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Hauke Hilz: "Sie dürfen uns beschimpfen, auch dafür stehen wir hier"

Vor allem im persönlichen Kontakt wurde der FDP-Landeschef Hauke Hilz schon beschimpft. Doch der Bremerhavener hat sich ein dickes Fell wachsen lassen.

Die FDP hat ihren jüngsten Shitstorm gerade hinter sich: Nach der AfD-gestützten Wahl des FDP-Mannes Thomas Kemmerich zum thüringischen Minsterpräsidenten mussten Politiker vieles lesen – auch Lencke Wischhusen, die Fraktionschefin in der Bremischen Bürgerschaft. Sie hatte Kemmerich zunächst vorbehaltlos gratuliert.

Hauke Hilz ist Landesvorsitzender der FDP, Mitglied der Bürgerschaft und Stadtverordneter in Bremerhaven. Im Hauptberuf ist der promovierte Chemiker Professor an der Hochschule Bremerhaven. Auch Hilz hat Erfahrung mit verbalem Hass, und das nicht nur neuerdings und auch nicht nur online: "Ich hatte die schlimmsten Beschimpfungen im Wahlkampf 2013. Wir verteilten Flyer. Da kam jemand, der sah aus wie meine Eltern, jemand, den man überall trifft", erzählt Hilz.

Der hat uns aufs Übelste beschimpft, mit knallrotem Kopf, als hätten wir ihn um sein Vermögen gebracht oder seine Kinder geschlagen. Ich habe dann nur gesagt: Sie dürfen uns gern beschimpfen, auch dafür stehen wir hier.

Hauke Hilz, FDP-Vorsitzender des Landesverbands Bremen

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Mitarbeiterin ohne Parteizugehörigkeit bespuckt

Nach der Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen ist Hilz, wie er sagt, "glimpflich weggekommen. Aber für uns insgesamt als FDP auch in Bremen, da war das schon hart. Da gab es ja direkt am Abend nach der Wahl in Erfurt eine Spontan-Demonstration vor unserer Geschäftsstelle mit Sprechchören, wo wir als Faschisten bezeichnet wurden. Danach ist eine Mitarbeiterin von uns, die gar nicht in der Partei ist, als 'AfD-Fotze' beschimpft worden. Eine andere wurde bespuckt. Das waren ganz normale Leute, wie sie täglich zu Hunderten an unserer Geschäftsstelle vorbeifahren. Das ist dann schon erschreckend."

Was macht das mit jemandem? "Das ist bei jedem anders. Ich selber habe ein dickes Fell, ich lasse das nicht so an mich ran", bekennt Hauke Hilz. Sich so ein Fell wachsen zu lassen, empfiehlt er unbedingt auch Nachwuchs-Politikern. Das, was ihm verbal entgegengeworfen wurde, hat er wieder vergessen: "Da könnte ich jetzt nichts mehr zitieren, ich drucke das auch nicht aus oder sammle es, wie andere Kollegen es machen."

Bremer Politikerinnen und Politiker lesen aus ihren Hass-Nachrichten

Bild: Radio Bremen

"Schreiben mit Patronenhülse"

Hilz glaubt, dass Hassrede vor allem ein Online-Phänomen ist: "Hier fallen viele Hemmschwellen. Die Leute schreiben Dinge, die sie mir persönlich niemals direkt ins Gesicht sagen würden, da bin ich mir sicher. Das geht in vielen Fällen auch schon unter die Gürtellinie." Persönlich bedroht hat Hauke Hilz sich bisher noch nie gefühlt, "dann hätte ich mich aber auch an die Polizei gewandt".

Aber der Grat zu greifbarer Gefahr sei schmaler geworden. "Ich kenne viele schlimme Fälle. Zum Beispiel die Generalsekretärin eines Landesverbandes, die ein Schreiben mit einer leeren Patronenhülse bekommen hat. Das ist dann die Steigerung des Ganzen." Die Kollegin sage, sie selber könne das aushalten.

Doch am Schlimmsten ist es für die Familie: Die Kinder sollen keine Angst haben, müssen aber ständig wachsam und vorsichtig sein. Das ist dann noch einmal eine ganz andere Ebene.

Hauke Hilz

Beschimpft, beleidigt, bedroht – das erleben Bremens Politiker:

Hasskommentare Alexandra Werwath, Landesvorstandssprecherin, Bündnis 90/Die Grünen Wiebke Winter Landesvorsitzende, Junge Union Hauke Hilz Landesvorsitzender, FDP Antje Grotheer, Stellvertretende Bürgerschaftspräsidentin, SPD Roman Fabian, Beirat Obervieland, Die Linke

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 25. Februar 2020, 19:30 Uhr

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