Reichsbürger in Bremen: Hier begegnen Sie dem "Königreich Deutschland"

Wie sich Reichsbürger in Bremen und im Umland organisieren

Bild: dpa | Jan Woitas

Sie verachten unsere Verfassung. Die Bundesrepublik gibt es für sie nicht. Reichsbürger bedrohen unsere Demokratie. Und die Bewegung wächst – auch in Bremen und im Umland.

Ein blühender Vorgarten, eine gepflegte Veranda: Idyllisch wirkt das Einfamilienhaus in Bremen-Nord. Nichts lässt vermuten, dass hier eine Anhängerin der Reichsbürger-Szene wohnt. Maike Kratschmer, Heilpraktikerin und Ernährungsberaterin, hat sich dem "Königreich Deutschland" angeschlossen.

Mit rund 6.000 Mitgliedern deutschlandweit ist das sogenannte Königreich Deutschland (KRD) die größte Gruppierung innerhalb der Reichsbürgerszene. Anhängerinnen und Anhänger des KRD lehnen die Bundesrepublik Deutschland und ihre Verfassung ab. Stattdessen glauben sie daran, im "Königreich Deutschland" zu leben – einem Fantasiestaat.

"Königreich Deutschland" als Parallel-Staat

Peter Fitzek sitzt in einem Saal des Landgerichtes hinter Aktenordnern.
Peter Fitzek hat das sogenannte Königreich Deutschland gegründet. Bild: dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Vor rund zwölf Jahren ließ sich der gelernte Koch Peter Fitzek in einer bizarren Zeremonie zum "König von Deutschland" krönen und begründete damit die Organisation. Seitdem arbeitet er daran, einen Parallel-Staat aufzubauen – mit Immobilien im ganzen Land, einer eigenen Währung, einer eigenen Kranken- und Rentenkasse. Es gibt sogar eine Art Online-Kaufportal im Internet. Und auch Unternehmen gehören zum Königreich. Das sind Unternehmen von Personen, die sich dem "Königreich Deutschland" angeschlossen haben.

Und eines davon sitzt in Bremen-Nord und gehört Heilpraktikerin Maike Kratschmer. Mit ihrem Unternehmen "Manandi" bietet die Bremerin Coachings an. Auf ihrer Internetseite konnte jeder lesen, dass dies ein "Betrieb im KRD" sei. Kratschmer ist auch auf höherer Ebene für das KRD aktiv – als Vortragsrednerin. Bis vor Kurzem war sie auch Gesundheitsberaterin der Organisation.

Bremerin wirbt für das "Königreich Deutschland"

Und sie taucht in Werbevideos für das "Königreich Deutschland" auf. Dort schwärmt sie, dass sie nun angeblich keine Steuern mehr bezahlen muss: "Ich war selber überrascht, was für ein Glücksgefühl das in mir ausgelöst hat, weil ich dachte: Das ist jetzt so toll. Das ist eine Einnahme, wo man niemandem eine Rechenschaft gegenüber ablegen muss."

Damit liegt Kratschmer natürlich falsch, was schon alleine damit zu tun hat, dass es das "Königreich Deutschland" gar nicht gibt. Dennoch schließen sich mehr und mehr Menschen dem Fantasiestaat an. Die Recherchen von buten un binnen zeigen: Es gibt weitere Unternehmen in Bremen und im Umland, die sich dem KRD angeschlossen haben ­– zum Beispiel ein Kosmetikstudio in Bremen-Schwachhausen. Dort hängt der Hinweis auf das "Königreich Deutschland" sogar direkt im Schaufenster.

In Worpswede bietet das Institut für Wandel die energetische Heilung von Räumen an – und ist ein Betrieb im KRD, genauso wie ein kleiner Bioladen in Osterholz-Scharmbeck. Und auch in Bruchhausen-Vilsen ist buten un binnen auf einen sogenannten Betrieb im KRD gestoßen.

Rund 170 Reichsbürger in Bremen

Die Bremer Behörden nehmen die Reichsbürger-Gruppe sehr ernst. Im Land Bremen liegt die Zahl der KRD-Mitglieder zwar nur im zweistelligen Bereich. Allerdings ist die Sorge bei Verfassungsschutz, Polizei und Innenressort groß, dass es schnell mehr werden könnten. Thorge Koehler, Leiter des Bremer Verfassungsschutzes, beschreibt die potenzielle Gefahr so:

Wenn ich davon überzeugt bin, dass in dem Staat, in diesem Fall Deutschland, nicht angehöre, dann akzeptiere ich notwendigerweise auch nicht das Rechtssystem. Ich berufe mich ja auf alternative, für mich geltende Rechte. Und das wird zwangsläufig zu Konflikten führen.

Thorge Koehler, Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz

Insgesamt wächst die Zahl der Reichsbürgerinnen und Reichsbürger in Bremen. Laut aktuellem Verfassungsschutzbericht, der am Freitag erschienen ist, gehören 170 Personen im Land Bremen der Szene an. Das sind 40 mehr als noch im Vorjahr. Mittlerweile gibt es in Bremen sogar ein Aussteiger-Programm. 

So wie seine Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern sieht Thorge Koehler, der Leiter des Bremer Verfassungsschutzes, in der Reichsbürger-Bewegung eine der größten Bedrohungen für unsere Demokratie. Und was es besonders gefährlich macht: Meist sind die Anhängerinnen und Anhänger nicht mehr zu zurückzuholen in unsere Gesellschaft.

Anfragen von buten un binnen bleiben unbeantwortet

Auch buten un binnen bekommt von den KRD-Mitgliedern in Bremen und im Umland keine Antwort auf Anfragen. Bis auf eine Ausnahme: Heilpraktikerin Maike Kratschmer hat zwar schriftlich geantwortet, aber untersagt, aus ihrer Mail zu zitieren. Auffällig ist, dass ihre Homepage abgestellt wurde und zwar kurz nachdem buten un binnen sie kontaktiert hat. Ist ihr der öffentliche Druck zu groß geworden?

Denn neben ihrer Tätigkeit im "Königreich Deutschland" arbeitet Maike Kratschmer weiterhin in dem von ihr abgelehnten System der BRD: Als Ernährungsberaterin tritt sie in Bremen bei Veranstaltungen, unter anderem vom Verein "Ökologiestation", auf und war auch schon im Programm vom NDR und bei buten un binnen zu sehen. Ein Widerspruch? Wegen ihrer Mitgliedschaft im KRD sollen sich Kunden zunehmend zurückgezogen haben, berichten vertrauliche Quellen.

Ob Kratschmer sich vom KRD wirklich distanziert hat, bleibt zu bezweifeln. Auf ihrem Telegram-Kanal gibt es weiterhin den Verweis auf das "Königreich Deutschland".

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Bild: Radio Bremen

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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 1. Juni 2024, 19:30 Uhr