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Internet in Bremen: Ist es so schnell, wie Ihr Anbieter verspricht?

Geduldsprobe Netz: Diese Tipps helfen gegen langsames Internet

Bild: dpa | Christin Klose

Homeoffice, Streaming-Dienste, Gaming: Nutzer brauchen immer mehr Bandbreite. Aber das Internet ist gefühlt langsamer als im Vertrag steht. Was da dran ist – und wie eine App helfen kann.

Im Vergleich zu anderen Bundesländern steht Bremen beim Internet blendend da, zumindest laut Breitbandatlas der Bundesnetzagentur. Hiernach waren in der Stadt Bremen im November 2021 für 96 Prozent der Haushalte schnelle Breitbandverbindungen von 1.000 MBit/s verfügbar, in der Stadt Bremerhaven sogar für 98 Prozent der Haushalte. Nur Hamburg liegt mit 97 Prozent in diesem Ranking knapp vor Bremen mit seinen landesweit 96 Prozent schnellen Verbindungen.

Doch so schön diese Zahlen aus Bremer Sicht auch sind: Das gute Abschneiden des Zwei-Städte-Staats beim Breitbandatlas der Bundesnetzagentur ist kaum in Einklang zu bringen mit den vielen Klagen über schlechte Internet-Verbindungen, die auch buten un binnen immer wieder erreichen. Auch in der Verbraucherzentrale Bremen traut man dem Braten nur bedingt.

Wieso blickt die Verbraucherzentrale Bremen mit Skepsis auf die Zahlen aus dem Breitbandatlas, und welche Schlüsse ziehen die Verbraucherschützer daraus?

Nicole Bahn von der Verbraucherzentrale Bremen vermutet, dass die Anbieter von Internetverträgen ihren Kundinnen und Kunden mitunter bessere Leistungen versprechen, als sie tatsächlich gewährleisten können. Daher hofft sie, dass sich die Breitbandmessungs-App der Bundesnetzagentur stärker verbreitet. Diese App wurde Ende des Vorjahres vorgestellt, Internetnutzer können die Qualität ihrer Verbindung rechtsverbindlich messen. "Und wenn sich dann herausstellt, dass die Leistung schlechter ist, als vom Anbieter versprochen, dann haben die Betroffenen einen Anspruch auf eine Preisminderung gegenüber ihrem Internet-Anbieter", sagt Bahn. Sie fügt hinzu: "Wir wollen den Bremerinnen und Bremern gern dabei helfen, diesen Anspruch durchzusetzen."

Von Mitte Dezember bis Ende Juni sind laut Netzagentur bundesweit rund 22 000 Messungen mit der Breitbandmessung-App abgeschlossen worden, fast ausschließlich sei dabei ein Minderungsanspruch festgestellt worden. Doch noch ist das Tool nicht vielen bekannt.

Algorythmen und buntes Lichtes strömen aus einem Fiberglaskabel
Glasfasernetze sind nach Auffassung vieler Experten der Schlüssel zu leistungsfähigen Internetverbindungen. Bild: dpa | Zoonar | Alexander Limbach

Was sind die häufigsten Ursachen für stockende oder langsame Internet-Verbindungen in Bremen?

Zwar sei es beliebt, über Anbieter zu schimpfen, oft auch berechtigt, sagt ein Sprecher des Chaos Computer Clubs Bremen. Häufig aber liege seiner Erfahrung nach der Fehler für das langsame Internet nicht beim Anbieter, sondern beim Nutzer. "Viele Leute haben alte Router, manchmal auch falsch konfigurierte Router", so der Sprecher.

Zudem arbeiteten viele Bremerinnen und Bremer mit alten W-Lan-Standards. Schließlich stehe der Router mitunter viel zu weit vom Endgerät entfernt. "Und manchmal liegen auch noch fünf Wände, vielleicht sogar mit Wasserleitungen dazwischen." In solchen Fällen sei ein langsames, instabiles Internet eine logische Konsequenz.

Auch liege der Fehler mitunter bei veralteten Endgeräten oder daran, dass zu viele Geräte zugleich am selben W-Lan-Anschluss hängen. Das gehe dann zu Lasten der Leistung jedes einzelnen.

Welche Gründe außer der eigenen veralteten Technik und fehlender Sachkenntnis führen in Bremer Haushalten zu schlechten Internet-Verbindungen?

Der Chaos Computer Club Bremen macht hierfür in vielen Fällen alte und lange Kupferleitungen verantwortlich. "Wir sprechen hier vor allem über die berühmte letzte Meile", erklärt Alexander Noack, Sprecher des Chaos Computer Clubs Bremen mit Hinblick auf die Strecke von den Verteilerkästen bis zu den Häusern. Noack sagt, dass lange Kupferleitungen nicht nur für sich betrachtet schon eine dämpfende, leistungsmindernde Wirkung hätten. Einige Kundinnen und Kunden bezögen ihr Internet zudem über das Fernseh-Kabelnetz. In diesen Fällen teilen sich mehrere Nutzer die Kapazität einer Leitung.

Da kann man sich ausrechnen: Je länger die Straße ist und je mehr Haushalte an der Leitung hängen, desto weniger bleibt für einzelne Nutzer übrig, wenn alle zugleich die Leitung in Anspruch nehmen.

Alexander Noack, Chaos Computer Club Bremen

Dieser Umstand erkläre auch die stark schwankenden Internet-Übertragungsraten, die viele Nutzer immer wieder – je nach Uhrzeit – feststellten.

Wenn es in Bremen aber immer noch Probleme mit alten Kupferleitungen gibt – wieso steht Bremen dann beim Internet im Vergleich zu anderen Bundesländern so gut da?

