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Das sagen Umweltschützer und Aktivisten zu Bremens Klimaschutzplan

Gut ein Jahr arbeitet die Enquete-Kommission für Klimaschutz jetzt. Trotzdem seien zu viele Fragen offen, kritisieren BUND und Fridays for Future – und fordern Tempo.

Solaranlage mit Sonnenstrahlen
Solaranlagen sind Teil der Diskussion in Bremen. Sie könnten in Zukunft auf Dächer öffentlicher Gebäude gesetzt werden. Bild: Imago | Panthermedia

Die Enquete-Kommission "Klimaschutzstrategie für das Land Bremen" hatte im März einen Zwischenbericht vorgelegt. Jetzt haben Umweltverbände sowie weitere Organisationen darauf geantwortet. So lobt der Bund für Umwelt- und Naturschutz zwar die engagierten Diskussionen in der Runde. Aber Vorstand Klaus Prietzel bemängelt auch den fehlenden Mut bei Politikern und Wirtschaft, zum Beispiel bei der Verkehrswende. Das Urteil von Frederike Oberheim von Fridays For Future (FFF) fällt deutlich härter aus: "Bisher bleibt es bei einer aufwendigen Greenwashing-Kampagne mit stundenlangen Diskussionen voller leerer Worte."

Tatsächlich sind viele Fragen unter den Fraktionen noch nicht geklärt. Das zeigen die zahlreichen eckigen Klammern in dem Zwischenbericht der 18-köpfigen Kommission aus Vertretern der Bürgerschaftsfraktionen und Sachverständigen. Sie umklammern, was unter den Fraktionen noch nicht geeint ist.

Parkräume verknappen und City Maut einführen

Hoch emotional wird besonders über die Verkehrswende diskutiert. Sowohl CDU als auch SPD denken noch immer sehr autozentriert, stellt Prietzel vom BUND fest. Tatsächlich warnt Martin Michalik, klimapolitischer Sprecher der CDU, eindringlich vor pauschalen Pkw- und Einfahrtsverboten in die Städte Bremen und Bremerhaven. Er setzt vor allem auf technologische Lösungen für den Klimaschutz, etwa durch E-Autos. Der BUND fordert stattdessen, dass mittel- bis langfristig mindestens Zweidrittel des aktuellen Verkehrs aus den Städten verbannt werden sollte.

Allein der Bau eines Pkw mache schon fünfzig Prozent des Klimaeffektes von Autos aus, sagt Umweltschützer Prietzel. Dazu kämen die CO2-Emissionen beim Fahren und der Straßenraum, den sie Bussen, Bahnen, Radfahrern und Fußgängern wegnehmen. Oberheim von FFF erwartet, dass Politik auch unbequeme Entscheidungen trifft. Parkräume müssten knapper werden und eine City Maut die Einfahrt in die Stadt unattraktiv machen. Dafür aber gäbe es dann einen breit ausgebauten und kostenlosen Nahverkehr, sagt die Sprecherin von FFF Bremen.

Ähnlich mutlos wirkt auf die beiden die Diskussion rund um die Solarenergie. Das Land Bremen könnte hier Vorreiter sein und auf die Dächer öffentlicher Gebäude Solaranlagen setzen. Seit Jahren wird darüber diskutiert und doch geht es nur langsam voran. Wenn der Staat dafür kein Geld hat, dann sollte er auf Bürger-Genossenschaften setzen, meint Prietzel. So wie es auch schon andere Kommunen wie zum Beispiel Hagen (NRW) tun. Die Genossenschaften organisieren, bauen und betreiben die Anlagen. Der Staat als Hauseigentümer bezahlt lediglich den gelieferten Strom. Bei dem jetzigen Tempo aber dauere es noch bis ins Jahr 2100 bis in Bremen alle öffentlichen Gebäude klimafreundlichen Strom haben, prophezeit der Umweltschützer.

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Zukunft des Stahlwerks

Klimaneutralität ist eine Mammutaufgabe, das wissen beide Umweltschützer. Und sie wird viel Geld kosten. Bei der Diskussion über Wasserstoff als Energielieferant für die Stahlwerke ist Prietzel deshalb zwiegespalten. Ende Mai entscheidet der Bund, ob er die Pläne für das Bremer Werk in seinen Topf zur Förderung von Wasserstofftechnologie mit aufnimmt. Wenn ja, könnte das Bremen in den kommenden 10 bis 15 Jahren, so erste Schätzungen, um die 150 Millionen Euro kosten. Das ist viel Geld, das anderen Klimaschutzprojekten fehlen wird, sagt Prietzel. Fließt das Geld aber nicht, droht dem Stahlstandort Bremen langfristig das Aus. Ohne eine grüne Energieversorgung ist das Werk in Zukunft nicht mehr konkurrenzfähig. Ein Dilemma für Bremen, angesichts der knappen Haushaltskasse.

Der Druck auf die Politik wächst

Aber der Druck auf die Politik, schnell und viel für den Klimaschutz zu tun, ist mit dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch mal gestiegen. Der klare Auftrag: Jetzt zu handeln und unbequeme Entscheidungen nicht den zukünftigen Generationen aufzubürden. Für den klimapolitischen Sprecher der SPD Fraktion, Arno Gottschalk, ist absehbar: "Dafür braucht es viel mehr Geld als bisher eingeplant." Und eine andere Finanzpolitik in Bezug auf die Schuldenbremse. Er stellt die Frage, ob Investitionen in den Klimaschutz nicht oder nicht vollständig in die Schuldenbremse eingerechnet werden sollten.

Die Stellungnahmen von Umweltorganisationen, Kammern und Arbeitnehmervertretungen zum Zwischenbericht der Kommission veröffentlicht die Bremische Bürgerschaft demnächst auf ihrer Internetseite. Bis Ende dieses Jahres soll der Endbericht vorliegen. Der geht als Handlungsempfehlung an den Bremer Senat, aber auch an das Parlament.

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Autorin

  • Heike Zeigler
    Heike Zeigler

Dieses Thema im Programm: Bremen Vier, 4. Mai 2021, 8:10 Uhr

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