Fragen & Antworten

Bremer Gastroszene nach einem Jahr Mehrweg-Angebotspflicht frustriert

Eine Mehrwegschüssel steht mit Essen gefüllt auf einem Tisch

Bremer Gastroszene nach einem Jahr Mehrweg-Angebotspflicht frustriert

Bild: dpa | Felix Kästle

Weniger Müll, mehr Umwelt- und Klimaschutz – verzehrfertige Speisen und Getränke müssen seit 2023 auch in Mehrwegbehältern erhältlich sein. Doch das passiert bislang kaum.

Was genau ist die Mehrwegangebotspflicht?

Leere Pappbecher und Einwegmüll liegt auf einer Straße.
Solche Bilder sollen bald der Vergangenheit angehören – denn Einwegverpackungen verursachen jede Menge Müll. Bild: dpa | Gregor Fischer

Die EU fordert von allen Mitgliedstaaten einen beständigen und messbaren Rückgang beim Einsatz bestimmter Einwegverpackungen. In Deutschland ist deshalb das Verpackungsgesetz zum 1. Januar 2023 geändert worden. Die sogenannte Mehrwegangebotspflicht für Lebensmittel und Getränke zum Direktverzehr gilt seitdem für Caterer, Fast-Food-Ketten, Lieferdienste, Imbissbetriebe, Supermarkt-Frischetheken und Restaurants, die Einwegverpackungen aus oder mit Plastik anbieten.

Wie wirkt sie sich auf mich als Konsumenten aus?

Wer sich was zu Essen oder zu Trinken mitgeben lässt, hat seit mehr als einem Jahr das Recht auf Mehrwegbehälter. Kleine Betriebe – mit maximal fünf Beschäftigten und maximal 80 Quadratmetern Fläche – müssen stattdessen mitgebrachte Behälter akzeptieren. Es gibt unterschiedliche Systeme, die beispielsweise über Apps auf dem Smartphone laufen oder über Pfandgeld.

Die gastronomischen Betriebe sind verpflichtet, auf die Mehrweg-Alternative per Aushang hinzuweisen. Außerdem dürfen die Mehrweg-Alternativen nicht teurer sein, als die Einweg-Verpackungen. Je nach System ist der Konsument aber verpflichtet, das Mehrweggeschirr sauber gespült zurück zu geben, manchmal auch nach einer bestimmten Frist von beispielsweise 14 Tagen. Wenn man es nicht abgibt, wird von der angegebenen Zahlverbindung Geld eingezogen, dann ist das Geschirr quasi gekauft.

Ein Jahr ist vorbei – was ist daraus geworden?

Ein Einwegbecher liegt auf dem Boden
In Bremen könten laut BUND jährlich 23 Millionen Becher eingespart werden. (Symbolbild) Bild: dpa | Torsten Sukrow/SULUPRESS.DE

Nicht sehr viel. Das zumindest zeigen Berechnungen von Umweltschützern der World Wide Fund For Nature (WWF): Gerade mal 1,6 Prozent der 14,8 Milliarden Getränke und Speisen, die im vergangenen Jahr bundesweit "to go" verkauft wurden, gingen in Mehrwegbehältnissen über die Theke. Stichproben von Greenpeace haben Anfang 2023 ergeben, dass gerade mal jeder zweite Betrieb überhaupt Mehrweg-Alternativen anbietet.

Ein Bremer Gastronom, der einen seiner Betriebe seit Beginn 2024 probeweise ausschließlich mit Mehrweg-Geschirr für mitgenommene Speisen arbeiten lässt, hat immer wieder mit Gästen zu kämpfen, die damit nicht einverstanden sind, erzählt er. Das sei schwierig, weil natürlich keine Gäste vergrault werden sollen.

Wie steht die Gastronomie dazu?

Sowohl der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband e. V. (Dehoga) als auch die Bremer Gastro Gemeinschaft e.V. (BGG) finden Mehrweggeschirr zum Mitnehmen grundsätzlich gut. Nathalie Rübsteck vom Dehoga Fachverband Bremen sagt, bei den Mitgliedsbetrieben habe sich das eingespielt, von den Gästen werde es aber kaum angenommen. Rübsteck bezeichnet die Mehrwegangebotspflicht als "halbgar": Gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Es gebe zu viele Ausnahmen, zu wenig Werbung und Lücken bei Behältergrößen.

Thorsten Lieder von der Bremer Gastrogemeinschaft kritisiert ebenfalls die Politik: "Es ist nicht damit getan, ein Gesetz rauszuhauen und das Verfahren nicht weiter zu begleiten. Wo ist die Werbekampange, wo ist die Maßnahmenkampagne dazu?" Lieder hofft auf mehr Einsatz seitens des Bundes oder des Landes.

Es liegt aber auch ein Konzept der BGG zu einem Bremer Mehrwegsystem bei der Behörde. Es sieht vor, dass Behinderten-Werkstätten die Mehrwegbehälter spülen.

  • To-go-Verpackungen adé: Bremens Gastronomie auf dem Weg zum Mehrweg

    Im Vegesacker "Loretta am Hafen" funktioniert Mehrweg schon. Aber vielerorts macht das seit Jahresbeginn geltende Gesetz noch Probleme – weil klare Regeln fehlen

Wie überprüft Bremen, ob die Betriebe Mehrwegbehälter anbieten?

Bremen kontrolliert derzeit nicht, ob Betriebe die Mehrweg-Angebotsflicht einhalten. Das räumte eine Sprecherin der Umweltbehörde auf Nachfrage von buten un binnen ein. Im Haushalt sei kein Geld für Kontrollen der Mehrweg-Angebotspflicht vorgesehen, so die Umweltbehörde. Aber: Ab voraussichtlich Sommer diesen Jahres sollen in Kooperation der Bremischen Vollzugsbehörden flächendeckend Kontrollen durchgeführt und bei Verstößen Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden, sagte die Sprecherin.

Zudem will die Behörde eigenen Angaben zufolge in Kürze eine Mehrweg-Kampagne starten. Sie soll Verbraucherinnen und Verbraucher dazu ermutigen, Mehrwegbehälter zu nutzen.

In Niedersachsen geben laut NDR 35 Prozent aller Abfallbehörden an, wenigsten stichprobenartig zu prüfen, ob die seit Anfang 2023 geltenden gesetzlichen Regeln zur Müllreduzierung umgesetzt werden.

Wie wird die Gastro-Mehrwegpflicht in Bremen umgesetzt?

Bild: Radio Bremen

Mehr zum Thema Müllvermeidung dank Mehrweg:

  • Mehrweg ist Pflicht: So setzen Bremer Restaurants das neue Gesetz um

    Seit Anfang des Jahres müssen Bremer Gastronomen auch Mehrwegverpackungen anbieten. Aber wird das auch umgesetzt? Wir haben Gastronomie-Betriebe in Bremen getestet.

Autor

  • Zu sehen ist ein Porträtfoto von Mario Neumann. Blaue Augen, relativ kurze, dunkelblonde Haare. Er hat die Arme verschränkt und lächelt.
    Mario Neumann Autor

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 16. Februar 2024, 7:40 Uhr