Fragen & Antworten

Schneiden oder reißen – und andere Tipps vom Bremer Pilz-Experten

Herbstzeit ist Pilzzeit. Auch auf Bremens Wochenmärkten lachen den Kunden Steinpilze und Seitlinge an. Vor dem Genuss aber sollte man einiges beachten. Ein paar Tipps.

Ob Maronenröhrlinge, Butterpilze, Rosenseitlinge oder die Herbsttrompete: Speisepilze prägen das Bild an den den Gemüseständen, zur Freude auch der Bremer Kundschaft. Pilze enthalten viele Ballast- und Mineralstoffe, sind reich an Vitaminen, zumal an Vitamin D. "Dank ihres hohen Wassergehalts und ihrer niedrigen Energiedichte sind sie außerdem ein kalorienarmes Lebensmittel", schwärmt "Foodwatch Deutschland".

Ein Marktstand mit verschiedenen Pilzsorten: Pfifferlinge, Steinpilze, Eierschwamm
Halbierte Steinpilze und Pfifferlinge auf dem Markt: Boten des Herbstes. Bild: dpa | imagebroker/O. Diez

Vor allem aber schmecken Pilze "einfach wunderbar", findet nicht zuletzt der Bremer Pilzzüchter und Markthändler Ronny Claßen. Der 36-Jährige, von Haus aus Werkstoffingenieur, züchtet Pilze in einem Zimmergewächshaus im "Creativ Hub" Bremen und verkauft sie an Gaststätten sowie an Privatkunden auf dem Findorffmarkt. Buten un binnen hat mit ihm und mit anderen Pilzkennern darüber gesprochen, wie man Pilze am besten säubert und aufbewahrt und wie man schlechte von frischen unterscheidet.

Wie wäscht, putzt, schneidet oder schält man Pilze?

Grundsätzlich sollte man Pilze gar nicht waschen, weil sie andernfalls viel Wasser aufsaugen. Der Bremer Pilzzüchter Ronny Claßen empfiehlt statt dessen, Pilze, sofern erforderlich, mit einem festen Pinsel vom Schmutz zu befreien. Man kann den Schmutz aber auch mit einem Messer vorsichtig abschaben und die Feinarbeit mit einem Tuch erledigen. Schälen sollte man Pilze möglichst nicht, da sie dadurch nicht nur an Volumen verlieren, sondern auch an Geschmack.

Ohnehin solle man sich beim Zerkleinern von Pilzen in Zurückhaltung üben, zumal, wenn man sie braten möchte. Denn dabei schrumpfen sie aufgrund ihres hohen Wassergehalts oft erheblich zusammen. Claßen zerkleinert Pilze für die Zubereitung möglichst gar nicht. Allenfalls zerpflückt und zerreißt er die Pilze, statt sie klein zu schneiden. "Es geht mir darum, die faserige Struktur zu erhalten", erklärt der Züchter.

Etwas anders liegen die Dinge bei Waldpilzen wie Steinpilzen, zumal bei denen, die man selbst sammelt. Sie können angefressen oder von Maden befallen sein. Erfahrene Pilzsammler empfehlen daher, diese Pilze vor der Zubereitung der Länge nach aufzuschneiden und von Maden befallene Stellen großzügig zu entfernen. Auch die meisten Händlerinnen und Händler auf den Märkten bieten Pilze wie Steinpilze meist längs aufgeschnitten an, damit man sieht, dass sie frei von Maden sind.

Steinpilze wachseln im Wald. Im Hintergrund eine Pilzsucherin
Steinpilze wachsen im Wald. Im Bremer Umland findet man sie aber eher selten. Bild: dpa | picturedesk.com/Alois Litzlbauer

Wie lagert man Pilze am besten?

"Idealerweise in einer Papiertüte oder in einer Pappschachtel", sagt Pilzzüchter Ronny Claßen. Denn Pappe und Papier könnten die Feuchtigkeit der Pilze aufnehmen. "Die Pilze schwitzen dann nicht", sagt Claßen dazu. Auch könne man Pilze mit einem Tuch abdecken, notfalls auch mit einer Kunststofffolie. Allerdings solle man ein paar Löcher in die Folie piksen, damit ein Luftaustausch stattfinden könne, sagt Claßen.

