"Nicht Bullerbü-rosig": Radio-Bremen-Krimipreis geht an Åsa Larsson

Eine Frau sitzt vor einer grünen Holztür
Åsa Larsson zeichnet in ihren Krimis ein Bild der schwedischen Gesellschaft, das wenig mit Bullerbü zu tun hat. Bild: Orlando C. Boström

Der schwedischen Autorin gelingt laut Jury mit ihrer Reihe um die Staatsanwältin Rebecka Martinsson eine Bestandsaufnahme der schwedischen Gesellschaft.

Åsa Larsson gelingt mit ihrer sechsbändigen Reihe um die schwedische Staatsanwältin Rebecka Martinsson eine Bestandsaufnahme der schwedischen Gesellschaft, die gar nicht so Bullerbü-rosig daher kommt, wie wir es so gerne glauben möchten.

Im jüngsten und letzten Band der Reihe stellt Åsa Larsson die Stadt Kiruna in den Mittelpunkt. Die Stadt am Polarkreis existiert einzig und allein wegen ihrer mächtigen Erzvorkommen. Um die Bodenschätze weiter auszubeuten, wird die gesamte Stadt derzeit in einem gewaltigen Kraftakt um einige Kilometer verlegt.

In dieser Gegend, sonst eher selten Schauplatz von Kriminalliteratur, siedelt Åsa Larsson ihre Geschichte und ihre Protagonisten an, von fanatischen Sektenmitgliedern bis zur Russenmafia. Larsson macht Kiruna quasi zu einer Hauptdarstellerin und deren Umsiedlung zum Grundrauschen des Romans.

Überraschender Blick auf die Natur

Umwelt, Natur und Klima sind in den Krimis von Åsa Larsson nie bloße Kulisse. Sie würdigt sie vielmehr als Grundvoraussetzung und zugleich als Merkmal des außergewöhnlichen Lebens in Schwedens hohem Norden. So zeichnet sie eindrucksvolle Bilder von Schneefall im Mai und gefährlichen Wegen über tauendes Eis zu rätselhaften Tatorten.

Nichts ist bei Åsa Larsson nur schwarz-weiß, ihre Romanfiguren sind vielschichtig und dabei immer glaubhaft: vom erfolgreichen Boxer, der endlich wissen will, wer vor Jahrzehnten seinen geliebten Vater umgebracht hat, bis zur Ermittlerin selbst, der stets von (Selbst-)Zweifeln geplagten Staatsanwältin Rebecka Martinsson.

Zur Person: Åsa Larsson

Åsa Larsson stammt selbst aus Kiruna, sie hat – wie ihre Hauptperson – eine Zeitlang in Stockholm gelebt, hat dort Jura studiert und eine Weile als Steueranwältin gearbeitet. Erst nach der Geburt ihrer ersten Tochter hat sie mit dem Schreiben angefangen – und wurde sofort 2003 für das beste Debüt mit dem Schwedischen Krimipreis ausgezeichnet.

Der Radio-Bremen-Krimipreis

Die Auszeichnung ehrt deutschsprachige sowie internationale Autoren. Die Jury wird jährlich aus Bremer Kriminalliteratur-Profis zusammengesetzt und gegebenenfalls durch Gast-Juroren ergänzt. Zu den bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern gehören unter anderem Anne Holt, Jan Costin Wagner Liza Cody, Tom Hillenbrand, Friedrich Ani und Liza Marklund.

Die aktuelle Jury setzt sich zusammen aus den Redakteurinnen und Krimi-Kritikerinnen Jutta Günther, Martina Bittermann und Lore Kleinert. Sie prämieren Autoren und Autorinnen, die durch Originalität und Perspektivenreichtum, gesellschaftliche Relevanz, sprachliche Brillanz und dramaturgische Überzeugungskraft sowie schlüssige Figurenzeichnungen auffallen. Direkte Einreichungen von Verlagen oder Einzelpersonen sind nicht möglich.

Die Radio-Bremen-Kriminacht

Der Radio-Bremen-Krimipreis wird im Rahmen der Radio-Bremen-Kriminacht verliehen. Diese Gala steht seit 2015 jedes Jahr unter einem gesellschaftlich relevanten Oberthema. Neben dem Preisträger beziehungsweise der Preisträgerin werden zwei oder drei weitere Krimi-Schriftsteller eingeladen, die Kriminalliteratur zu vergleichbaren Themen geschrieben haben. Neben gemeinsamen Diskussionsrunden lesen die Autorinnen und Autoren aus ihren Werken. Abgerundet wird die Gala durch Live-Musik. Die Radio-Bremen-Kriminacht ist ist in der Regel der Höhepunkt des mehrtägigen Bremer Krimifestivals "Prime Time – Crime Time".  Es wird seit 1997 einmal jährlich in Bremen veranstaltet.


Chronologie der Preisträger des Radio-Bremen-Krimipreises

2001: Friedrich Ani
2002: Frances Fyfield
2003: Anne Chaplet (Cora Stephan
2004: Åke Edwardson
2005: Veit Heinichen
2006: Polina Daschkowa
2007: Oliver Bottini
2008: Gianrico Carofiglio
2009: Stefan Slupetzky
2010: Arne Dahl
2011: Elisabeth Herrmann
2012: Kate Atkinson
2013: Jörg Maurer
2014: Zoë Beck
2015: Der Kriminalroman und das Meer (Preisträgerin Merle Kröger; weitere Gäste Klaus-Peter Wolf, Regula Venske)       
2016: Starke Ermittlerinnen (Preisträgerin Liza Marklund; weitere Gäste Michael Lüders, Andreas Pflüger)
2017: Krimi in der Großstadt (Preisträgerin Simone Buchholz; weitere Gäste Volker Kutscher, Rose Gerdts- Schiffler)
2018: Künstliche Intelligenz und Digitalisierung des Alltags im Kriminalroman (Preisträger Tom Hillenbrand; weitere Gäste Ursula Poznanski, Arno Strobel, Karl Olsberg)
2019: Kunst und Kultur im Kriminalroman (Preisträgerin Lizy Cody; weitere Gäste: Michael Jensen, Bernhard Jaumann)
2020: Der Kriminalroman und die Heimat (Preisträger Jan Costin Wagner, die Verleihung wurde wegen der Corona-Pandemie auf 2021 verschoben)
2021: Aktuelle Themen im Kriminalroman (Preisträgerin Anne Holt, Doppelverleihung 2020 / 2021, mit Jan Costin Wagner, weiterer Gast: Gerhard Henschel)

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 6. Juli 2022, 07:35 Uhr.