"Bremen steht im Vergleich zum Rest der Republik richtig gut da – aber nicht im Vergleich zum europäischen Ausland", relativiert Alexander Noack vom Chaos Computer Club Bremens gutes Abschneiden beim Breitbandatlas der Bundesnetzagentur. "In vielen anderen Ländern sind die Bandbreiten deutlich höher als bei uns und die Kosten geringer", beschriebt Noack die Lage. Der Chaos Computer Club werfe dem Bund vor, den Ausbau der leistungsfähigen Glasfasernetze verschlafen zu haben. Glasfaserverbindungen seien jenen durch Kupferkabel klar überlegen. Daher müsse Deutschland den Ausbau der Glasfasernetze dringend beschleunigen.

Durchschnittliche Geschwindigkeit der Internetanschlüsse (Festnetz) nach Ländern im Juni 2022

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Wie ist es um den Ausbau des Glasfasernetzes im Land Bremen bestellt?

Peer Beyersdorff, Geschäftsführer des Breitbandzentrums Niedersachsen-Bremen (BZNB), sieht die Entwicklung für Bremen optimistisch: "Es ist ein echtes Rennen um lukrative Ausbauprojekte entstanden."

Er verweist auf die Daten des Breitbandatlas. Hiernach konnten im November 2021 12,5 Prozent aller Bremer Haushalte auf die Glasfasertechnologie zugreifen. Der weitere Glasfaserausbau werde durch einen marktwirtschaftlichen Wettbewerbes geregelt. Wie schnell der Ausbau letztlich vonstatten gehen werde, lasse sich jedoch schlecht vorhersagen. Denn der Ausbau hänge nicht nur von der Nachfrage und den Investitionsentscheidungen der Netzbetreiber ab, sondern auch von den Kapazitäten der Bauwirtschaft – und die sei von einem erheblichen Fachkräftemangel betroffen, so Beyersdorff.

Wo konkret werden im Land Bremen gerade Glasfaser verlegt, und wo sollen demnächst Glasfaser verlegt werden?

Einen Überblick über sämtliche Ausbauprojekte im Land Bremen haben auch das Land Bremen und das Breitbandzentrum Niedersachsen-Bremen nach eigenen Angaben nicht. Bekannt sind allerdings die Ausbau-Projekte des bei Weitem größten Ausbau-Unternehmens im Land Bremen, der Glasfaser Nordwest GmbH & Co. KG, einem Tochterunternehmen der Telekom Deutschland und der EWE. Wie Tomke Hollander, Sprecherin des Unternehmens mitteilt, betreibt das Unternehmen derzeit 14 Breitbandprojekte in Bremen und Bremerhaven. Im Zuge dessen baue Glasfaser Nordwest 31.800 Glasfaseranschlüsse in Bremen sowie 17.150 Glasfaseranschlüsse in Bremerhaven.

In Bremen profitieren von den Arbeiten Ortsteile Arsten mit 4.100 Anschlüssen und Barkhof mit 5.700 Anschlüssen. Hinzu kommen das Buntentor (5.000 Anschlüsse), Findorff/Bürgerweide (5.000 Anschlüsse),  Habenhausen (3.200 Anschlüsse), Mittelshuchting (3.500 Anschlüsse) und Schwachhausen (5.300 Anschlüsse).

In Bremerhaven profitieren die Ortsteile Buschkämpen (750 Anschlüsse), Eckernfeld (3.000 Anschlüsse), Geestemünde (5.000 Anschlüsse), Geestemünde Nord (800 Anschlüsse), Geestemünde Ost (2.200 Anschlüsse), Schierholt (2.500 Anschlüsse) und Speckenbüttel (2.900 Anschlüsse) von den Arbeiten der Glasfaser Nordwest GmbH & Co. KG.

Der genaue Entwicklungsstand der einzelnen Ausbau-Projekte lässt sich auf dieser Website nachvollziehen .

Glasfaserausbau hin oder her: Es scheint so zu sein, dass viele Bremerinnen und Bremer noch lange mit ihren Kupferverbindungen werden vorlieb nehmen müssen. Was können Sie tun, wenn ihr Internet nicht so leistungsfähig ist, wie vom Anbieter versprochen?

Es gibt eine Reihe von Tools, um die Leistung des eigenen Internetanschlusses zu messen. Das Tool "Breitbandmessung-App", das die Bundesnetzagentur im Dezember herausgegeben hat, habe den besonderen Charme, dass seine Messprotokolle bei fachgerechter Anwendung Beweiskraft hätten, um gegenüber Netzanbietern Ansprüche durchzusetzen, sagt Nicole Bahn von der Verbraucherzentrale Bremen: "Das ist ein gutes Tool, es ist selbsterklärend, der Nutzer muss aktiv gar nicht viel machen", sagt sie. Allerdings müsse man für die Aufzeichnungen des Tools den Computer direkt mit einem Kabel an den Router anschließen und das W-Lan ausschalten.

Bahn hofft, dass sich die App möglichst weit im Land Bremen verbreitet. Die Verbraucherzentrale Bremen helfe Verbrauchern mit Messprotokollen der App gern dabei, mögliche Minderungsansprüche gegenüber Anbietern durchzusetzen.

Auch Alexander Noack vom Chaos Computer Club Bremen fände es trotz etwas Aufwands sinnvoll, wenn viele Bremerinnen und Bremer die Breitbandmessungs-App der Bundesnetzagentur nutzten, um die Leistungsfähigkeit ihrer Internet-Anschlüsse zu überprüfen. Gerade auf die statistische Auswertung sei er gespannt: "Natürlich reden Anbieter ihre Angebote gern mal schön. Mit der App könnten wir Informationen darüber gewinnen, wie es wirklich aussieht", so Noack.

Computer-Experte erklärt: So kann man das Internet-Tempo messen

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 3. August 2022, 19.30 Uhr