Damit die Pilze außerdem kühl stehen und sich lange halten, lagert er seine Seitlinge unten im Kühlschrank, wo es am kältesten ist. Dort hielten sie sich mehrere Tage, bei besonders kühler Lagerung sogar bis zu einer guten Woche.

Wann ist ein Pilz schlecht? Und woran erkenne ich, dass ein Pilz schlecht ist?

Claßen empfiehlt den Bremerinnen und Bremern, den eigenen Sinnen zu vertrauen: "Jeder Pilz hat frisch einen ganz eigenen Geruch", sagt er. "Spätestens dann, wenn sich dieser Geruch merklich verändert, würde ich einen Pilz selbst nicht mehr verwerten."

Andere Kriterien könnten sein, dass Pilze offensichtlich von anderen Pilzen befallen sind – also von Schimmel. Schimmelbefall von Speisepilzen mache sich meist in Gestalt brauner oder schwarzer, machmal auch grüner Flecken bemerkbar. Schimmelige Pilze solle man unbedingt wegschmeißen und nicht etwa nur die verfärbten Stellen abschneiden. "Wenn etwas schimmelt, dann wird es gesundheitsschädlich", nennt Claßen den Grund.

Allerdings handelt es sich nicht bei Allem um Schimmel, was bei laienhafter Betrachtung danach aussehen mag. So sind beispielsweise Austernseitlinge oder auch Champignons häufig von einem weißen Flaum überzogen. "Das ist das Pilzmyzel", erklärt Claßen: "Das ist der Pilz quasi selber, der versucht, weiter zu wachsen." Dabei handele es sich um nichts Negatives. Denn das Wachstum des Myzels zeuge von Vitalität.

Austern-Seitlinge wachsen an einem bemoosten Stamm
Die beliebten Austernseitlinge wachsen in der Natur an Baumstämmen. Bild: dpa | Zoonar | Gerd Herrmann

Welche Pilzsorten haben gerade Saison und sind im Bremer Handel häufig anzutreffen?

Unter den Waldpilzen, die man auch sammeln kann, sind es beispielsweise Steinpilze oder die – um Bremen häufigeren – Maronenröhrlinge, außerdem Pfifferlinge, Schirmpilze und Tintlinge. Viele Zuchtpilze werden dagegen von einigen Betrieben das ganze Jahr über angebaut. Theoretisch könnte man aber derzeit aber etwa Lungen- und erste Austernseitlinge auch draußen finden, sagt Claßen. In seinem Zimmergewächshaus wachsen gerade Rosen-, Limonen-, und Austernseitlinge.

Immer wieder hört man von Pilzen, die radioaktiv verstrahlt seien und die man daher entweder gar nicht oder nur in kleinen Mengen verzehren solle. Was steckt dahinter?

Dahinter steckt, dass durch die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl im April 1986 weite Teile Europas mehr oder weniger stark durch radioaktiven Regen mit Cäsium-137 verseucht worden sind – mit Folgen bis heute, auch in Deutschland.

So weist das Bundesamt für Strahlenschutz darauf hin, dass Wildpilze bei uns teilweise weiterhin erheblich mit dem radioaktiven Cäsium-137 belastet sein können. Zuchtpilze (wie etwa die Seitlinge von Ronny Claßen, die Redaktion) seien davon nicht betroffen. Außerdem teilt das Bundesamt mit: "Für Pilze, die in den Handel kommen, gilt ein Grenzwert von 600 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse. Dieser Grenzwert schützt jedoch nicht, wenn man selbst zum Sammeln in den Wald geht."

Allerdings sei die radioaktive Belastung der Pilze in Bremen wie im gesamten Norden Deutschlands bei Weitem nicht so hoch wie im Süden Deutschlands. Zudem gebe es große Unterschiede zwischen den einzelnen Pilzarten. Wer mehr über die radioaktive Belastung von Wildpilzen in Deutschland wissen möchte, findet detaillierte Informationen im aktuellen Pilzbericht des Bundesamts für Strahlenschutz.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Mittag, 7. Oktober 2022, 13:40 Uhr