Lämmerzeit im Landkreis Cuxhaven: Wenn der Schäfer im Stall schläft

Ein Schaf mit zwei Lämmern.

Lämmerzeit im Landkreis Cuxhaven: Wenn der Schäfer im Stall schläft

Bild: Imago | Cavan Images

Schäfer René Krüger kommt momentan kaum zur Ruhe. Denn in seiner Deichschäferei in Wersabe im Landkreis Cuxhaven erblicken gerade bis zu 30 Lämmer am Tag das Licht der Welt.

Die beiden Lämmer im Stroh sind erst wenige Minuten alt. Es sind Zwillinge. Bei der Geburt des zweiten Lamms hat Schäfer René Krüger geholfen. "Es war so, dass nur der Kopf und ein Fuß herausgeguckt haben. Das Mutterschaf hat sich schwergetan", erzählt Krüger im Gespräch mit buten un binnen. "Ich musste ein bisschen nachhelfen, damit das Lamm sauber runterkommt. Das kommt öfter vor."

Kaum eine ruhige Minute zwischen Januar und April

Ein Mann hält ein Lämmchen auf dem Arm.
Schäfer René Krüger schläft während der Lammzeit manchmal sogar im Stall. Bild: Radio Bremen | Heidi Ulrich

Im Stall in Wersabe sind rund 870 Muttertiere untergebracht. Der Deichschäfer hat daher zwischen Januar und April kaum eine ruhige Minute. Jeden Tag kommen neue Lämmer zur Welt. Mal seien es nur fünf, mal mehr als 30 innerhalb eines Tages, erzählt Krüger.

Nach jeder Geburt schaut er nach, wie es dem Nachwuchs und der Mutter geht. So wie bei den frisch geborenen Zwillingen. "Beide haben die Köpfe oben, die sind also fit", so der Schäfer. "Jetzt müssen die erstmal ein bisschen zu sich kommen. Das eine ist ja ein bisschen schwer geboren, das dauert einen Moment. Das andere wird aber gleich aufspringen und schon das Euter suchen."

Bis zu 20 Stunden am Tag im Stall

Der Schäfer achtet unter anderem darauf, ob die Lämmer von der Mutter angenommen werden und bei ihr trinken. Klappt das nicht, zieht Krüger einzelne Lämmer auch mit der Flasche auf.

Lämmchen und Mutterschaf im Stall.
Wenn Lämmer nicht bei ihren Müttern trinken können, zieht der Schäfer sie mit der Flasche auf. Bild: Radio Bremen | Heidi Ulrich

Die Lammzeit ist für ihn die anstrengendste Zeit des Jahres, sagt er. Es gebe Tage, an denen sei er bis zu 20 Stunden im Stall und schlafe sogar dort. Mehr als 600 Lämmer sind dieses Jahr schon zur Welt gekommen. "Ein Schaf, das zum ersten Mal gelammt hat, hat direkt Zwillinge bekommen. Die Mutter ist sich aber noch nicht ganz grün mit beiden Lämmern. Da muss ich dann unterstützen", sagt Krüger und legt die Lämmer dicht zusammen.

Mit Erfolg: Die Mutter leckt die Zwillinge ab und kümmert sich um beide. Trotzdem wird er das Lamm und die Mutter zeitnah aus der Gruppenbox holen. "Die kommen dann in sogenannte Lammboxen", so Krüger. "Dort bleiben sie ein bis zwei Tage, damit die Mutter-Kind-Bindung noch ein bisschen gestärkt wird. Danach kommen sie wieder zurück in die Gruppenboxen."

15 Kilometer Deich warten auf die Schafe und Lämmer

Nach draußen geht es frühestens ab Ende März. Die Schafe und viele Lämmer grasen dann den Deich ab. 15 Kilometer Deich warten auf sie — von der Landesgrenze Bremen bis zum Hafen Sandstedt. Die Schafe seien die besten Deichpfleger, findet der Schäfer: "Sie haben den goldenen Tritt und treten zum Beispiel Wühlmauslöcher oder Maulwurfsbulken platt. So verfestigen sie auch den Deich mit ihren kleinen Hufen und halten die Grasnarbe kurz."

Lämmchen im Stall.
In der Deichschäferei in Wersabe sind in diesem Jahr bereits mehr als 600 Lämmer zur Welt gekommen. Bild: Radio Bremen | Heidi Ulrich

Bis dahin hat der Schäfer aber noch viel zu tun – und das trotz des ganzen Trubels im Stall. Krüger muss nämlich am Deich mobile Elektrozäune aufziehen, um die Schafe vor Wölfen zu schützen.

Vor drei Jahren hatte es gleich zwei Wolfsrisse gegeben. Mehr als 60 Muttertiere wurden damals getötet, auch ihre ungeborenen Lämmer starben. Die Schutzmaßnahmen wurden seitdem verstärkt. "Zum einem wurden die Festzäune vom Deichverband ertüchtigt und nochmal verbessert", sagt Krüger. "Zum anderen haben wir Herdenschutzhunde zugeführt. Seitdem habe ich am Deich keine Risse mehr. Das einzige Mal war im Dorf, wo ich keine Hunde drin hatte, da wurden mir vier Zuchtböcke gerissen."

Ein Teil der Lämmer wird geschlachtet

Eine Schafherde mit Muttertieren und Lämmchen im Stall.
Im Stall kann es zwischen all den Lämmern auch mal voll werden. Bild: Radio Bremen | Heidi Ulrich

Inzwischen hat Krüger zwölf Herdenschutzhunde – größtenteils türkische Kangals, die auf die Herde auf dem Deich aufpassen. Der Schäfer lebt aber nicht von der Deichpflege und Küstenschutz allein, sondern auch von den Lämmern und ihrem Fleisch. Ein Teil der Lämmer werde geschlachtet, wenn sie fünf bis sechs Monate alt sind, sagt er. Krüger behält jedoch auch einen Teil der Lämmer für die Nachzucht. Und so bleibt alles im Gang — und im kommenden Jahr kommen wohl wieder Hunderte Lämmer zur Welt.

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  • Autorin
    Heidi Ulrich

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Tag, 1. März 2024, 14:38 Uhr