Fragen & Antworten

Warum im Land Bremen immer weniger Knöllchen verteilt werden

Bremen und Bremerhaven kassieren immer weniger Geld von Verkehrssündern und Falschparkern. Das liegt laut Innenressort auch daran, dass immer abgeschleppt wird.

Die Städte Bremen und Bremerhaven nehmen immer weniger Geld durch Buß- und Verwarnungsgelder für Regelverstöße im Straßenverkehr oder in der Öffentlichkeit ein. Innerhalb von sechs Jahren ist die Summe in beiden Städten um rund ein Fünftel zurückgegangen: in Bremen von 12,9 auf 10,1 Millionen Euro, in Bremerhaven von 2,8 auf 2,3 Millionen Euro. Als Grund nennt das Bremer Innenressort die Pandemie – und, dass immer mehr Autos abgeschleppt werden.

Einnahmen aus Geldbußen in der Stadt Bremen

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Einnahmen aus Geldbußen in Bremerhaven

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Ist der Trend zu Mindereinnahmen Bremens aus Ordnungswidrigkeiten wirklich so eindeutig, wie der Vergleich zwischen 2016 und 2021 vermuten lässt?

Der Trend ist ziemlich eindeutig. Lediglich das Jahr 2019 fällt aus dem Rahmen. Denn 2019 haben sowohl Bremen als auch Bremerhaven mehr Verwarn- und Bußgelder aus Verkehrsverstößen eingenommen als 2018.

Von diesem Ausreißer abgesehen, ist der Trend aber klar: Die Einnahmen aus Knöllchen, Verwarnungen und sonstigen Strafzetteln gehen nach unten. Und das zieht sich im Grunde durch alle Bereiche. Egal, ob Falschparken, ob Hundehaufen auf dem Gehweg, ob zu schnelles Fahren: Die Zahl der festgestellten Verstöße geht ebenso runter wie die Zahl der Anzeigen. So sind in Bremerhaven 2016 rund 119.000 Ordnungswidrigkeiten angezeigt worden und 2021 gut 86.000, also fast 30 Prozent weniger.

Was sind die Gründe dafür, dass die Städte Bremen und Bremerhaven weniger Buß- und Verwarnungsgelder kassieren?

Das Bremer Innenressort sagt: Die Einnahmen sind auch wegen Corona weniger geworden. Gerade im Lockdown seien weniger Menschen unterwegs gewesen. Das habe auch zu weniger Verstößen geführt.

Einnahmen aus Verkehrsordnungswidrigkeiten unterliegen grundsätzlich Schwankungen. Dies steht zunächst nicht im ursächlichen Zusammenhang mit der Kontrolldichte. Gründe für Abweichungen können die Erhöhung von Verwarn- und Bußgeldern in der Bußgeldkatalogverordnung und dadurch herbeigeführtes regelkonformeres Verhalten, Ausfälle von stationären Überwachungsanlagen, Wartungen, Vandalismus oder andere technische Defekte sein.

Rose Gerdts-Schiffler, Pressesprecherin Bremer Innenbehörde

Das sagt auch Magistratssprecher Volker Heigenmooser mit Blick auf die Zahlen aus Bremerhaven. Es hat ja tatsächlich in den vergangenen beiden Jahren weniger Verkehr und Mobilität gegeben – auch wegen der Lockdowns. Deswegen wurden auch deutlich weniger Parkverstöße gezählt.

Darüber hinaus war die Polizei mit der Durchsetzung der Corona-Maßnahmen aber so ausgelastet, dass die Kontrollen von Verkehrsverstößen teilweise eingestellt werden mussten, teilte das Innenressort mit. Mit der Entspannung der Corona-Lage gebe es nun wieder mehr Verkehrskontrollen.

Warum aber sind die Einnahmen aus Bußgeldern auch schon vor Beginn der Corona-Pandemie zurückgegangen?

All das erklärt noch nicht, dass die Zahlen schon vor Corona zurückgegangen sind. Der Chef der Gewerkschaft der Polizei in Bremen, Lüder Fasche, vermutet, dass Personalmangel ein Grund dafür sein könnte. Die Streifen hetzten von Einsatz zu Einsatz und hätten beispielsweise wenig Zeit, sich darum zu kümmern, wenn jemand bei Rot über die Ampel fährt.

Der CDU-Innenpolitiker Marco Lübke sieht die Bremer Polizei bei der Personaldecke "am Existenzminimum". Weil die Regierung den Beamten immer mehr Bürokratie aufbürdet, fielen Bußgelder hinten runter, glaubt Lübke.

Die Innenbehörde hingegen hält den Erklärungsansatz, dass die Corona-Pandemie dermaßen zu Mehrarbeit bei der Polizei gesorgt hat, dass das Ahnden von Verstößen mitunter auf der Strecke blieb, für ausreichend.

Nach unserer Bewertung ist der Rückgang der Einnahmen von 2016 zu 2018 nicht ungewöhnlich. Nach einem weiteren Anstieg zunächst in 2019 ist dann der Rückgang auch für uns auffällig. Dies lässt sich sicher mit der Pandemie begründen.

Rose Gerdts-Schiffler, Pressesprecherin Bremer Innenbehörde

Außerdem komme hinzu, dass seit 2016 deutlich mehr Fahrzeuge abgeschleppt werden. Laut Innenbehörde ist die Zahl der abgeschleppten Fahrzeuge von 2.732 im Jahr 206 auf 4.280 im Jahr 2021 angestiegen. Ein Abschleppvorgang dauert laut Behörde circa 45 Minuten. In dieser Zeit könne sich das dabei beschäftigte Personal logischerweise nicht mit weiteren Verstößen beschäftigen.

Einnahmen aus Geldbußen in der Stadt Bremen aufgrund der Verkehrsüberwachung

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Müssen wir davon ausgehen, dass Bremen und Bremerhaven in den kommenden Jahren noch weniger aufgrund von Geldbußen einnehmen wird als dieses Jahr?

Das wird sich zeigen. Dagegen spricht, dass etwa der Bremer Ordnungsdienst jetzt nicht mehr so viel mit Corona-Kontrollen in der Gastronomie oder auf den Straßen zu tun hat. Er kann also wieder verstärkt anderen Verfehlungen nachgehen.

Zudem verweist die Gewerkschaft der Polizei darauf, dass die Bußgelder im Verkehrsbereich kürzlich kräftig angehoben worden sind. Das könnte dazu führen, dass die öffentliche Hand wieder mehr Geld durch Verfehlungen im Straßenverkehr einnimmt – vorausgesetzt, dass Polizei und Ordnungsdienst in Bremen und Bremerhaven die Missetäter auch erwischen.

Autoren

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 26. April 2022, 19.30 Uhr