Fragen & Antworten

Darum tauschten 44 Schüler ihr Klassenzimmer gegen ein Segelschiff

Mehrere junge Leute stehen Arm in Arm auf einem Segelschiff.

Zurück in Bremerhaven: So lief das Abenteuer "segelndes Klassenzimmer"

Bild: Radio Bremen | Sina Derezynski

Sieben Monate segelten sie über den Atlantik – die Schüler der High Seas High School sammelten dabei Erlebnisse für das ganze Leben. Nun sind sie zurück in Bremerhaven.

Es war Oktober 2022, als 44 Jugendliche zusammen mit sechs Lehrkräften und der Besatzung Dreimast-Toppsegelschoner "Gulden Leeuw" in Bremerhaven zu einem besonderen Abenteuer ausliefen. Was folgte, waren sieben Monate "segelndes Klassenzimmer", das so schnell keiner der Teilnehmenden vergessen dürfte.

Zahlreiche Menschen stehen an Land vor einem Schiff.
Die Seefahrenden wurden mit Ballons und Plakaten begrüßt. Bild: Radio Bremen | Sina Derezynski

Der 30. Durchgang der High Seas High School (HSHS) führte die 16- bis 18-Jährigen über Spanien und Portugal zu den Kanaren, quer über den Atlantik in die Karibik. Nach einem Monat Aufenthalt in Costa Rica ging es weiter nach Kuba, Bermudas und die Azoren. Über Helgoland ging der Törn mit dem Traditionssegler nun zurück zum Ausgangspunkt der Reise – dort wurde die Gruppe emotional empfangen.

Wie war der Moment der Rückkehr nach Bremerhaven?

Während die "Gulden Leeuw" nach sieben Monaten wieder in Bremerhaven einlief, herrschte große Wiedersehensfreude – an Bord und an Land. Es waren tränenreiche Augenblicke, als die Jugendlichen vom Deck aus ihre Familien im Hafen stehen sahen. Die wiederum rannten aufgeregt an der Kaje entlang, riefen ihren Kindern Dinge zu, hielten Willkommensschilder und Luftballons hoch.

Eine junge Frau und ein junger Mann stehen am Steuerrad eines Schiffes.
Cal und Lux (v.l.) am Steuerrad der "Gulden Leeuw". Bild: Radio Bremen | Sina Derezynski

Was waren besondere Highlights der Reise?

Gefragt nach den besten Erlebnissen des Trips, fällt die Antwort einigen Teilnehmenden nicht leicht. "Das ist ganz schwer zu sagen", sagt etwa die 16-jährige Cal aus Hamburg.

Wir haben wahnsinnig viele wirklich, wirklich geile Sachen erlebt. Aber der Landaufenthalt in Costa Rica war schon eines der Highlights.

Cal, Schülerin der High Seas High School

Ihr Mitschüler Lux, ebenfalls 16 und aus Hamburg, teilt diesen Höhepunkt: "Vor allem die Gastfamilie, weil man sehr viel verschiedene Kultur kennengelernt hat. Costa Rica ist einfach etwas ganz anderes als Deutschland." Auch die Feiertage der letzten sieben Monate hat die Gruppe an Bord erlebt. "An Weihnachten hatte ich das Privileg tauchen zu dürfen", berichtet Lux. "Ein wahnsinnig großer Vorteil dieser Reise, dass man einfach so verrückte Sachen macht." Auch Ostern wurde an Bord verbracht, inklusive Eiersuche.

Wie läuft das Leben auf dem Schiff?

Die Jugendlichen sind bei den Törns weitgehend selbst gefordert – beim Segeln, Versorgen und Organisieren des Alltags an Bord. "Wir hatten jeden Tag drei, vier Stunden Schule und vier Stunden Wache", berichtet Schülerin Cal. "Wir haben in unserer großen Messe Unterricht gemacht, gleichzeitig aber auch gelebt, gegessen und gearbeitet." Alle müssen unterwegs abwechselnd rund um die Uhr und bei jedem Wetter an Wachen teilnehmen, um für Sicherheit zu sorgen. Auch kochen, abwaschen und putzen gehört zu den Aufgaben. Außerdem wählen die Jugendlichen Vertreter für Entscheidungsgremien.

Ein Segelschiff in dieser Größe lässt sich nur gemeinsam bewegen und eine Gemeinschaft dieser Größe kann auf Dauer nur harmonisch funktionieren, wenn sich jeder einlässt und einbringt. Dies ist die eigentliche Herausforderung und macht den Reiz der Reise aus.

High Seas High School
Etliche junge Menschen sitzen mit Zetteln an Deck eines Schiffes.
Gelernt wird im "segelnden Klassenzimmer" an Deck. Bild: Radio Bremen | Sina Derezynski

Und wie funktioniert der Unterricht?

Neben dem Entdecken neuer Länder und Kulturen lernen die Schülerinnen und Schüler angepassten gymnasialen Unterrichtsstoff der Fächer Mathe, Physik, Erdkunde, Biologie, Geschichte, Politik, Englisch und Spanisch. Vieles in der Praxis, etwa beim Navigieren oder bei Expeditionen in den Regenwald.

Sechs Lehrkräfte sind an Bord, der Unterricht und die Stunden sind ans niedersächsische System der gymnasialen Oberstufe in der Einführungsphase des 11. Jahrgangs gekoppelt. Dabei werden Besonderheiten anderer Bundesländer berücksichtigt. Die Reise endet schließlich mit einem anerkannten Zeugnis.

Etliche Jugendliche posieren für ein Gruppenfoto an Deck eines Schiffes.
Der 30. Durchgang der High Seas High School. Bild: Radio Bremen | Sina Derezynski

Was sind Voraussetzungen, um mitzufahren?

Für den rund siebenmonatigen Trip wird laut HSHS ein Törnbeitrag von 27.300 Euro fällig. Hinzu kommen 700 Euro Taschengeld sowie 990 Euro für einen einwöchigen Probetörn. Macht unterm Strich 28.990 Euro. Individuelle Kosten für Ausrüstung, Versicherungen oder Impfungen sind noch nicht enthalten.

Zahlreiche Menschen stehen an Land vor einem Schiff.
Auch Eltern müssen laut HSHS loslassen können. Bild: Radio Bremen | Sina Derezynski

Teilnehmende sollten sich laut HSHS der Umstände mit wenig Platz und vielen Leuten, viel Arbeit und Bewegung, wechselndem Wetter und unvorhergesehenen Ereignissen bewusst sein und sich darauf einlassen. Auch die Eltern müssen loslassen können, heißt es von den Veranstaltern.

Platz ist für bis zu 44 Schülerinnen und Schüler der 10. Und 11. Klasse, einige Plätze sind für die Hermann Lietz-Schule Spiekeroog reserviert, die seit 1993 die High Seas High School organisiert. Die nächste Reise startet am 7. Oktober in Bremerhaven, die Bewerbungsfrist ist bereits abgelaufen.

Auf diesem Schiff überquerte eine ganze Schulklasse den Atlantik

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Vier, Läuft, 3. Mai 2023, 11:15 Uhr