich ein krasser Gegensatz. Iron Harvest ist ein riesengroßes Spiel und Dorfromantik so ein kleines gemütliches…

…bei dem man mit sechskantigen Plättchen einfach nur Wälder, Flüsse und Seen, Getreidefelder, Gleise oder kleine Ortschaften nach bestimmten Zielvorgaben aneinanderlegen muss. Wer das gut hinbekommt, erhält weitere Landschaftsplättchen, und so weiter.

Ja. Schon das Videospiel erinnert sehr an ein Brettspiel. Und deswegen bin ich neugierig geworden, habe es mir gekauft und angeschaut. Hinzu kam, dass wir, also mein Co-Designer Michael Palm und ich, schon seit ein paar Jahren ein kooperatives Hexfeld-Legespiel, das in der Südsee angesiedelt war, in der Entwicklung hatten. Und da haben wir dann einfach eins und eins zusammengezählt, den Brettspielverlag kontaktiert und denen gesagt: Sonst kommt ihr immer mit Lizenzen auf uns zu, jetzt machen wir das mal andersherum – könnt ihr uns diese Lizenz besorgen? Und das hat dann auch geklappt.

Lukas Zach beim Spiele entwickeln
Der Prototyp des Spiels "Dorfromantik" aus einem TV-Beitrag buten un binnens über Bremer Spieleerfinder. Bild: Radio Bremen | Radio Bremen

Wie nah ist das Brettspiel "Dorfromantik" am Computerspiel dran?

Uns war wichtig, dass es sich genauso gemütlich, friedlich und heiter anfühlt wie das Videospiel. Wir mussten aber überlegen, wie es mit einer begrenzten Zahl an Legeteilen und am Tisch in einer Gruppe funktionieren kann. Außerdem haben wir uns eine Kampagne überlegt, die immer neue Herausforderungen bietet. Am Ende ist es, wie am Computer, ein Wohlfühlspiel. Man kann nicht verlieren, man kann einfach nur besser oder schlechter gewinnen. (Er lacht.)

Was sagt Ihr Arbeitgeber dazu, dass Sie nebenbei Brettspiele entwickeln?

Ich komme ja ursprünglich aus der Brettspielewelt und bin dann in die Videospielewelt eingestiegen. Dass ich die Brettspiele nebenbei weitermachen kann, war für mich eine Einstellungsbedingung. Das war also nie ein Problem. Es war im Gegenteil sehr erhellend, zu sehen, wie nah die Entwicklung von Videospielen an der Entwicklung von Brettspielen dran ist. Die Kollegen haben auch mitgefiebert. Wir haben demnächst eine Firmenfeier, wo sogar auch ein Dorfromantik-Turnier gespielt wird.

Könnten Sie nur vom Brettspieleerfinden leben?

Ja, ich werde oft gefragt, bist du jetzt Millionär? (Er lacht.) Nein, sind wir nicht. Leider verdienen wir an den Spielen sehr wenig – und halbieren das als Co-Autoren auch noch. Das ist nicht vergleichbar mit dem Buchhandel, wo Autoren etwa das drei- bis vierfache an einem verkauften Buch verdienen. Das ist auch der Grund, weshalb die allermeisten Spieleautoren, selbst wenn sie einen "Spiel des Jahres"-Preis gewonnen haben, immer noch einen anderen Beruf haben.

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Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 17. Juli 2023, 15:38 Uhr