Ist die Bremer Körperwelten-Ausstellung ethisch vertretbar?
Seit über 30 Jahren zeigt Gunther von Hagens Ausstellung "Körperwelten" präparierte menschliche Körper und Organe. Nun gastiert sie zum zweiten Mal in Bremen.
Angefangen hat alles Mitte der 1990er Jahren mit einer einfachen Anatomie Ausstellung. Gut 30 Jahre später haben sich die Körperwelten zu einer weltweiten Ausstellung mit über 55 Millionen Besucher entwickelt. Das Ziel von Kuratorin Angelina Whalley ist dabei ganz klar: ein besseres Verständnis von unseren Körpern zu bekommen.
Diese Präparate anzuschauen führt uns buchstäblich vor Augen wie wunderbar der Körper gemacht ist wie komplex, aber auch wie zerbrechlich er ist.
Angelina Whalley, Kuratorin der Körperwelten
Um eins dieser Präparate herzustellen, braucht es mehr als 1.000 Arbeitsstunden. Denn das Verfahren ist aufwendig. Zuerst muss die Verwesung des Leichnams gestoppt werden. Dazu wird eine Formalinflüssigkeit in das Blutgefäßsystem gespritzt und der Körper verwest nicht mehr. Danach werden die Organe, Muskeln, Sehnen und Nerven der Leiche freigelegt.
Von der Leiche zum Präparat
Dann beginnt der Prozess der Plastination, der von Gunther von Hagens selbst entwickelt wurde. Dabei wird den Körperzellen in einem Vakuumraum das komplette Wasser entzogen und mit Kunststoff ausgetauscht. Dieser Schritt alleine dauert sechs bis acht Wochen. Danach wird das Präparat mit einem speziellen Gas gehärtet und kann entweder ausgestellt oder zu Forschungszwecken verwendet werden.
Das sind die Fakten, nur ist es ethisch vertretbar sich in einer Ausstellung eine Tote schwangere Frau im fünften Monat anzusehen, oder tote Föten in den verschiedenen Entwicklungsstadien? Ja, sagt der Ethiker und Philosoph Franz Joseph Wetz. Denn der Kritikpunkt, die Menschenwürde wird verletzt, stimme seiner Meinung nach nicht. Zum einem, weil die Freiwilligkeit der Körperspende gewährleistet wird und der Respekt vor dem Menschlichen in der Ausstellung spürbar sei.
Hier werden Menschen als Menschen dargestellt und nicht als Sachgegenstände.
Franz Joseph Wetz, Philosoph und Ethiker
Das sehen andere Philosophen, Ärzte und Gläubige anders. Sie finden diese Ausstellung verwerflich und unzulässig, da mit der Ausstellung von menschlichen Leichen Geld gemacht wird.
Diese Diskussion können die lebenden Körperspender nicht nachvollziehen und haben sich davon auch nicht beeinflussen lassen. Sie wollen ihren Körper nach dem Tod dem Institut für Plastination zur Verfügung stellen. Anja Meynle aus Bremen und Waldemar Krahl aus Fischerhude sind Körperspender und die Entscheidung ist ihnen ganz einfach gefallen. Anja Meynle will ihren Körper nach ihrem Tod der Wissenschaft zur Verfügung stellen. Denn neben der Körperwelten-Ausstellung werden die Präparate auch für Forschungszwecke eingesetzt, beispielsweise an Universitäten oder Hochschulen.
Für die Angehörigen der beiden Körperspender ist dieser Schritt nachvollziehbar und sie zeigen dafür Verständnis. Allerdings werden sie nicht erfahren, was aus ihren Liebsten geworden ist. Denn alle Körperspender werden anonym ausgestellt, sagt die Kuratorin Angelina Whalley. Denn die Besucher sollen sich auf die Körper konzentrieren und nicht auf die Lebensgeschichten hinter den Präparaten.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 19. April 2024, 19:30 Uhr