Interview

Fridays for Future: Bremer Aktivistin ruft zu dezentralen Streiks auf

Die FFF-Streiks gehen weiter. Allerdings zwingt die Pandemie die Organisatoren dazu, ungewöhnliche Wege zu gehen. Frederike Oberheim erzählt, was anders wird.

Eine Frau steht an der Bremer Schlachte vor der Weser.
Frederike Oberheim (Bild) ruft zu pandemiegerechten Fridays-for-Future-Streiks auf. Bild: Radio Bremen | Verena Patel

Eigentlich sollte es an diesem Freitag wieder so weit sein: In 120 deutschen Städten wollten Schüler wieder auf die Straße gehen, um für das Klima zu demonstrieren. Doch die Corona-Pandemie hat vielen Fridays-for-Future-Gruppen einen Strich durch die Rechnung gemacht. So auch in Bremen: Der große Klimastreik ist abgesagt, dafür sind vier dezentrale Kundgebungen und weitere kleinere Aktionen geplant.

Über diese und die Zukunft der Bewegung hat buten un binnen mit der FFF-Aktivistin und "Bremer Frau des Jahres" Frederike Oberheim gesprochen.

Frau Oberheim, für diesen Freitag waren in Bremen ursprünglich vier kleinere Kundgebungen geplant, dann sind sie wegen steigender Corona-Zahlen abgesagt worden. Wie geht es jetzt weiter?

Ja, es kamen immer schlechtere Prognosen von den Virologen, was die Zahlen angeht, und wir haben deshalb beschlossen, dass wir Kundgebungen im Augenblick nicht verantworten können. Am Freitag ist jetzt ein kleines Alternativprogramm geplant. Ab 12 Uhr findet ein Livestream auf der Webseite von FFF-Deutschland statt, mit Redebeiträgen und Musik. Dann rufen wir dazu auf, dass die Menschen ab 12 Uhr "dezentral" streiken. Vor ihrer Haustür, auf der Straße, an der nächsten Kreuzung: einfach streiken, wo sie gerade sind. Es können auch Transparente und Plakate an Zäunen aufgehängt werden, zum Beispiel. Und natürlich auch sehr viel auf Social Media.

Die Pandemie beeinflusst also gerade die Art, wie Fridays for Future protestiert. Hat sie aber auch Ihre Arbeit verändert?

Die Situation ist für alle sehr herausfordernd – auch für soziale Bewegungen. Vieles hat sich in die digitale Welt verlagert. Natürlich sind auch Twitter-Trends wichtig, aber eine Demonstration ist immer noch eindrucksvoller. Und auch für die Teilnehmenden ist das Gefühl, auf einer Demo zu stehen, viel motivierender.
Am Anfang hat viel weniger stattgefunden. Freitags haben wir uns immer digital getroffen, aber der Druck war weggefallen, direkt "abliefern" zu müssen. Das war zunächst erleichternd, doch dann wurde es frustrierend. Zu sehen, dass in der Klimapolitik immer noch fatale Entscheidungen getroffen werden und wir nicht so richtig etwas dagegen tun zu können. Das war eine sehr belastende Phase.

Haben Sie den Eindruck, dass die Pandemie die Wahrnehmung der Klimafrage seitens der Politik verändert hat?

Anfangs hat man enorm viel auf die Wissenschaftler gehört, die Politik war quasi bereit, die Wirtschaft herunterzufahren. Man hat gesehen, dass enorm viele Maßnahmen sehr schnell getroffen werden konnten. Aber in der Klimakrise wird argumentiert, dass die Wirtschaft zu wichtig ist, um dort intervenieren zu können, oder die Menschen durch die Maßnahmen zu viel in ihrer Freiheit eingeschränkt würden. Im Endeffekt hat man gesehen, dass in Bezug auf die Klimakrise nicht auf die Wissenschaftler gehört wird.

Und wie ist es bei den Menschen? Wer ist momentan in Bremen aktiv, sind es eher Schüler, Studenten oder Auszubildende?

Bei uns in Bremen sind größtenteils Schüler im Organisationsteam. Es gibt dann noch eine Studierendengruppe, eine Art Arbeitsgruppe. Dabei sind auch Schüler, die ihr Abi schon gemacht haben.

Wie sieht es mit dem Generationenwechsel aus? Schließlich haben viele Teilnehmer inzwischen ihr Abitur gemacht und Fridays for Future ist hauptsächlich eine Schülerbewegung.

Es kommen immer wieder Menschen dazu. Bei den Demos sind auch viele jüngere Menschen. Ich glaube, dass auch die jüngeren Generationen sehr geprägt sind von den Protesten, die gerade stattfinden. Es ist schließlich ein sehr polarisierendes Thema. Wie sich dann die Bewegung entwickelt, hängt auch von der aktuellen Situation ab. Langfristig bleibt abzuwarten, was für neue Bewegungen entstehen und was die neuen Generationen als Klimaprotest organisieren werden.

Wie ist die Lage in Bremen in Bezug auf den Austausch mit der Politik? Treffen Sie sich mit dem Bürgermeister oder anderen Politikern?

Mit dem Bürgermeister gab es noch kein Gespräch. Wir haben für uns festgelegt, dass wir nicht um Audienzen betteln, sondern darauf warten, dass Politiker auf uns zukommen. Weil das einfach Demokratie ist. Wenn so viele Menschen auf die Straße gehen und sich für ein Thema einsetzen, ist es eine gewisse Verpflichtung für demokratisch gewählte Politiker und Politikerinnen, sich damit auseinanderzusetzen. Wir sind aber in der [Klima-]Enquetekommission, da findet auf jeden Fall eine intensive Auseinandersetzung mit den Politikern statt.

Könnten Sie sich persönlich eine Zukunft in der Politik vorstellen?

Nein, ich glaube, was ich momentan in der Enquete-Kommission erlebe, reicht mir auf jeden Fall an parlamentarischer Politik. Aber ich finde es wichtig, dass junge Menschen stärker in die Parlamente einziehen. Ich möchte eher in Richtung politische Psychologie und Sozialpsychologie gehen.

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Autorinnen und Autoren

  • Serena Bilanceri
    Serena Bilanceri Autorin
  • Orestis Skenderis
    Orestis Skenderis Redakteur

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 19. März 2021, 19:36 Uhr

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