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Wie nehmen Sie den Bremer Betrieben die Existenzangst, Frau Vogt?

Wie nehmen Sie den Bremer Betrieben die Existenzangst, Frau Vogt?

Bild: Radio Bremen | Christof Kette

Als Wirtschaftssenatorin ist Kristina Vogt (Linke) in Zeiten der Energiekrise gefragt wie selten. Felix Krömer sprach mit ihr über diese und andere Herausforderungen.

Nach einer guten halben Stunde musste buten un binnen-Moderator Felix Krömer konstatieren: Im Gespräch mit Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) wird er nicht alle Themen unterbringen konnte, die er ursprünglich auf dem Zettel hatte. Nicht nur, dass die gebürtige Münsteranerin aktuell sowieso viele Baustellen zu versorgen hat, die genug Gesprächsstoff bieten. Kurz vor der Aufzeichnung wurde dann auch noch bekannt, dass die Bundesregierung die Gaspreisbremse einführen möchte.

Welche Auswirkungen das für Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Unternehmen in Bremen hat, verrät sie im Interview mit Krömer. Das war aber nicht das einzige Thema im 40-minütigen Gespräch.

1 Ist der Gaspreisdeckel in Sachen Entlastungen nun der ganz große Wurf?

Dass der Gaspreisdeckel kommt, bewertet Vogt positiv: Für eine Regulierung der Preise hatte sie sich schon lange stark gemacht. Nach Ansicht der Senatorin ist der Gaspreisdeckel ein wichtiger Baustein, um der drohenden Inflation – laut Schätzungen liegt sie bei 10 Prozent – entgegenzutreten. "Die Inflation ist ja tatsächlich durch die gestiegenen Preise im Energiesektor durch die Decke gegangen", erklärt sie ab Minute 8:32. "Das hat ja Auswirkungen – und zwar nicht nur direkt auf die Strom- und Gasrechnung. Sondern das hat auch Auswirkungen, weil die Produkte alle teurer werden." Vogt rechnet daher damit, dass sich die Situation nun entspannen werde. Die aktuelle Situation zeige aber auch, dass die Energiepolitik der vergangenen Jahre an vielen Stellen schiefgelaufen sei. Ihre Kritik richtet sie auch an andere Landesregierungen – an wen genau, sagt sie ab Minute 18:23.

2 Was wird aus der Idee des Ausbildungsfonds?

Das Problem des Ausbildungsmarkts in Bremen zusammengefasst: Viele junge Menschen finden keinen Ausbildungsplatz, viele Betriebe keine passenden Azubis. Dieses Problem möchte Vogt angehen. Ihre Idee: Betriebe, die nicht oder nicht ausreichend ausbilden, sollen innerhalb eines sogenannten Ausbildungsfonds zur Kasse gebeten werden. Das Geld soll dann Ausbildungsbetrieben zugutekommen und zur Finanzierung von Qualifizierungsmaßnahmen genutzt werden. Nur: Die Wirtschaft findet den Vorschlag gar nicht gut. Doch Vogt bleibt dabei:

Wir haben enormen Fachkräftebedarf. Und da erwarte ich schon, dass die Anzahl an Ausbildungsplätzen signifikant erhöht wird.

Kristina Vogt, Wirtschaftssenatorin

Das sagt sie bei Minute 29:44. Diese Erwartungshaltung richte sich vor allem an größere Betriebe, nicht an kleine Handwerksbetrieb oder den Mittelstand. Einen Alleingang bei der Einführung plant Vogt indes nicht: "Wir haben gesagt, dass wir im Gesetzgebungsverfahren die Wirtschaft beteiligen werden." Trotzdem bleibt das Thema eins mit Streitpotential: Handels- und Handwerkskammer erwägen eine Klage gegen das Vorhaben. Wie Vogt dem entgegensieht, erklärt sie ab Minute 30:32.

3 Welche Maßnahmen gibt es sonst gegen den Fachkräftemangel?

Einige Schilder an einer Hauswand, auf denen Stellenangebote für Fachkräfte und Auszubildende abgedruckt sind.
Der Fachkräftemangel ist auch in Bremen zu spüren. Laut Vogt ist ein Schlüssel, gerade auch Frauen den Einstieg in Ausbildungsberufe zu erleichtern. Bild: Radio Bremen

Vogt erklärt ab Minute 32:13, mit welchen Maßnahmen sie abseits vom Ausbildungsfonds den Fachkräftemangel bekämpfen will. Ihr Fokus liegt dabei auf einer neuen Fachkräftestrategie, denn: "Wir brauchen einen anderen Blick auf Gender-Aspekte. Es geht nicht mehr, dass wir so wenig Frauen in technischen Berufen haben." Jetzt seien die Unternehmen gefragt: Diese müssten Frauen nun in Qualifizierung bringen. "Daran hapert es nämlich jetzt." Ein weiteres Problem sei, dass viele gut qualifizierte junge Menschen eine Ausbildung nach Vogts Eindruck nicht mehr als wirklich attraktiv sehen. Deswegen müssten in der Fachkräftestrategie "wir alle" insgesamt umdenken – was sie damit meint, erklärt sie ab Minute 33:34.

4 Wie sollte man in einen möglichen Corona-Herbst blicken?

Es geht in den Herbst, die Corona-Zahlen steigen – und mit ihnen wächst die Sorge der Wirtschaft vor neuen Einschränkungen. "Ausschließen kann ich das natürlich nicht, ich gehe aber nicht davon aus", sagt Vogt bei Minute 35:38. Voraussetzung sei aber, dass es Corona-Varianten gibt, die sich so verhalten wie jetzt. "Also wenn es wieder irgendeine Variante gibt – und das kann ja übrigens auch ein anderer Virus sein –, wo die Leute wieder reihenweise erkranken oder sterben, dann kann man nartürlich nichts ausschließen." Welches größere Risiko sie für Herbst und Winter für den Einzelhandel sieht, erklärt sie ab Minute 36:27.

5 Inwiefern sind Vogt und andere Senatsmitglieder schon im Wahlkampf-Modus?

Es dauert noch knappe acht Monate, bis die Bremerinnen und Bremer bei der Bürgerschaftswahl zur Urne gebeten werden. Zwar sei "immer ein bisschen Wahlkampf" (O-Ton Vogt Minute 37:07). Vor allem möchte Vogt aber die Arbeit des Senats ruhig zuende führen. Profilierungsdruck sehe sie dabei nicht.

Ich bin da sehr selbstbewusst und sage, dass Claudia Bernhard und ich in unserer Ressortverantwortung einen sehr guten Job gemacht haben.

Kristina Vogt, Wirtschaftssenatorin

Allerdings könnte der aktuell schwache Kurs der Bundespartei zu einer Belastung für Vogt und die Bremer Linke werden: Diese dümpelt in bundesweiten Umfragen um die Fünf-Prozent-Marke herum, was der Bremer Linken nicht gerade in die Karten spielt. "Sonst würden wir hier glaube ich auch ganz anders dastehen", sagt Vogt bei Minute 41:07. Wie viel Prozent für die Linkspartei Vogt trotzdem für realistisch hält, sagt sie bei Minute 41:37.

Bundesregierung einigt sich auf Gaspreisbremse

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 1. Oktober 2022, 19:30 Uhr