Langjähriger Bremer Bildungssenator Moritz Thape gestorben

Bild: dpa | Ingo Wagner

Thape starb am Freitag nach kurzer Krankheit im Alter von 99 Jahren. Das teilte der Bremer Senat heute mit. In Thapes Amtszeit fiel unter anderem die Gründung der Bremer Uni.

Kantig, prinzipientreu und streitfreudig – mit diesen Attributen wurde der ehemalige Bremer Senator Moritz Thape (SPD) häufig charakterisiert. Thape war als Bildungssenator 14 Jahre und als Finanzsenator sechs Jahre im Amt. Als Hans Koschnick das Rathaus verließ, ging Thape mit. In seine Zeit fällt nicht allein die Universitätsgründung, sondern auch die Einrichtung von Gesamtschulen, die Gründung von Schulzentren und die Einführung der Orientierungsstufe. Aber das alles überragende Thema seiner Politikkarriere war der jahrelange Streit um die Reform-Universität Bremen. Nach dem Rücktritt des Gründungsausschusses wurde gegen Thape 1967 der erste Misstrauensantrag in der Bürgerschaft seit Kriegsende gestellt. Die SPD sprach ihm damals aber demonstrativ das Vertrauen aus.

40 Jahre nach der Eröffnung der Universität wurde er im Oktober 2011 sogenannter Ehrenbürger der Uni. Er war der erste Politiker, der diese Auszeichnung erhielt. Der damalige Rektor der Bremer Uni, Wilfried Müller, lobte ihn für seine Kraft und seinen Mut, weitergemacht zu haben, denn: "Ohne Herrn Thape, aber auch ohne Herrn Koschnick wäre es nicht zur Gründung gekommen."

Wir haben ja auch durch meine Initiative sehr viele Dinge zurückgedrängt, die damals versucht worden sind durch Seilschaften und andere Dinge.

Moritz Thape

Bremens Universität war auch vor dem Hintergrund eines großen Lehrerbedarfs in Deutschland gegründet worden. Als revolutionär galten die damaligen Grundsätze wie etwa, die Uni für bildungsferne Schichten zu öffnen, den Praxisbezug zu fördern und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Darauf würde heute keine Universität mehr verzichten. Einst war sie als rote Kaderschmiede und linke Lehrerbildungs-Uni verschrien.

Streitfreudig und prinzipientreu

Von Parteifreunden, Gegnern und Beobachtern wurde Thape nahezu durchweg mit Attributen belegt, die bei heutigen Politiker eher selten fallen: geradlinig, kantig, prinzipientreu, streitfreudig, klar in der Rede und Aussage, standfest, unbequem, aber dabei doch immer fair, sagen zumindest die meisten.

Moritz Thape
1969 stand Moritz Thape den empörten Eltern Rede und Antwort. An an den Bremer Schulen fehlten schon damals viele Lehrer. Bild: Radio Bremen

Anders als viele andere ehemalige Senatoren hielt er sich nach seinem Rücktritt 1985 nicht für den besseren Staatsmann, der den Nachfolgern im Amt beständig gute Ratschläge geben muss. Nur einmal, als es um eine echte Richtungsentscheidung seiner Partei ging, suchte er noch einmal die öffentliche Bühne: 1995 stellte sich die Frage, ob die SPD in eine rot-grüne Koalition mit äußerst knapper Mehrheit gehen oder lieber zusammen mit der CDU und satter Mehrheit regieren sollte. Thape stritt energisch für die Große Koalition und durchaus auch für die Grausamkeiten, die von ihr zu erwarten war. "Natürlich muss privatisiert werden. Natürlich muss abgebaut werden. Der öffentliche Dienst muss schlanker werden. Wir können das alles nicht mehr bezahlen. Ich habe 1980/81 als Finanzsenator schon gesagt, wir müssen mindestens 3.000 Leute abbauen. Aber das heißt nicht, dass wir besondere zusätzliche Leistungen für Arbeitnehmer finanzieren können. Wer das behauptet, der lügt", so Thape damals.

Auch da war wieder seine Prinzipientreue zu spüren – das Bestreben, klar Position zu beziehen. Und sein Widerwille gegen das Fabulieren um den heißen Brei, sodass am Ende die Botschaft im Nebel bliebe. Mithin das, was ihn an den Wortführern der 68er Proteste so nervte. "Der Protest ist ja zum Teil berechtigt gewesen – zum Teil war es reine Hysterie und zum Teil auch Freizeitgestaltung von verwöhnten Bürgersöhnchen und Bürgertöchterchen. Das darf man ja nicht übersehen." Und mit gewisser Milde betrachtete er, wie einige von denen mit dem längst legendären Marsch durch die Institutionen ihre einstigen Positionen über Bord warfen. Mit verschiedenen hat er dann in der Bürgerschaft zusammengesessen.

Autor

  • Karl-Henry Lahmann
    Karl-Henry Lahmann

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 10. November 2019, 13 Uhr

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